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Die Rückkehr des PIK

Ins Risiko gehen Investoren wieder bei PIK-Finanzierungen.
Thinkstock / Getty Images

In diesen Tagen hat sich die luxemburgische Muttergesellschaft des Carbonherstellers Orion aus Köln mit einer Anleihe über 425 Millionen US-Dollar refinanziert. Der Bond enthält ein sogenanntes „PIK-Toggle“, mit dem Zinsen unter gewissen Bedingungen aufgeschoben werden können. Wegen des höheren Risikos für Investoren liegt der Bond mit Caa1 (Moody’s) deutlich unter dem Unternehmensrating des Evonik-Spinn-offs, das mit B2 bewertet wird.

Hintergrund: Der Essener Chemiekonzern Evonik hatte seine Industrierußesparte Evonik Carbon Black im August 2011 an die Finanzinvestoren Rhône Capital und Triton verkauft. Nach Presseangaben soll der Transaktionswert bei 900 Millionen Euro gelegen haben, der Jahresumsatz bei rund 1,2 Milliarden Euro. Damals hatten die Investoren eine typische LBO-Finanzierung abgeschlossen, die nun auf der Ebene der Muttergesellschaft durch Ausgabe der neuen Anleihe optimiert wird. Mit dem Bond lösen die Finanzinvestoren eigene Gesellschafterdarlehen ab und reduzieren ihr Risiko.

Eine ähnliche Transaktion, allerdings mit einem viel kleineren Volumen, wurde von Nord Anglia Education nur ein paar Tage vor der Orion-Emission angekündigt. Der britische Bildungsanbieter will eine Anleihe über 150 Millionen Dollar mit einem PIK-Toggle ausgeben, die im Jahr 2018 fällig wird. Ähnlich wie Orion Carbon refinanziert Nord Anglia Education seine Kapitalstruktur.

Bei Restrukturierungen eingesetzt

In den letzten Jahren waren Payment-in-Kind-Finanzierungen einen absolute Seltenheit. „Neue PIK-Transaktionen waren seit dem Ausbruch der Finanzkrise nahezu verschwunden“, sagt Gerd Bieding, Finanzierungsspezialist bei Altium Capital in Frankfurt. In Zeiten vor der Krise wurden Spielarten von PIK genutzt, um Finanzierungen mit einem Private-Equity-Sponsor zu optimieren – zum Beispiel bei Kabel Deutschland oder bei der Beteiligungsgesellschaft des Waffenherstellers Heckler & Koch. „Bei größeren Leveraged Buy-outs sind PIK-Notes ein Vehikel, um Recaps zu ermöglichen“, erläutert Bieding. Einschlägige Investoren scheuten aber lange Zeit das stark nachrangige Instrument nach den hohen Verlusten der Vergangenheit. „Strukturen, die endfällig sind, haben naturgemäß ein höheres Risiko“, betont Bieding. „Es kommt auch sehr darauf an, in welchem Rechtsrahmen man sich befindet. In Großbritannien lässt sich ein nachrangiges Instrument in der Krise leichter ‚abschneiden‘, in Deutschland kann es enorme Komplexität mit sich bringen.“

Zwischenzeitlich dienten PIK-Konstruktionen zur finanziellen Unternehmenssanierung. „Eine Zeit lang gab es unfreiwillige PIK-Notes. Teile der Verbindlichkeiten wurden in dieser Form in eine Holding gelegt, um die operative Gesellschaft zu entschulden. Damit konnte man die Bilanz wieder potentiellen Finanzierern zeigen“, fügt Gerd Bieding hinzu. Derartige Konstruktionen konnte man etwa beim – inzwischen stabilisierten – Wälzlagerhersteller Schaeffler sehen.

Investoren auf der Suche nach Yield

Dass jetzt PIK-Instrumente wieder auftauchen, zeigt, dass viele Investoren im Niedrigzinsumfeld wieder stärker ins Risiko gehen. „Wenn PIK-Notes auftreten, ist das oft ein Zeichen für eine Überhitzung“, sagt Bieding. Von einer Blase kann man bei den wenigen Transaktionen nicht sprechen, wobei die Anleihen mit dem PIK-Toggle-Mechanismus auch nicht PIK-Darlehen in ihrer reinsten Form sind. „Im Midmarkt sehen wir diese Instrumente momentan gar nicht“, resümiert Bieding. 

markus.dentz[at]finance-magazin.de

Info

Was ist … PIK?
Ein PIK-Darlehen (Payment-in-Kind)  ist ein Finanzierungsinstrument, das in der Regel zwischen der Inanspruchnahme und dem Fälligkeitsdatum kaum oder keine Zinszahlungen oder Tilgungen vorsieht. Damit ist es häufig noch nachrangiger und teurer als Mezzanine-Kapital, also ein relativ risikoreiches Finanzierungsinstrument. Das „PIK-Toggle“ ist eine Spielart, die es bei Anleihen erlaubt, Zinsen an das Ende der Laufzeit zu schieben, wenn vorher festgelegt Bedingungen erfüllt werden.

 

Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.