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Siemens Energy verhandelt über Staatsgarantien

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Siemens Energy verhandelt mit dem Bund über staatliche Garantien. Foto: 1take1shot - stock.adobe.com
Siemens Energy verhandelt mit dem Bund über staatliche Garantien. Foto: 1take1shot - stock.adobe.com

Die Krise bei Siemens Energy spitzt sich weiter zu: Der Dax-Konzern verhandelt mit dem Bund über mehrere Milliarden Euro an Garantien. Das berichteten am heutigen Donnerstag zunächst mehrere Medien übereinstimmend.

Am späten Vormittag bestätigte Siemens Energy die Gespräche dann: Der Vorstand prüft „derzeit verschiedene Maßnahmen zur Stärkung der Siemens-Energy-Bilanz und führt Vorgespräche mit unterschiedlichen Parteien, darunter Partnerbanken von Siemens Energy sowie der Bundesregierung, um den Zugang zu einem wachsenden Volumen an Garantien sicherzustellen“. Siemens Energy stellt aber auch klar, dass der „Budgetprozess noch nicht abgeschlossen ist“ und der Vorstand „noch keine konkreten Entscheidungen über das Jahresbudget 2024 und/oder konkrete Finanzierungsmaßnahmen“ getroffen hat.

Siemens Energy: Wind-Projektgeschäft finanzieren

Die Milliardengarantien, über die zurzeit verhandelt wird, sollen sicherstellen, dass Siemens Energy das Großprojektgeschäft weiterhin langfristig finanzieren kann. Speziell bei den ehemaligen Gas and Power-Geschäftseinheiten verspürt der Konzern ein „starkes Wachstum des Auftragseingangs“, das wiederum zu einem steigenden Bedarf an Garantien führe. Siemens Energy befürchtet nun, dass es aufgrund der kriselnden Tochter Gamesa zu Schwierigkeiten bei Gesprächen mit Banken für neue Garantien kommen könnte.

Zu Verhandlungsdetails machte Siemens Energy keine Angaben. Der „Wirtschaftswoche“ zufolge soll es aber um Garantien in Höhe von über 15 Milliarden Euro gehen. In einer ersten Tranche von 10 Milliarden Euro soll die Bundesregierung für bis zu 80 Prozent der Summe in die Bresche springen, die restlichen 20 Prozent sollen Banken übernehmen. Bei den Banken soll es sich um Hausbanken von Siemens Energy wie die Bank of America, die Deutsche Bank und die Commerzbank handeln.

Auch Siemens soll Beitrag in Milliardenhöhe leisten

Siemens Energy soll außerdem den Mutterkonzern Siemens um Hilfe gebeten haben: Bei einer zweiten Tranche von 5 Milliarden Euro soll Siemens haften. Siemens hält seit der Abspaltung von Siemens Energy noch rund 25,1 Prozent der Anteile an dem Energietechnikkonzern. Den Medienberichten zufolge sei Siemens jedoch nicht begeistert davon, in das Garantienpaket miteinbezogen zu werden, denn der Konzern steht bereits mit Altgarantien über 7 Milliarden Euro für Siemens Energy ein.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass der Konzern wohl keine neuen Verpflichtungen mit Siemens Energy eingehen will. Schließlich plant Siemens schon seit dem Börsengang im Herbst 2020, die Energy-Beteiligung weiter zu senken. Erst im Sommer dieses Jahres reduzierte Siemens nach einer Gewinnwarnung von Siemens Energy seine Anteile von 31,9 Prozent auf 25,1 Prozent. Doch Siemens tut sich schwer damit, die Energy-Anteile gänzlich loszuwerden. Der Grund dafür ist auch hier die Windkrafttochter Siemens Gamesa.

Ob Siemens einen Beitrag leistet, könnte für die laufenden Verhandlungen aber ein Knackpunkt werden, schließlich dürften Bund und Banken nur mitziehen, wenn sich auch der Mutterkonzern Siemens hinter seine Tochter stellt.

Siemens Gamesa belastet Geschäft immer noch

Die im vergangenen Jahr vollzogene Komplettübernahme von Gamesa brachte für Siemens Energy noch nicht den erhofften operativen Turnaround. Zuletzt holte sich Siemens Gamesa mit Stefan Huppertz einen neuen CFO an Bord, der sich der Sanierung annehmen muss. Die kriselnde Windkraftsparte schreibt seit Jahren rote Zahlen. Hinzu kommen anhaltende Qualitätsprobleme sowie erhöhte Produktkosten. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet Siemens Energy einen Gesamtverlust von etwa 4,5 Milliarden Euro, wovon Gamesa rund 4,3 Milliarden Euro ausmachen werde.

Dennoch beschwichtigt der Konzern in seiner heutigen Stellungnahme zunächst: Die Finanzergebnisse für Siemens Energy für das Geschäftsjahr 2023 liegen voraussichtlich vollständig im Rahmen der Prognose, heißt es aus München. „Für die ehemaligen Gas and Power-Geschäftseinheiten wird erwartet, dass sie ihre hervorragende Leistung im Geschäftsjahr 2024 fortsetzen. Diese Einheiten sind auf dem Weg, ihre Mittelfristziele (Geschäftsjahr 2025) zu erreichen“, so der Konzern weiter.

Zudem arbeite das Windgeschäft Siemens Gamesa an den Qualitätsproblemen und gehe die Herausforderungen beim Hochlauf der Fertigungskapazitäten im Offshore-Bereich an. Für bestimmte Onshore-Plattformen will Siemens Gamesa vorerst keine neuen Verträge abschließen, Aufträge im Offshore-Geschäft würden nur selektiv angenommen werden. Insgesamt werden Nettoverlust und Mittelabfluss voraussichtlich über den Markterwartungen liegen, so die Münchener. Siemens Energy räumt aber auch ein, dass „Auftragseingang und Umsatz im Windgeschäft für das Geschäftsjahr 2024 voraussichtlich unter den Markterwartungen“ liegen werden.

An der Börse sorgten die Neuigkeiten für Unruhe. Die Aktie stürzte zwischenzeitlich um mehr als 30 Prozent auf knapp 7 Euro ab. Aktuell liegt der Kurs bei 8 Euro.

Jasmin Rehne ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die Themen Controlling, Gehalt und Personal. Sie hat in Marburg Sprache und Kommunikation studiert. Neben ihrem Studium arbeitete Jasmin Rehne bereits als studentische Hilfskraft bei FINANCE.