Nun also doch: Neumayer Tekfor schlüpft unter den Schutzschirm. Gemäß der Insolvenzrechtsreform ESUG hat Neumayer jetzt drei Monate Zeit, sich mit Hilfe eines Beraters zu sanieren und das Insolvenzverfahren vorzubereiten. Gläubiger können in diesem Fall keine Maßnahmen zur Zwangsvollstreckung einleiten. Die Commerzbank leitet das Bankenkonsortium als Agent und Security Agent. Beraten wird die Bank dabei von der Kanzlei Latham & Watkins unter der Leitung der Partner Frank Grell und Jörn Kowaleski. Zeitweise fungierte offenbar auch DC Advisory Partners (früher Close Brothers) als Berater der Banken.
Bevor das Schutzschirmverfahren angekündigt wurde, hatten die Eigentümer um den Private-Equity-Investor Equistone, der bis vergangenes Jahr unter Barclays Private Equity firmierte, offenbar einen Verkaufsprozess über die Investmentbank Macquarie eingeleitet – letztlich erfolglos. „Die Kredite wurden schon zu 30 Prozent gehandelt, da macht ein M&A-Prozess eigentlich keinen Sinn mehr“, wundert sich ein Frankfurter Beobachter. Vor Jahren hatte die Beteiligungsgesellschaft Permira einen ähnlichen Versuch mit dem angeschlagenen Türschlosshersteller Kiekert gestartet, war aber ebenfalls gescheitert.
Pleite trifft Equistone
Die Quasi-Insolvenz trifft rund 2.600 Mitarbeiter weltweit und ist besonders für den Eigentümer Equistone schmerzlich. Bereits Mitte 2009 musste Equistone sein Engagement abschreiben, behielt aber nach schwierigen Bankverhandlungen 45 Prozent der Anteile. Dafür schoss der Private-Equity-Investor Eigenkapital in Höhe von 20 Millionen Euro nach und beteiligte sich an einem Super Senior Loan. Damals verzichteten die Gläubiger auf rund die Hälfte der Kredite, die Schuldenlast fiel auf rund 200 Millionen Euro.
Trotz der partiellen Entschuldung und der guten Autokonjunktur der letzten Jahre ist Neumayer nicht wieder in die Spur gekommen. Besonders das Italiengeschäft, für das die deutsche Mutter eine Garantie abgegeben hat, blieb defizitär. Im Jahr 2011 akquirierte Neumayer darüber hinaus mit OMVP einen weiteren italienischen Tier-1-Zulieferer mit einem Umsatz von rund 100 Millionen Euro und 550 Mitarbeitern. Auch um das US-Geschäft ist es nach FINANCE-Informationen nicht rosig bestellt. „Was ist in den letzten zwei bis drei Jahren passiert?“, fragt sich ein Beobachter. „Die Ausgangslage war an sich gut, doch es ist etwas fundamental schiefgelaufen.“ Gründe für das Scheitern könnten in der uneinheitlichen Eigentümerstruktur liegen: Equistone hatte trotz Kapitalerhöhung 2009 die Hälfte der Anteile an Hedgefonds und Banken abgeben müssen. Diese Konstellation wird die strategischen Weichenstellungen nicht einfacher gemacht haben.
Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.
