Der Schuldscheinmarkt kennt weiter nur eine Richtung: nach unten. Im ersten Quartal lag das neu emittierte Volumen bei gerade einmal 2,49 Milliarden Euro. Gegenüber dem ersten Quartal 2024 (rund 4 Milliarden Euro) entspricht das einem satten Minus von fast 40 Prozent. Auch die Zahl der Deals war im ersten Quartal mit zehn nur halb so groß wie im selben Vorjahreszeitraum. Das geht aus dem neuen FINANCE-Schuldschein-Update hervor, das das Datenanalysehaus LSEG exklusiv für FINANCE aufbereitet.
Laut Zahlen des Beratungshauses Capmarcon lag das Volumen im ersten Quartal indes signifikant höher bei rund 4,1 Milliarden Euro. Zurückzuführen ist die Diskrepanz zu den LSEG-Zahlen auf zwei Schuldscheintransaktionen, bei denen sich die Unternehmen jeweils strikte Diskretion ausgebeten hatten.
Folgt man den LSEG-Zahlen, so handelt es sich um das schwächste Auftaktquartal seit dem Jahr 2014: Damals summierte sich der Schuldscheinmarkt auf ein Volumen von gerade einmal 992 Millionen Euro, verteilt auf 13 Deals. Das bislang volumenstärkste erste Quartal fiel auf das Jahr 2016, als rund 8 Milliarden Euro zu Buche standen.
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Hier können Sie das neue FINANCE-Schuldschein-Update herunterladen. Die Daten werden von LSEG exklusiv für FINANCE zusammengestellt.
Drei deutsche Emittenten führen Schuldschein-Ranking an
Besonders kurios: Mit einem Volumen von 1,3 Milliarden Euro fiel gut die Hälfte des gesamten Marktvolumens auf eine einzelne Transaktion. Verantwortlich dafür zeichnete der Discounter Lidl, der Ende März über Lidl Dienstleistung den größten Schuldschein seit der Rekordemission von Porsche vor zwei Jahren platzierte.
Auch die zweit- und drittgrößten Deals in den ersten drei Monaten 2025 stammten aus Deutschland – allerdings mit großem Abstand zur Lidl-Transaktion. So begab zum einen der westfälische Logistikdienstleister Rhenus ein 250 Millionen Euro schweres Schuldscheindarlehen, gefolgt vom hessischen Gerüsthersteller Peri mit 200 Millionen Euro. Insgesamt befinden sich acht deutsche Corporates in der Top-10-Rangliste für das erste Quartal 2025. Die vollständige Liste finden Sie im FINANCE-Schuldschein-Update.
Vier Faktoren entscheidend für Schuldscheinemission
Dies entspreche im Großen und Ganzen dem allgemeinen Markttrend, erklärt Patrick Mannl, Director Schuldschein Syndikat bei der Hypovereinsbank/Unicredit: „Am aktivsten sind derzeit Emittenten aus der DACH-Region. Sektoral ist insbesondere Consumer/Retail im Markt vertreten.“
Entscheidend für das Gelingen einer Emission seien vier Faktoren: „Gut vermarktbar sind Unternehmen, die die Attribute Bonität, Pricing, Stabilität und Bekanntheitsgrad mitbringen. Umgekehrt ist es für Unternehmen, bei denen dies nicht der Fall ist, schwierig“, so Mannl.
Mit Blick auf die Laufzeiten erklärt Barbara Ambrus, Senior Analystin und Schuldscheinexpertin von der LBBW: „Generell ist das Laufzeitenspektrum unverändert breit gefächert, oftmals beginnend bei drei Jahren mit Schwerpunkten bei fünf und sieben Jahren.“
Konjunktursorgen lasten auf Schuldscheinmarkt
Die LBBW erwartet für das Gesamtjahr 2025 eine in etwa „stabile Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr“, was ungefähr ein Volumen in Höhe von 20 Milliarden Euro implizieren würde. „Aufgrund der traditionell hohen Unterschiede zwischen den Quartalen messen wir dem niedrig ausgefallenen ersten Quartal keine hohe Bedeutung bei. Denn stichtagsbedingt können hier einige wenige Transaktionen einen großen Unterschied machen“, sagt Marcus Gerdel, Director Debt Capital Markets bei der LBBW.
Laut HVB-Banker Mannl ist die im Vergleich zu vorherigen Jahren geringe Angebots-Pipeline im Wesentlichen auf die anhaltend schwache Konjunktur in Deutschland zurückzuführen. Und er gibt sich diesbezüglich keinen Illusionen hin: „Wir vermuten, dass dies vorerst auch so bleiben wird.“ Barbara Ambrus von der LBBW sagt: „Das eingetrübte Konjunkturumfeld und unzählige Breaking News wie zum Beispiel die jüngsten Zollankündigungen führen zu einer erhöhten Unsicherheit am Markt und erschweren die Planungssicherheit bei den Unternehmen und Investoren gleichermaßen.“
LBBW bleibt wichtigster Bookrunner
Bei den Bookrunnern im Schuldscheinmarkt war die LBBW im ersten Quartal einmal mehr das Maß aller Dinge. Mit einem Marktanteil von 35,3 Prozent führt sie das Ranking klar an. Auf Platz 2 rangiert die DZ Bank mit 17,7 Prozent, dicht gefolgt von der österreichischen Erste Bank (17,4 Prozent). Wenig überraschend: Alle drei genannten Banken waren Marktkreisen zufolge als Arrangeure für Lidl im Einsatz.
Philipp Hafner ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth sowie an der University of Amsterdam studiert. Vor FINANCE arbeitete Philipp Hafner mehr als sechs Jahre bei der Verlagsgruppe Knapp/Richardi, zunächst als Volontär, anschließend dann als Redakteur für die Fachzeitschrift „Immobilien & Finanzierung“.
