Vonovia hat nur eine Woche gebraucht, um das überraschende Scheitern des Übernahmeangebots für die Deutsche Wohnen abzuschütteln: Am gestrigen Sonntagabend gab der Immobilienriese einen neuen Anlauf bekannt, der die bereits bekannten Eckdaten der Transaktion zwar beibehält, an entscheidenden Punkten aber auch Veränderungen beinhaltet. „Mit unserem erneuerten Angebot schaffen wir ein Höchstmaß an Transaktionssicherheit und agieren damit im langfristigen Interesse all unserer Stakeholder,“ sagt Vonovia-Chef Rolf Buch.
Beim jüngsten Anlauf war Vonovia noch knapp gescheitert: Am Ende wurden dem Dax-Konzern nur 47,6 Prozent der Deutsche-Wohnen angedient, die Mindestannahmeschwelle von 50 Prozent verfehlte Vonovia um 2,4 Prozent. Um das „Höchstmaß an Transaktionssicherheit“ zu gewährleisten, greifen Buch und seine Finanzchefin Helene von Roeder nun gleich mehrfach in die Trickkiste.
Vonovia kauft zusätzliche Aktien an
So übernimmt Vonovia nun schon zu Beginn des Übernahmeangebots 12,7 Millionen Aktien, die die Deutsche Wohnen bislang im Eigenbestand hält. Auf diese Möglichkeit hatten die Bochumer beim ersten Anlauf im Mai noch verzichtet. Dies dürften sie bereut haben: Mit dem Aktienpaket wächst der Vonovia-Anteil am Wunschpartner auf einen Schlag um 3,6 Prozent. Hätten die Bochumer diesen Anteil schon im ersten Anlauf gehalten, wäre der Deal bereits unter Dach und Fach.
Zudem will die Deutsche Wohnen „unter bestimmten Voraussetzungen“, welche die beiden Dealpartner allerdings bislang nicht näher ausführen, weitere 3,4 Millionen Aktien aus dem Eigenbestand an Vonovia verkaufen.
Zu guter Letzt legt Vonovia beim Angebot auch noch 1 Euro drauf und bietet nun 53 statt 52 Euro pro Aktie. „Viele Aktionärinnen und Aktionäre haben bedauert, dass die Transaktion nicht erfolgreich war. Wir möchten ihnen die Chance nicht vorenthalten, dem Zusammenschluss zu verbesserten Konditionen zuzustimmen“, wirbt Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn für die zweite Chance. Der erste Anlauf war vor allem deshalb gescheitert, weil viele Hedgefonds ihre Aktien nicht angedient hatten – vermutlich, weil sie auf einen Nachschlag spekuliert hatten. Zudem liegen viele Anteile bei Indexfonds, die ihre Anteile erst beim Erfolg einer Transaktion hätten andienen dürfen.
Sonder-Kapitalerhöhung für Vonovia
Sollte all dies nicht reichen, um die erneut bei 50 Prozent angesetzte Mindestannahmeschwelle zu erreichen, hätten die beiden Fusionspartner noch ein Ass im Ärmel: Dann könnte die Deutsche Wohnen im Wege einer Kapitalerhöhung 19,6 Millionen neue Aktien an Vonovia ausgeben – ein Paket im Wert von mehr als 1 Milliarde Euro. Dieser Kniff wäre weitere 2,7 Prozentpunkte des dann gestiegenen Aktienbestands wert: Sollte der Anteil von Vonovia kurz vor Toresschluss bei 49,9 Prozent liegen, würde die Ausgabe der neuen Aktien exklusiv an den Bochumer Dax-Konzern dessen Beteiligung auf 52,7 Prozent erhöhen.
Doch es gibt noch eine regulatorische Unsicherheit: Während die kartellrechtliche Genehmigung Bestand hat, muss die Bafin Vonovia noch von der eigentlich fälligen einjährigen Sperre für ein erneutes öffentliches Übernahmeangebot befreien. Dies will Vonovia nun „zeitnah“ beantragen. Mit einer Entscheidung der Bafin dürfte spätestens innerhalb der nächsten Woche zu rechnen sein, wenn nicht schon früher.
Kaufpreis könnte auf 19,3 Milliarden Euro steigen
Insgesamt stiege der Eigenkapitalwert der Deutsche Wohnen bei Vollzug des Deals durch die Nachbesserung von 17,9 auf 18,2 Milliarden Euro. Sollte die Extra-Kapitalerhöhung nötig werden, läge der neue Kaufpreis sogar bei 19,3 Milliarden Euro. Gemeinsam kämen die beiden Konzerne auf einen Börsenwert von mehr als 50 Milliarden Euro und einen Bestand von gut 500.000 Wohnungen, von denen allerdings bis zu 20.000 an das Land Berlin verkauft werden sollen.
Die Finanzierung des Kaufpreises ist durch eine Brückenfinanzierung über 20 Milliarden Euro und eine bevorstehende Kapitalerhöhung über bis zu 8 Milliarden Euro gesichert. Vonovia erwartet, seine Kredit-Ratings von BBB+ (S&P), A3 (Moody’s) und A- (Scope) behalten zu können. Das Zusammengehen soll jährliche Synergien von 105 Millionen Euro bringen. Das Finanzressort soll der Deutsche-Wohnen-CFO Philip Grosse übernehmen.
Info
Mehr zu den beruflichen Werdegängen der beiden beteiligten CFOs finden Sie in den FINANCE-Köpfe-Profilen von Helene von Roeder und Philip Grosse.