In den USA läuft ja so einiges anders als hier. Nichts geht ohne Entertainment, alles muss Spaß machen. Wenn die Wahl der Präsidentschaftskandidaten längst stärker an Satire erinnert als an eine politische Diskussion, und auch der amtierende Präsident fast wöchentlich in amerikanischen Talkshows auftritt, um Blueslieder zu singen oder über den Valentinstag zu plaudern, wundert es nicht, dass sich auch die Präsentation der Geschäftszahlen bei US-Konzernen deutlich verändert.
Die Bankanalysten, die an der Telefonkonferenz des Mobilfunkanbieters T-Mobile USA teilnehmen, können sich offenbar unmöglich 90 Minuten lang auf die Präsentation der Geschäftszahlen konzentrieren. Deshalb hat das Unternehmen mit einem Trinkspiel Abhilfe geschaffen. Aus vielen Uni-Hörsälen ist das Spiel als „Bullshit-Bingo“ bekannt.
Die Regeln hat der Konzern in einer Pressemitteilung vorab herausgegeben. T-Mobile-USA-Chef John Legere hat sie für alle Uninformierten noch einmal am Anfang der Konferenz erklärt. Er betonte, dass man das Spiel entsprechend zur Uhrzeit mit seinem liebsten Getränk für den Vormittag spielen sollte. Seine Tasse war jedenfalls gefüllt mit Iced Coffee von Starbucks. Unwahrscheinlich, dass jemand in dem Raum Alkohol trank.
Nachdem das Trinkspiel aus der T-Mobile-USA-Feder schon bei den Analystenkonferenzen der Konkurrenz AT&T und Verizon zum Einsatz kam, machte sich das Team diesmal selbst zum Objekt des Klamauks. Zum Beispiel musste jedes mal, wenn ein Mitglied des Vorstands sagt, man müsse „dem Kunden zuhören“, ein Schluck getrunken werden. Zwei Schlucke fallen an, wenn jemand flucht oder wenn der Finanzchef Braxton Carter, der sonst Cowboyhüte trägt, mit einem pinken Sombrero auf dem Kopf auftaucht. Und das tat er.
Chef von T-Mobile USA kam in der Lederjacke
Leichter fällt einem ein solcher Aufzug natürlich dann, wenn die Zahlen für sich sprechen. Das Geschäft des Mobilfunkriesen läuft bestens. Der Konzern verdiente 2015 rund 733 Millionen Dollar. Im Vorjahr waren es noch 247 Millionen Dollar.
Dass CFO Braxton Carter keine Schwierigkeiten damit hatte, sich so zum Affen zu machen, zeugt auch von einem etwas anderen Selbstverständnis der Top-Manager in den USA im Vergleich zu Deutschland. Während bei dem Spiel der ganze Becher geleert werden musste, wenn jemand im Anzug mit Krawatte aufgetaucht wäre, gibt es bei deutschen Managern bei den Kleidervorschriften und auch dem Verhalten ganz andere Regeln. Das T-Mobile-Management erschien jedenfalls in T-Shirts von T-Mobile USA. Der Chef selbst trug dazu eine Lederjacke.
Vielleicht ist das Trinkspiel ja auch ein Modell, um langwierige Telefonkonferenzen hierzulande etwas aufzulockern. Potential bieten sie in jedem Fall. Für jedes „Am Ende des Tages“ ein Schluck. Wenn einer „It’s not rocket science“ sagt zwei, und bei „Wir sind in dem Bereich gut aufgestellt“ am besten gleich das ganze Glas. Ungefiltert übernehmen sollten deutsche Manager das Modell allerdings nicht. Zum Beispiel bei der Wahl des Getränks gibt es noch Verbesserungspotential. Vor allem, wenn der Beginn der Konferenz erst nach 17 Uhr angesetzt wird.
Info
Die ganze Konferenz – inklusive Braxton Carter mit Sombrero – können Sie sich hier anschauen.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.