Newsletter

Abonnements

Finanzielle Restrukturierung: So steigt die Erfolgsrate

Viele CFOs gehen die finanzielle Restrukturierung zu spät an. Den größten Spielraum gibt es aber zu Beginn einer Krise.
Gajus/iStock/Thinkstock/Getty Images

In Krisenzeiten kommt der finanziellen Restrukturierung neben der operativen Neuausrichtung eine entscheidende Rolle zu. Besonders gute Aussichten auf einen erfolgreichen Turnaround haben dabei Unternehmen, deren CFO in der Lage ist, gleich mehrere Instrumente zur finanziellen Restrukturierung parallel zu nutzen. Das zeigt die „Financial Restructuring Study 2015“ der Unternehmensberatung Roland Berger, die FINANCE exklusiv vorliegt.

Für die Studie wurden rund 190 Sanierungsfälle in Deutschland aus den vergangenen neun Jahren analysiert, berücksichtigt wurden dabei Unternehmen ab 100 Millionen Euro Umsatz.

Als Distressed-Fall betrachten die Autoren ein Unternehmen, das drei Merkmale aufweist: Es kann die Zinszahlungen für seine Kredite nicht aus dem operativen Geschäft bedienen (der Zinsdeckungsgrad liegt unter dem Wert 1), das Verhältnis von Nettoverschuldung zum Ebitda liegt über dem Faktor 5 und das Verhältnis von Schulden zu Eigenkapital (Gearing Ratio) liegt über einem Wert von 200 Prozent. Im untersuchten Zeitraum von 2006 bis 2014 gab es nach dieser Definition 186 Krisenfälle in Deutschland, besonders betroffen waren Unternehmen aus dem Industriesektor (72 Fälle).

CFOs sollten finanzielle Restrukturierung früh angehen

Auch wenn sich eine steigende Nettoverschuldung und ein sinkendes Eigenkapital in der Regel über einen längeren Zeitraum abzeichnen, reagieren CFOs in Krisenfällen häufig zu spät, kritisiert Matthias Holzamer, Co-Autor der Studie. „Häufig warten die Unternehmen, bis wirklich alle Kennzahlen in den roten Bereich gedreht sind. Dann muss die finanzielle Restrukturierung sehr zügig ablaufen, und es wird extrem schwierig, sich mit den Gläubigern binnen so kurzer Zeit auf ein Konzept zu verständigen.“

Holzamer rät CFOs, schon früh auf die verschiedenen Gläubigergruppen zuzugehen und darauf zu achten, dass sich die verschiedenen Gruppen gleichermaßen einbringen. „Es führt zu Unmut, wenn die Lastenverteilung überdurchschnittlich zu Lasten einer Gläubigergruppe geht – selbst im Fall von unterschiedlichen Besicherungsstrukturen. Dann sperrt sich eine Gruppe komplett gegen das Konzept, und es kommt oft zur Insolvenz“, sagt er.

Daher sei es wichtig, in einem Konzept je nach Situation des Unternehmens verschiedene Instrumente der finanziellen Restrukturierung zu kombinieren. Dies können etwa ein Debt-to-Equity-Swap, ein Haircut oder Zinssatzanpassungen bei bestehenden Finanzierungen sein. Um frisches Geld ins Unternehmen zu holen, kommen eine Kapitalerhöhung, aber auch Verkäufe von Unternehmensbereichen oder Assets in Frage.

Turnaround gelingt rund der Hälfte der CFOs

Als erfolgreichen Turnaround wertet es Roland Berger, wenn zwei der drei betrachteten Kennzahlen wieder in einen stabilen Bereich zurückgekehrt sind. Immerhin 49 Prozent der betrachteten Restrukturierungsfälle haben innerhalb von drei Jahren den erfolgreichen Turnaround geschafft. Besonders hoch ist die Erfolgsrate mit 59 Prozent unter produzierenden Unternehmen. Als Gründe dafür sehen die Autoren die Struktur dieses Sektors: Produzierende Unternehmen haben häufig mehr Assets, die sie als Sicherheiten stellen oder verkaufen können.

Grundsätzlich steigt die Erfolgsrate einer finanziellen Restrukturierung, wenn die CFOs mehrere Instrumente wie Zinsanpassungen, Kapitalerhöhungen oder Haircuts kombinieren. In den meisten Fällen nutzen die Unternehmen drei bis vier Instrumente.

Je mehr Instrumente eingesetzt werden, um so höher ist auch die Erfolgsrate, hat die Untersuchung ergeben: Bei Firmen, die mehr als fünf Instrumente zur finanziellen Restrukturierung nutzten, lag die Erfolgsquote bei 57 Prozent und damit 8 Prozentpunkte über dem Durchschnitt. Holzamer erklärt dies damit, dass durch die Nutzung mehrerer Instrumente unterschiedliche Gläubigergruppen eingebunden werden können: „Der Königsweg zur finanziellen Restrukturierung ist ein gutes Gesamtkonzept. Wenn CFOs die unterschiedlichen finanziellen Instrumente im Detail verstehen, fällt es ihnen auch leichter, zusammen mit den Gläubigern ein solches Konzept zu erstellen.“