Die Fraktion Die Linke lenkt im VW-Abgasskandal den Fokus auf die Rolle der Wirtschaftsprüfer. In einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung formulieren die Abgeordneten Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von PwC bei der Abschlussprüfung des Automobilkonzerns. PwC selbst wollte dazu gegenüber FINANCE keine Stellung nehmen.
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat erst im April dieses Jahres den Automotive Innovations Award 2015 an den Volkswagen-Konzern vergeben. Den Preis verleiht die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gemeinsam mit dem Center of Automotive Management (CAM). Das werfe die Frage auf „wie unabhängig und unbefangen PwC als VW-Abschlussprüfer überhaut sein kann und ob die Berichterstattung über die Abschlussprüfung 2014 unparteilich war“, heißt es in der kleinen Anfrage. Mit einer solchen Anfrage können Abgeordnete von der Bundesregierung Auskunft über bestimmte Sachverhalte verlangen. Kleine Anfragen werden schriftlich beantwortet und im Bundestag nicht beraten.
Auch die Doppelrolle als Berater und Abschlussprüfer sehen die Abgeordneten kritisch. PwC hat im vergangenen Jahr 13 Millionen Euro für seine Tätigkeit als Abschlussprüfer erhalten. 6 Millionen Euro erhielt PwC für weitere Bestätigungsleistungen und 11 Millionen Euro für sonstige Leistungen.
Was wusste PwC über die Manipulationsvorwürfe?
Besonders heikel könnte für PwC ein Punkt werden: Das Handelsblatt hatte berichtet, dass US-Behörden den VW-Konzern schon Mitte 2014 über den Verdacht auf manipulierte Abgaswerte hingewiesen hatten, also schon bevor die Prüfer den Abschlussbericht des Autokonzerns am 18. Februar 2015 unterzeichneten.
Wenn VW die Wirtschaftsprüfer davon in Kenntnis gesetzt hat, dann hätte PwC dem Vorwurf nachgehen müssen, die Risiken müssten sich im aktuellen Abschlussbericht wiederfinden. VW hat bereits 6,7 Milliarden Euro an Rückstellungen für die Rückrufaktion im Rahmen des Abgasskandals gebildet. Wie viel die entdeckte Manipulation den Konzern letztlich kosten wird, ist noch nicht abzusehen. Es wird noch Jahre dauern, bis das gesamte Ausmaß ersichtlich sein wird (mehr dazu in der aktuellen FINANCE-Ausgabe).
Die Linke: PwC hätte selbst aktiv werden müssen
Doch selbst wenn man davon ausgeht, dass VW die Wirtschaftsprüfer nicht über die Vorwürfe der US-Behörden in Kenntnis gesetzt hat, stellen die Abgeordneten die Frage, ob PwC nicht selbst „das Risiko hätte gesondert prüfen und Prüfungen veranlassen müssen.“
In jedem Fall hätte PwC nach Bekanntwerden der Manipulationen reagieren können, heißt es. Die Abgeordneten fordern eine Klärung der Frage, warum PwC das Mandat nicht wegen eines Vertrauensbruchs gekündigt und das Testat des Abschlussberichts nicht widerrufen hat.
Warten auf Antwort der Bundesregierung
Noch hat die Bundesregierung nicht auf die Anfrage zur Rolle der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im VW-Skandal geantwortet. In der Kritik steht auch, dass bisher nach letztem Kenntnisstand der Fragesteller weder die Wirtschaftsprüfungskammer (WPK) noch die Abschlussprüferaufsichtskommission (APAK) aktiv geworden sind. Nach Ansicht der Fraktion wird es Zeit dafür, denn im Fall des VW-Konzerns sei davon auszugehen, dass „weder der Jahresabschlussbericht noch der Lagebericht 2014 (Risikobericht und Corporate Governance Kodex) richtig und vollständig waren“.
Info
Welche finanziellen Konsequenzen der Skandal bereits hatte und welche Herausforderungen das für den Neu-CFO des Autokonzerns Frank Witter bringen wird, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe von FINANCE.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.