Entscheidende Tage im Überlebenskampf des Modeherstellers Strenesse: Die Verhandlungen über die Refinanzierung der in sechs Wochen auslaufenden Unternehmensanleihe sind offenbar gescheitert. Die Strenesse-Führung um CEO Luca Strehle und CFO Gerhard Geuder hatte gehofft, mit einer Emission bis zu 25 Millionen Euro einzusammeln, um den auslaufenden Bond zu refinanzieren und frische Mittel für die weitere Unternehmensfinanzierung in die Kassen zu bekommen, wie Strehle und Geuder FINANCE gegenüber erklärten.
Jetzt beruft Strenesse FINANCE-Informationen zufolge kurzfristig eine Gläubigerversammlung ein. Dort sollen die Investoren über eine Verlängerung der Laufzeit der Anleihe um drei Jahre bis 2017 abstimmen. Strehle bezeichnet dies gegenüber FINANCE als "Plan B". Der Zinssatz soll bei 9 Prozent bleiben, allerdings deutet CFO Geuder an, dass Strenesse bereit sein könnte, für eine bessere Besicherung der Anleihe zu sorgen. Auch die Suche nach zusätzlichem Eigenkapital werde fortgesetzt.
Die Finanzierungssituation des Modehauses hat sich am heutigen Freitag zugespitzt, als der Anleihekurs unter hohen Handelsvolumina um über 30 Prozent auf 50 Prozent einbrach. Offenbar hatten einige Investoren von dem faktischen Scheitern der Refinanzierungsverhandlungen erfahren. Strenesse hingegen sieht interessierte Adressen am Werk, die dem Unternehmen die Finanzierungsbasis zu entziehen planen, um sich anschließend zu einem günstigen Preis die wertvollen Markenrechte zu sichern.
Strenesse tritt ohne Testat vor die Gläubiger
Für die Verlängerung der Anleihe muss eine Präsenz von 50 Prozent des Kapitals erreicht werden. Von den anwesenden Investoren wiederum müssen 75 Prozent zustimmen. Der Ausgang scheint völlig offen zu sein. CFO Geuder zufolge gebe es lediglich „eine überschaubare Anzahl an Großinvestoren" in der Anleihe. Diese stünden jedoch für rund 50 Prozent des Kapitals. Können Strehle und Geuder diese Investoren für ihr Vorhaben gewinnen, sieht es gut aus. Scheitert die angestrebte Laufzeitverlängerung, droht Strenesse hingegen die Insolvenz.
Die Strenesse-Führung tritt jedoch mit einem schweren Rucksack vor die Gläubiger, denn noch immer liegt für das Geschäftsjahr, das am 31. Mai 2013 endete, kein testierter Jahresabschluss vor. CFO Geuder begründet dies mit der ungewissen Finanzierungssituation. Die vorliegenden Unterlagen bezeichnet er als „final, aber nicht testiert".
Das Vertrauen der Investoren versucht das Führungsduo dafür mit einem guten Ausblick zu gewinnen. Für die anstehende Sommerkollektion seien mehr Bestellungen eingegangen als im Vorjahr, sagte Strehle im Gespräch mit FINANCE. Auch der Vorverkauf der Herbst-Winter-Kollektion sei „gut angelaufen".
Strenesse kämpft seit Monaten um Refinanzierung
Dass Strenesse – ungeachtet möglicher strategischer Interessen Dritter – große Schwierigkeiten haben würde, die Anleihe pünktlich zurückzuzahlen, deutet sich bereits seit Monaten an. Strenesse kämpft mit hohen Restrukturierungskosten, Verlusten und rückläufigen Umsätzen, die das Modehaus im August gegenüber FINANCE als „planvolle Rückführung im Zuge der Konzentration auf eine Marke“ beschrieb.
Für die nun offenbar ausfallgefährdete Anleihe musste Strenesse im vergangenen März den Investoren trotz einer Laufzeit von nur einem Jahr einen Kupon von 9 Prozent bieten. Begleitet wurde Strenesse dabei von Close Brothers Seydler und dem Corporate-Finance-Berater Conpair. Beide Häuser haben Strenesse nach FINANCE-Informationen anfangs auch bei den Refinanzierungsbemühungen beraten, seit November wird Strenesse aber nur noch von Conpair unterstützt.
Ein Sprecher von Close Brothers Seydler erklärte gegenüber FINANCE, dass die Bank im Vorfeld nicht von Strenesse über die bevorstehende Einberufung einer Gläubigerversammlung informiert worden sei. Kunden des Hauses, die bei Strenesse investiert sind, rät die Bank, an der Gläubigerversammlung teilzunehmen und aktiv an einer Lösung mitzuarbeiten.
Kurz vor dem Start der heißen Phase der Refinanzierungsverhandlungen im Herbst hatte Strenesse auch den CFO ausgetauscht: Im September löste der erfahrene Textilmanager Gerhard Geuder Erich Sauter an der Spitze des Strenesse-Finanzressorts ab.
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