Der Handelskonflikt zwischen den USA und China, die Unsicherheit rund um den Ausgang des Brexits und allgemein schwächere Wachstumsaussichten – das Makroumfeld wird im kommenden Jahr herausfordernder für Unternehmen sein als 2018. Die Ratingagentur Moody’s passt daher ihren Ausblick für Unternehmen im EMEA-Raum an und senkt ihn von positiv auf stabil.
„Im Wesentlichen beobachten wir, dass viele Unternehmen nach einem starken Jahr 2018 wieder vorsichtiger agieren“, kommentiert Philipp Lotter, Managing Director in der EMEA Corporate Finance Group bei Moody’s. Die Agentur hält allerdings die Auswirkungen des Handelsstreits zwischen China und den USA auf europäische Unternehmen für begrenzt: Die Ansteckungsgefahr dürfte auch 2019 verkraftbar sein, so ihre Beurteilung. Ein ungeregelter Brexit könnte die europäischen Unternehmen dagegen sehr viel härter treffen. Eine ausführliche Analyse dazu lesen Sie auch in der aktuellen Printausgabe von FINANCE.
Moody’s erwartet bislang nach wie vor, dass es letztlich zu einer Einigung zwischen der EU und Großbritannien kommen wird. Alle Augen sind auf den morgigen Dienstag gerichtet, an dem das Parlament über Theresa Mays Brexit Abkommen entscheiden muss.
Gute Nachrichten für den Baustoffsektor
Dass sich das Wirtschaftswachstum insgesamt verlangsamt, lässt sich auch anhand der Rating-Aktionen erkennen: Die aktuelle Analyse zeigt, dass sich die Bonitätsnoten im Schnitt zwar noch weiter verbessern, allerdings weniger deutlich als noch 2017 oder im ersten Halbjahr 2018.
Blickt man auf die einzelnen Industriesektoren, so erkennt die Ratingagentur nur bei einer einzigen Branche im EMEA-Raum einen positiven Ausblick – und zwar bei der europäischen Baustoffbranche. Bemerkenswert ist aber auch: In keinem Industriesektor verzeichnet die Agentur einen negativen Ausblick, sondern lediglich stabile.
Ausfallraten werden Ende 2019 auf normales Maß steigen
Von höherer Volatilität oder größerer Unsicherheit in den Märkten sind meist zuerst Unternehmen schwächerer Bonität betroffen. Trotzdem geht Moody’s davon aus, dass die Nachfrage nach Anleihen und Krediten aus dem spekulativen Marktsegment das Angebot nach wie vor übersteigen wird. Es könnte allerdings sein, dass die Investoren bei der Auswahl kritischer werden. Auf Emittentenseite erwartet Moody’s, dass vor allem M&A-Aktivitäten den Markt weiter antreiben werden.
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Die nach wie vor äußerst guten Rahmenbedingungen führen auch dazu, dass die Ausfallrate bei Unternehmen mit spekulativen Ratings im EMEA-Raum unter die der Vorjahre 2016 und 2017 gefallen ist. Moody’s geht davon aus, dass die Default Rates 2019 zunächst auch noch weiter zurückgehen werden – auf 1 Prozent. Das ist vor allem bemerkenswert, weil der Anteil der Emittenten mit einem Rating von B3 in diesem Marktsegment in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist: Ihr Anteil an der Emission von Hochzinsanleihen und Leveraged Loans liegt im dritten Quartal 2018 bei rund 21 Prozent. Zum Vergleich: Im ersten Quartal 2017 waren es 0 Prozent.
In allzu großer Sicherheit sollten sich Investoren allerdings nicht wiegen. Die Analysten der Agentur gehen davon aus, dass die Ausfallrate zum Jahresende wieder auf ein „normaleres Maß“ ansteigen wird. Moody’s rechnet mit rund 2,2 Prozent.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.