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1.FC Köln: Junge Wilde, alte Lasten

Gute Stimmung beim 1.FC Köln: Neu-Chef Alexander Wehrle (links) hat Oberwasser. Aber die Altschulden lasten schwer auf dem Traditionsklub.
picture alliance / Schwörer Pressefoto

Nach einigen Niederlagen in Folge ist die Stimmung beim 1.FC Köln wieder schlecht. Dennoch schauen viele Konkurrenten mit Erstaunen in Richtung Rhein, denn der FC hat nach dem Wiederaufstieg im Sommer wieder eine wettbewerbsfähige Truppe an den Start gebracht.

Das hätten nach dem Abstieg vor zweieinhalb Jahre nicht viele erwartet: Sportlich, vor allem aber wirtschaftlich hat der 1.FC Köln die beiden Jahre in der Zweiten Liga erstaunlich gut verkraftet. In der abgelaufenen Saison, die mit der Rückkehr in die Bundesliga endete, kletterte der Umsatz von 56,9 auf 68,6 Millionen Euro, ein enorm hohes Niveau für die Zweite Liga. Nach einem Verlust von 2,9 Millionen Euro in der Saison davor fiel 2013/14 sogar wieder ein kleiner Gewinn von 1,2 Millionen Euro an. Das gelang vor allem dank der treuen Fans: Mit 41.500 Zuschauern lag der Besucherschnitt so deutlich über Plan, dass die Stadionkasse dank Mehreinnahmen von über 1 Million Euro den FC in die Gewinnzone hievte.

Doch im Vergleich zu der Hinterlassenschaft der fetten Jahre, die sich die Kölner unter Manager Michael Meier und Luxus-Trainer Christoph Daum geleistet hatten, ist das leider nur ein Klacks. Denn die Konzernbilanz des 1.FC Köln hat schwere Schlagseite: Das Eigenkapital ist mit 10,4 Millionen Euro negativ, der Schuldenstand liegt bei 31,4 Millionen Euro, der FC ist damit bilanziell überschuldet.

Das spürt der Klub an allen Ecken und Enden. Auch in der abgelaufenen Saison musste der Ende 2012 an Bord gekommene neue Geschäftsführer Alexander Wehrle wieder einen Forderungsverkauf bedienen, der in der Saison davor abgeschlossen worden war. Auch die Erlöse aus dem Transfer von Christian Clemens, der für rund 3 Millionen Euro zu Schalke 04 wechselte, waren zum Teil schon vorab abgetreten worden.

Lange Jahre lief die Managementphilosophie des FC darauf hinaus, künftige Erlöse über Verbriefungen und Forderungsabtretungen wieder und wieder sofort zu vereinnahmen, um Löcher zu stopfen. Und die tauchen natürlich auch jetzt noch auf, wenn laufende Einnahmen nicht in die Vereinskassen, sondern direkt an Gläubiger und Finanzierungspartner fließen. Es wird noch Jahre dauern, bis der Klub die Erblast dieser umstrittenen Finanzstrategie hinter sich gelassen hat.

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Finanzkennzahlen des 1.FC Köln

in Mio. €

Quelle: 1.FC Köln

Grotesk aufgeblähter Gehaltsetat

Aber immerhin ist der FC wieder konkurrenzfähig geworden, und damit war nicht unbedingt zu rechnen. Als im Mai 2012 der Abstieg feststand, rauschte der Klub mit einem grotesk aufgeblähten Spieleretat von 33 Millionen Euro in die Zweitklassigkeit. Nicht nur die Summe war kritisch, sondern auch der Weg dorthin.

Budgetiert hatte das damalige Management ursprünglich zwar deutlich geringere Ausgaben, aber als es sportlich nicht lief, setzte es alles auf eine Karte und tätigte teure Neuverpflichtungen. In Köln reichen die Schätzungen über das Ausmaß, in dem der 1.FC Köln in der Meier-Ära (2005 bis 2010) über seine Verhältnisse gelebt hat, bis hinauf zu 50 Millionen Euro. Nach den teuren Rückholaktionen der Vereinslegenden Daum und Podolski gab die damalige Führung die Devise aus, um diese beiden herum eine Mannschaft von internationalem Format aufzubauen.

Für Poldi gab’s nur ein Foto

Wehrle und Sportchef Jörg Schmadtke scheinen jetzt einen anderen Weg zu gehen. Der aktuellste Beleg dafür ist die Absage an eine erneute Rückkehr von Lukas Podolski. Begründung: Die Fanikone würde auch diesmal wieder die gerade erst eingerenkte Kosten- und Gehaltsstruktur sprengen. Für die Presse gab es ein Foto mit Podolski, das war‘s.

Das könnte sich als weitsichtig erweisen, denn dem FC steht ohnehin eine erhebliche Kostensteigerung bevor, wenn die stark aufspielenden Jungkicker wie Horn, Hector und Gerhardt mit neuen Verträgen ausgestattet werden sollen. Die Alternative, ihren kolportierten Marktwert von über 10 Millionen Euro zu realisieren, könnte den Schuldenstand zwar um fast ein Drittel drücken, wäre aber Gift für die Hoffnungen des FC, sich dauerhaft wieder in der Bundesliga zu etablieren.

Alexander Wehrle will Totalschaden vermeiden

Wehrle und Schmadtke scheinen eine klare Priorität zu haben: Einen Totalschaden wie 2012 künftig zu vermeiden. Dafür haben sie die wichtigsten Verträge des Klubs neu aufgesetzt: Bei der Stadionmiete ist der Unterschied zwischen Erster und Zweiter Liga jetzt deutlich größer als in der Vergangenheit – unglückliches Timing, dafür aber weniger Risiko.

Und das Management hat etwas für Kölsche Verhältnisse völlig Ungewöhnliches getan: Sie haben die Vermarktung der Werbe-, Marketing- und Medienrechte an den externen Vermarkter Infront abgetreten (was keine Besonderheit ist), den Deal aber so aufgesetzt, dass die Signing Fee erst im Falle eines Abstiegs fließen würde. Die alten Recken hätten von dem Geld Podolski zurückgeholt.

Info

Überlebenskampf bei Werder Bremen, Banges Hoffen bei Eintracht Frankfurt, Finanz-Irrsinn beim Hamburger SV: Mehr Beiträge aus dem FINANCE-Blog „3. Halbzeit“ finden Sie hier. Folgen Sie 3. Halbzeit auch auf Facebook und diskutieren Sie mit.