So drastisch hat sich das Finanzierungsumfeld für Private Equity verschlechtert

Over and out: Das extrem gute Umfeld für Private-Equity-Finanzierungen ist Geschichte. Das ist eins der Kernergebnisse des neuen Private-Equity-Panels, für das FINANCE wieder zahlreiche Private-Equity-Manager aus dem deutschen Midmarket zu ihrer aktuellen Markteinschätzung befragt hat. Und es gibt noch weitere drastische Veränderungen, die die Branche nachhaltig prägen. In der aktuellen Marktlage sehen sich Finanzinvestoren bei Akquisitionsfinanzierungen mit gleich zwei Herausforderungen konfrontiert: Nicht nur die Verfügbarkeit von Fremdkapital, auch die Konditionen von Kreditverträgen haben sich massiv verschlechtert. So bewerten die befragen Investment Professionals die Verfügbarkeit von Debt auf einer Skala von 1 bis 10, wobei der Wert 10 für ein exzellentes Finanzierungsumfeld steht, mit gerade einmal 4,6 Punkten. Zum Vergleich: Noch vor einem Jahr lag der Wert bei sehr hohen 8,5. Damit ist der aktuelle Wert ähnlich schlecht wie zuletzt im April 2020, als die Coronakrise ausbrach (4,3). Konditionen für Kreditverträge werden unattraktiver Die aktuellen Konditionen für Buy-out-Finanzierungen bewerten die befragten Manager mit 4,1 – dieser Wert ist von 7,3 im Vorjahr abgerauscht. Zudem handelt es sich bei der aktuellen Bewertung um die niedrigste seit Februar 2013, damals lag sie bei gerade einmal 3,9. Die Umfrage führt FINANCE bereits seit 2010 regelmäßig durch. Dass die Private-Equity-Manager das Finanzierungsumfeld schlechter einschätzen als noch vor einem Jahr, dürfte mitunter daran liegen, dass nicht nur immer mehr Banken bei LBO-Finanzierungen zurückhaltender werden, sondern mittlerweile auch Private-Debt-Fonds selektiver agieren. Aufgrund der Inflation sowie der steigenden Zinsen werden Finanzierungen derzeit grundsätzlich teurer. Das sich verschlechternde Finanzierungsumfeld sorgt für Ernüchterung in der Branche: Sowohl bei der Verfügbarkeit von Fremdkapital als auch bei den Vertragskonditionen hatte sich in den Umfragen seit April 2020 eine Verbesserung abgezeichnet. Dieser Aufwärtstrend wurde nun beendet – und Finanzinvestoren müssen sich aller Voraussicht nach auf weitere Monate einstellen, in denen die Kreditgeber am längeren Hebel sitzen. Beteiligungen verlangen Private Equity mehr Kraft ab Ebenfalls ärgerlich für die Private-Equity-Manager: Sie müssen sich aktuell nicht nur mit teuren Finanzierungen auseinandersetzen, sondern sich parallel stärker um ihre Portfoliounternehmen kümmern, die mit hohen Material- und Energiekosten kämpfen und zum Teil dabei sind, Lieferverträge nachzuverhandeln. Mehr als zwei Drittel der Befragten (74 Prozent) gibt an, derzeit mehr Zeit für die Arbeit mit den Beteiligungen aufzuwenden. Gut ein Viertel (26 Prozent) verwendet ebenso viel Zeit auf wie noch vor einem Jahr. Keiner gibt an, weniger Zeit für die Portfolioarbeit einzuplanen. Die engere Zusammenarbeit mit den Beteiligungen ist auch notwendig, denn die Geschäftsaussichten der Portfoliounternehmen in den kommenden zwölf Monaten sehen nicht allzu rosig aus. Diese bewerten die befragten Finanzinvestoren auf einer Skala von 1 bis 10, wobei der Wert 10 für optimistische Aussichten steht, mit 4,8 – der zweitniedrigste Wert seit dem Start der Umfrage 2010. Niedriger lag der Wert nur im April 2020 (3,5), als langfristige Prognosen kaum möglich waren. Noch vor einem Jahr schätzten die Private-Equity-Manager die Geschäftsaussichten ihrer Portfoliounternehmen mit soliden 7,3 ein. Alles zum Thema Private Equity Private Equity ist aus der deutschen Corporate-Finance-Welt nicht mehr wegzudenken. Doch was verbirgt sich hinter der Anlageklasse, wie funktioniert das Geschäftsmodell der Finanzinvestoren und welche aktuellen Entwicklungen treiben den Private-Equity-Markt? Das und mehr erfahren Sie auf dieser Themenseite. Mehr lesen Kaufpreise am M&A-Markt ziehen trotz Widrigkeiten an Obwohl die Geschäftsaussichten der Unternehmen gesunken und Akquisitionsfinanzierungen teurer geworden sind, spiegeln sich diese Entwicklungen noch nicht in den Kaufpreisen wider – im Gegenteil: Das Preisniveau hat im Vergleich zum Vorjahr (3,8) wieder etwas angezogen (4,1) und liegt damit überdurchschnittlich hoch (Mittelwert seit dem Beginn der Auswertung 2010: 3,9). Ein Grund für diese Diskrepanz hierfür könnte sein, dass die Kaufpreise und Multiples erst in einigen Wochen oder Monaten nachgelagert sinken, wenn sich die aktuelle wirtschaftspolitische Lage weiter verfestigt und die Neunmonatszahlen oder gar erst Jahresgeschäftsberichte der Unternehmen mehr Klarheit bringen. Dass die Kaufpreise sogar etwas zugelegt haben, ist womöglich auch auf das persönliche Empfinden der PE-Manager zurückzuführen, die mit ihren vielleicht schon niedrigeren Kaufpreisvorstellungen auf Unternehmer treffen, die wiederum immer noch höhere Unternehmensbewertungen ausrufen. Erneuerbare Energien: Der neue Branchenliebling von Private Equity Die Mixtur aus hohen Kaufpreisen trotz schlechterer Geschäftsaussichten und teurer gewordenem Fremdkapital hat noch weitere Folgen. Private Equity fokussiert sich immer mehr auf nichtzyklische und resiliente Branchen – und distanziert sich weiter von ohnehin unattraktiven Sektoren. Der derzeit unbeliebteste Sektor ist nach wie vor Automotive – die Attraktivität der Branche bewerten die Private-Equity-Manager mit 2,6, wobei der Wert 10 für eine sehr attraktive Branche steht. Im Vorjahr lag der Wert noch bei 2,9. Danach folgt die Baubranche mit einer Bewertung von 3,2 – nach einer deutlich besseren Punktzahl von 5,2 im Vorjahr. Ebenfalls zu den Schlusslichtern gehört der Handel mit 3,8 Punkten, wobei dieser im Vergleich zum Vorjahresranking deutlich stärker abgerutscht ist (6,7). Die Top-Branchen sind hingegen wenig überraschend weiterhin Software/IT (8,2) sowie Healthcare (8,1). Die drittbeliebteste Branche ist hingegen neu auf dem Treppchen: Mit einem Wert von 7,5 gehört der Sektor Erneuerbare Energien nun zu den Top-Investitionszielen. Im Vorjahr erzielte die Branche im Attraktivitäts-Ranking noch 5,9 Punkte. Angesichts der Energiekrise und ihren Folgen dürfte die M&A-Aktivität in dem Sektor künftig weiter zunehmen.

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