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Privatplatzierungen: Alternative zum Bankkredit

Privatplatzierungen werden im Mittelstand immer beliebter.
Roberts Galleries/iStock/Thinkstock/Getty Images

Der Autozulieferer Hella hat bei seinem Börsengang Mitte November einen ungewöhnlichen Weg gewählt: Das Unternehmen brachte seine Aktien nicht im Rahmen eines öffentlichen Angebots an den Markt. Eine Kapitalerhöhung im Rahmen einer Privatplatzierung bei ausgesuchten Investoren war die Voraussetzung für den Gang an die Börse und gab dem Unternehmen die notwendige Sicherheit. Im Rahmen des Börsengangs wurden weitere Aktien privat platziert.

„Hella hat keine Privatplatzierung im klassischen Sinne durchgeführt, weil die Vorplatzierung im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Notierung kam“, sagt Andreas Bernstorff, Head of ECM Deutschland, Österreich und Skandinavien bei der emissionsbegleitenden Citigroup. Dennoch hat dem Unternehmen die gezielte Investorenansprache die gewünschte Transaktionssicherheit gebracht.

Insgesamt brachte der IPO von Hella es nach Ausübung der Greenshoe-Option auf ein Bruttoplatzierungsvolumen von rund 430 Millionen Euro. Nach zuletzt weniger erfolgreichen Börsendebüts notiert die Hella-Aktie derzeit mit 29 Euro rund 6 Prozent über dem Ausgabepreis.

Privatplatzierungen sind im Kommen

Privatplatzierungen, bei denen ausgesuchte Investoren gezielt auf eine Investition in ein Schuldscheindarlehen, eine Anleihe oder Aktie angesprochen werden, sind zurzeit im Kommen. Der mehrheitlich in Händen von Familiengesellschaftern befindliche Automobilzulieferer Hella hat die erste Privatplatzierung genutzt, um den Streubesitz des Unternehmens auf über 10 Prozent zu heben. Dies war Voraussetzung, um in den Prime Standard der Deutschen Börse aufgenommen zu werden. Zurzeit liegt der Streubesitz bei gut 15 Prozent, die übrigen Anteile liegen nach wie vor in der Hand der Familiengesellschafter.

Das Beispiel Hella hat durchaus Seltenheitswert: „Privatplatzierungen auf der Eigenkapitalseite durch Unternehmen sind eher die Ausnahme“, bestätigt Andreas John, Leiter des Aktienemissionsgeschäfts der DZ Bank. Unternehmen könnten diese nur in seltenen Fällen durchführen.

Privatplatzierung: Alternative für größere Mittelständler

Auf der Fremdkapitalseite erfreuen sich die Privatplatzierungen schon seit längerem wachsender Beliebtheit. Laut einer von der Ratingagentur Scope kürzlich veröffentlichten Studie steigt der Anteil der Privatplatzierungen am deutschen Schuldscheinmarkt seit 2010 kontinuierlich. So überschritt das Volumen in den ersten neun Monaten dieses Jahr mit rund 3 Milliarden Euro bereits das des gesamten Vorjahres.

Scope zufolge haben kleinere Mittelständler häufig Probleme, sich von den Banken als größtem Kreditgeber zu lösen. Sie suchen alternative Finanzierungsquellen. Privatplatzierungen scheinen einen Nerv zu treffen, da sie die Transaktionssicherheit erhöhen können. Bei privat platzierten Anleihen ist es für Mittelständler besonders von Vorteil, dass der Transaktionsverlauf mit zwei bis vier Wochen zumeist kurz ist. Dies ergibt sich daraus, dass bei einer reinen Privatplatzierung nicht zwingend ein Prospekt erstellt werden muss.

Unternehmen können über geschickt gestaffelte Privatplatzierungen auch die Gefahr reduzieren, dass Refinanzierungen an einem Tag in hohem Umfang fällig werden. „Privatplatzierungen bieten den Vorteil breiterer Streuung von Fälligkeiten und Investoren“, sagt Arnold Fohler, Leiter des Anleihenemissionsgeschäfts bei der DZ Bank.

Regelmäßige Emissionen schaffen Vertrauen

Vielen Interessenten bleibt der Marktzugang jedoch noch verwehrt. Scope zufolge verfügen lediglich 30 Prozent der Emittenten, die einen Schuldschein privat platziert haben, über ein öffentliches Rating. Investitionen ohne Rating sind jedoch einigen institutionellen Investoren nicht gestattet, was den Investorenkreis einschränkt.

Um Vertrauen zu schaffen, sei es daher wichtig, einen erfolgreichen Track Record aufzubauen. „Die Regelmäßigkeit ist entscheidend, da Investoren und vermittelnde Banken als Partner der Platzierungen Kalkulierbarkeit erwarten“, berichtet Fohler.

So wird es für kleinere Mittelständler wohl auch in Zukunft zu aufwendig bleiben, sich über Privatplatzierungen zu finanzieren. Für größere Unternehmen bietet die Möglichkeit jedoch eine Alternative zum öffentlichen Angebot.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.