Der große Knall beim 1. FC Kaiserslautern bleibt aus: Ein Investor, der für 100.000 Euro die in Verruf geratene Fananleihe des Zweitligaklubs gezeichnet hatte, hat seine Klage vor dem Landgericht Kaiserslautern zurückgezogen. Dort wollte der Anleger durchsetzen, dass der FCK ihm noch vor Ende der regulären Laufzeit 2019 sein Investment zurückzahlt – ein Ansinnen, das die Lage beim FCK empfindlich hätte zuspitzen können.
Insgesamt hatte der Klub über die Anleihe im Februar 2013 mehr als 6 Millionen Euro aufgenommen, die Gelder aber nicht – wie den Zeichnern versprochen – voll in ein Nachwuchszentrum gesteckt, sondern zwischenzeitlich anderweitig verwendet.
FCK: Werden die Anleihezeichner zu Mitinhabern?
Trotzdem bleibt die Finanzsituation beim Pfälzer Traditionsverein angespannt. Wie der chronisch klamme Verein 2019 auf einen Schlag 6 Millionen Euro aufbringen will, ist völlig unklar. Die Initiative einiger Anleger, auf die Rückzahlung ihrer Gelder zu verzichten und ihre Anleihen entwerten zu lassen, verpuffte – es kamen gerade einmal 10.000 Euro zusammen.
Jetzt deutet sich eine Lösung der prekären Finanzierungssituation an – die Ausgliederung des Profibetriebs in eine Kapitalgesellschaft. Diesen Plan treibt das Management um Vereinsboss Thomas Gries und Finanzchef Michael Klatt vehement voran. Dieser Schachzug könnte auch eine Lösung für die Anleihe bringen – einen Debt-Equity-Swap, bei dem die Zeichner der Anleihe ihre Rückzahlungsansprüche in Anteile an der FCK-Kapitalgesellschaft tauschen.
FCK-Finanzchef Klatt forciert Ausgliederung
CFO Klatt ist grundsätzlich nicht davon überzeugt, dass hohe Fremdkapitalaufnahmen die optimale Finanzierungsstrategie für einen Fußballverein mit begrenzter Eigenkapitalausstattung sind. Gegenüber FINANCE zieht er eine Parallele zwischen der Finanzierung von Start-Ups sowie neuen Technologien und der Kapitalausstattung eines Fußballvereins: „Beide Felder sind vielleicht gar nicht so gut geeignet für eine klassische Fremdkapitalfinanzierung“, meint der FCK-Finanzchef.
Zu beidem gehöre der Glaube an ein Projekt auch jenseits nackter Finanzkennzahlen, und viele Entwicklungen – gerade sportliche – seien nur bedingt prognostizierbar, führt Klatt aus. Nicht zuletzt aufgrund des Emotionalisierungscharakters eines Fußballvereins seien Eigenkapital-nahe Finanzierungsinstrumente passender als klassische Bankdarlehen. „Angesichts der aktuellen finanziellen Situation scheint eine mögliche Ausgliederung der Profiabteilung eine geeignete Maßnahme zu sein, um für den Verein Wagniskapital in nennenswerter Höhe erschließbar zu machen.“
Doch die Gesprächsgrundlage für das Reizthema Ausgliederung ist angespannt. Viele Vereinsmitglieder und Anleihezeichner fühlen sich von der früheren Vereinsführung um Fritz Grünewalt (Finanzen) und Stefan Kuntz (Sport) betrogen. Auf diversen Mitgliederversammlungen warnten sie vor dem, was schlussendlich eingetreten ist – auch schon, als die Fananleihe noch jung war. Sogar die Kaiserslauterer Staatsanwaltschaft beschäftigte sich zeitweise mit den Vorkommnissen rund um die „Betze-Anleihe“, sah aber schließlich keinen Anlass, tätig zu werden.
Das bittere Ende der „Tivoli-Anleihe“
Entscheiden sich Gries und Klatt tatsächlich dafür, die Restrukturierung der Fananleihe in eine Ausgliederung des Profibereichs einzubetten, wäre das Thema Fananleihen in Deutschland um eine schillernde Facette reicher. Denn die Schieflage beim FCK ist nicht die erste, die Fans erleben müssen, die sich gleichzeitig als Finanzgläubiger engagiert haben.
„Fans sind oft nicht sehr kritisch, wenn es darum geht, ihrem Verein finanziell unter die Arme zu greifen. Doch bei der Bewertung des Anlagerisikos sollte man die Fanliebe im Kopf auch mal ausschalten“, rät Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Er bezeichnet Fananleihen als „Mischung aus Geldanlage und Fanartikel“.
Das größte Debakel erlebte das Instrument Fananleihe beim Traditionsklub Alemannia Aachen, der 2008 die „Tivoli-Anleihe“ auflegte, um damit den Stadionbau zu finanzieren. Am Ende ging der Klub in die Insolvenz, die Zeichner der Fananleihe verloren viel Geld.
Pollersbeck-Transfer stopft das neueste Finanzloch
So weit wie in Aachen ist es beim 1. FC Kaiserslautern nicht. Doch auch die Roten Teufel sind finanziell hoch belastet. Zum 31. Dezember 2016 lag das Eigenkapital im negativem Bereich bei minus 3,5 Millionen Euro. Die Bilanz kann seit Jahren nur mit Transfererlösen gestützt werden. Zum Ende des jüngsten Bilanzjahrs am 30. Juni 2017 ist mit einem weiteren Verlust von 2,5 Millionen Euro zu rechnen.
Dank des Transfers des Torwarttalents Julian Pollersbeck für rund 3,5 Millionen Euro zum Hamburger SV kann der FCK dieses Loch stopfen. Doch mit dem Verkauf seiner Toptalente verliert der Klub auch Tabellenplätze. Die langersehnte Rückkehr in die Bundesliga ist in weite Ferne gerückt.
Warum der 1.FC Köln seine Fananleihe aufgestockt hat
Besser lief das Experiment Fananleihe 1.FC Köln. Bereits drei Mal hat sich der Klub Geld von seinen Fans geliehen, das bislang letzte Mal im vergangenen Herbst. Als 2012 jene Anleihe über 12 Millionen Euro ausgegeben wurde, die Finanzchef Alexander Wehrle in diesem Sommer erfolgreich ablöste, befand sich der FC in einer ähnlich misslichen Lage wie 2013 der 1.FC Kaiserlautern. Doch anders als ihre Kollegen in der Pfalz gingen die Kölner transparent damit um, dass die Anleihe benötigt wurde, um eine prekäre Finanzierungslage zu überstehen.
Das Kölner Konzept ging auf. Dem Klub gelangen die Rückkehr in die Bundesliga und der wirtschaftliche Turnaround. Dass CFO Wehrle voriges Jahr bei den Fans 15,5 Millionen Euro neu aufnahm, obwohl er aus der Altanleihe nur 12 Millionen zurückzahlen musste, lag daran, dass der Schwabe es höher priorisierte, die Darlehen von privaten Kreditgebern abzulösen, dank derer sich die Kölner einst finanziell ebenfalls über Wasser gehalten hatten. Dafür brauchte er zusätzliche Mittel.
Köln-Finanzchef Wehrle will aus der Fananleihe herauswachsen
Doch hinter der neuen Köln-Anleihe verbirgt sich ein klarer Entschuldungskurs. Der Zinssatz hat sich gegenüber dem Vorgängerpapier von 5 auf 3,5 Prozent reduziert, und der FC muss nach Angaben von Wehrle jeden Sommer mindestens 1,3 Millionen Euro tilgen. Der Klub hat aber auch die Option, pro Jahr bis zu 3,2 Millionen Euro zu tilgen. So will Wehrle schon während der Laufzeit, die bis 2023 reicht, aus der Fananleihe herauswachsen. „Wir wollen nicht bis 2023 die vollen 15,5 Millionen Euro vor uns her schieben, auch wenn wir längst die Mittel hätten, um uns zu entschulden oder günstiger zu finanzieren“, erklärte Wehrle gegenüber FINANCE.
Langfristig zeichnet sich ab, dass die Finanzierungsstruktur des 1.FC Köln eine ganz andere sein wird, denn der Klub will ein größeres Stadion. Sobald klar ist, ob das über einen Aus- oder einen Neubau geschieht, wird Wehrle die Fremdkapitalbasis wohl auf eine besicherte Stadionfinanzierung umstellen, möglicherweise flankiert durch den Verkauf eines kleineren Anteils der Kapitalgesellschaft an einen strategischen Partner.
Der 30-Millionen-Erlös aus dem Verkauf von Stürmer Anthony Modeste gibt Wehrle noch zusätzliche Finanzierungsoptionen in die Hand. Daher ist absehbar, dass die Fananleihe langfristig nicht mehr zum Finanzierungsmix der Kölner gehören wird – so wie auch beim 1.FC Kaiserslautern. Aber die Gründe dafür unterscheiden sich gewaltig.
Info
Wie steht es um die Finanzen von Klubs wie Bayern München, Eintracht Frankfurt und dem VfB Stuttgart? Viele weitere Fußball-Finanz-Analysen gibt es in unserem FINANCE-Blog „3. Halbzeit“.