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Anleiheboom nach Sommerpause

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Die EZB entscheidet heute über die Leitzinsen. Foto: Tobias Arhelger - stock.adobe.com
Die EZB entscheidet heute über die Leitzinsen. Foto: Tobias Arhelger - stock.adobe.com

Nach der Sommerpause gehen traditionell viele Unternehmen mit Bonds an den Markt, doch in diesem Jahr war der Boom enorm. Innerhalb der ersten Woche nach Wiedereröffnung des Euro-Bondmarktes haben Unternehmen insgesamt 18,8 Milliarden Euro ihres Finanzierungsbedarfs mit Anleihenemissionen gedeckt, der höchste wöchentliche Wert seit 18 Monaten. „Wir hatten mit einer erhöhten Aktivität gerechnet, aber das Ausmaß hat uns überrascht“, resümiert HSBC-Banker Ingo Nolden. Neben altbekannten Emittenten wagten sich einige Newcomer an die Anleihemärkte.

Eine Transaktion, die besonders hervorstach, war die Bondemission von Sartorius. Der Pharma- und Laborzulieferer, der erstmals überhaupt mit Anleihen an den Markt ging, erreichte ein Orderbuch in Höhe von 18,7 Milliarden Euro – eine rekordverdächtige sechsfache Überzeichnung. Letztlich platziert hat das Unternehmen Anleihen im Wert von 3 Milliarden Euro.

Die Investoren zeigten besonderes Interesse an der Tranche mit der längsten Laufzeit. Die zwölfjährige Anleihe mit einem Volumen von 850 Millionen Euro verzeichnete ein Orderbuch in Höhe von 6,8 Milliarden Euro. Der Kupon liegt bei 4,875 Prozent.

Rewe debütierte mit Sustainability-Linked Bond

Sartorius blieb nicht der einzige Debütant. Auch Rewe, ein regelmäßiger Schuldscheinemittent, setzte erstmals auf Anleihen. 900 Millionen Euro schwer war der siebenjährige Bond, den das Unternehmen ausgab. Der Kupon der Anleihe beträgt 4,875 Prozent.

Bei der Emission entschied sich Rewe für einen Sustainability Link. Erst Anfang September hat das Unternehmen ein Sustainability-Linked Bond Framework veröffentlicht. Darin sind verschiedene Ziele aufgeführt, mit denen die CO2-Emissionen von den Einkaufsketten Rewe und Penny reduziert werden sollen. Bei Verfehlung der Ziele muss Rewe laut dem Finanzmagazin „International Financing Review“ einen Step-up in Höhe von 85 Basispunkten zahlen.

In den ersten sieben Monaten des Jahres ist das Volumen von nachhaltigen Krediten und Bonds im Vergleich zum Vorjahr weltweit um rund 21 Prozent gesunken, zeigt der SEB-Green-Bond-Report. Das liege vor allem an dem Rückgang von Krediten mit Nachhaltigkeitskomponente. Das Volumen von grünen Anleihen hingegen ist im Jahr 2023 deutlich gestiegen auf 408 Milliarden US-Dollar.

Automobilbranche am Bondmarkt aktiv

Mit ZF Friedrichshafen zapfte auch ein Unternehmen den Bondmarkt an, das kein Investmentgrade-Rating vorweisen kann. Der Autozulieferer hat einen Green Bond mit einem Volumen von 650 Millionen Euro und einem Kupon von 6,125 Prozent platziert. Auch diese Transaktion stieß auf reges Interesse: Das Orderbuch betrug 1,9 Milliarden Euro.

Der Euro-Bondmarkt habe sich in den vergangenen über 20 Jahren sehr gut entwickelt, erklärt Nolden von der HSBC: „Eine Woche wie die letzte Augustwoche wäre vor einigen Jahren am Euro-Bondmarkt nicht möglich gewesen“, so sein Fazit. „Besonders erfreulich ist neben dem großen Andrang, dass Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen und mit verschiedenster Kreditqualität an den Markt gingen.“

„Eine Woche wie die letzte Augustwoche wäre vor einigen Jahren am Euro-Bondmarkt nicht möglich gewesen.“

Ingo Nolden, HSBC

Einen ähnlichen Ansturm wie der Euro-Bondmarkt verzeichnete der US-Markt. Auch dort waren deutschsprachige Emittenten aktiv. Volkswagen entschied sich beispielsweise für Yankee-Bonds und platzierte Anleihen im Wert von 3,4 Milliarden US-Dollar. Das Schweizer Unternehmen Nestlé emittierte ebenfalls US-Bonds in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar.

Warten auf EZB-Entscheidung

In dieser Woche waren die europäischen Bondmärkt allerdings wieder deutlich ruhiger. Die Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer richtet sich gespannt auf die Entscheidung der EZB bei ihrer heutigen Sitzung. Bisher sind sich die Beobachter uneins, ob die Währungshüter eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte oder eine Zinspause verkünden werden.

Einige gehen davon aus, dass eine weitere Zinsanhebung seitens der EZB erst im Oktober wahrscheinlich sein wird, so etwa Bernd Meyer, Chefanlagestratege und Leiter Multi Asset im Wealth and Asset Management bei Berenberg. Aber auch eine mögliche Erhöhung der Leitzinsen ist nicht vom Tisch: EZB-Ratsmitglied Klaas Knot sagte kürzlich in einem Interview, dass ein weiterer Zinsschritt immer noch möglich, aber nicht sicher sei.

Eva Brendel ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Kommunikationswissenschaft, VWL und Politik in Bamberg und Jena studiert. Neben dem Studium arbeitete Eva Brendel als freie Nachrichtenmoderatorin bei einem Lokalsender und moderierte eine eigene Podcast-Reihe.

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