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Travel24 pokert bei Refinanzierung der Mittelstandsanleihe

Damit Reisende ihren Urlaub unter Palmen auch weiterhin über Travel24 buchen können, muss die Unister-Tochter nächstes Jahr ihre Mittelstandsanleihe refinanzieren.
Purestock / Thinkstock / GettyImages

Die Mittelstandsanleihe des Reisevergleichportals Travel24 kennt seit ihrer Emission im September 2012 eigentlich nur eine Richtung: abwärts. Der Kapitalmarkt stellt dem Unternehmen mit einem aktuellen Kurs von rund 27 Prozent ein denkbar schlechtes Zeugnis aus. Die Aktie des Unternehmens hat eine ähnliche Talfahrt hinter sich und steht derzeit bei rund 3 Euro.

Die Ursachenforschung führt in den Neunmonatsbericht für das abgelaufene Geschäftsjahr 2015. Die Umsätze sind bei Travel24 gegenüber dem Vorjahr um 43 Prozent auf 11,6 Millionen Euro eingebrochen. Das schlug sich in einem 25-prozentigen Rückgang des Gewinns vor Zinsen und Steuern (Ebit) auf 1,6 Millionen Euro nieder. 

Besonders hart traf Travel24, das seine Umsätze ausschließlich aus Vermittlungsprovisionen generiert, der Umsatzeinbruch bei der Vermittlung von Flügen. Betrug dieser nach neun Monaten des Vorjahres noch 11,7 Millionen Euro, liegt er ein Jahr später nur noch bei 4,8 Millionen Euro. 

Travel24 braucht für Rückzahlung der Anleihe Hotelverkäufe

Der operative Cashflow war mit 1,3 Millionen Euro negativ. Lediglich die vorzeitige Rückführung eines Kredits durch den Mehrheitseigner Unister über 5,7 Millionen Euro sorgte dafür, dass sich die Kassenlage nicht noch weiter verschlechterte. Für das Gesamtjahr 2015 rechnet Travel24 mit einem Ebit von 2,4 Millionen Euro. Ob Travel24 dieses Ziel erreicht, wird der Geschäftsbericht 2015 zeigen. Doch wann dieser erscheint, steht laut eines Unternehmenssprechers noch nicht fest. 

Positive Überraschungen sollten die Anleger besser nicht erwarten, denn das zweite Standbein „Hotellerie“, das sich Travel24 derzeit aufbaut, ist nach wie vor defizitär und liefert auch im Jahr 2015 keine Umsätze. Zwar konnte das bereits fertiggestellte Kölner Hotel laut Travel24 für einen zweistelligen Millionenbetrag verkauft werden. Das Leipziger Hotelprojekt befindet sich dagegen noch in Bau und soll erst Ende 2016/Anfang 2017 fertiggestellt werden. Beide Immobilien sind ein wesentlicher Bestandteil in den Refinanzierungsplänen für die im nächsten Jahr fällige Anleihe.

Bei dem Mini-Bond stehen 25 Millionen Euro auf dem Spiel. Laut eines Travel24-Sprechers wurden davon bereits Anleihen über ein Nominalvolumen von rund 4,1 Millionen Euro zurückgekauft. Abzüglich der Verkaufserlöse aus der Kölner Immobilie bleiben – vorausgesetzt der Kaufpreis kann vollständig zur Refinanzierung der Anleihe genutzt werden – mindestens 10,8 Millionen Euro offen, die Travel24 refinanzieren muss.

Da Travel24 am Kapitalmarkt viel Kredit verspielt hat und das operative Geschäft auch nicht viel Cash abwirft, dürfte die Fähigkeit des Konzerns, die fällige Anleihe zurückzuzahlen, in hohem Maße davon abhängen, ob das Leipziger Hotel rechtzeitig fertiggestellt wird und zu einem vernünftigen Preis verkauft werden kann.

Kuponzahlung von Travel24-Anleihe im September wohl gesichert

In der Kasse hatte Travel24 zum Ende des dritten Quartals 2015 rund 2,2 Millionen Euro. Laut eines Sprechers reicht die Liquidität, um die im September wieder anfallende Zinszahlung über rund 1,6 Millionen Euro zu leisten. 

Doch diese Zusicherung, die das Unternehmen nicht zum ersten Mal geben muss, reicht nicht aus, um die Skepsis der Investoren gegenüber Travel24 zu vertreiben. Ein Punkt, der bei den Geldgebern für Zurückhaltung sorgt: Travel24 weist eine hohe Abhängigkeit gegenüber verbunden Unternehmen aus. Die Bilanz zum 30. September 2015 zeigt, dass die Forderungen gegen nahestehende Unternehmen mit rund 3,6 Millionen Euro mehr als die Hälfte der kurzfristigen Forderungen ausmacht.

Laut des Neunmonatsberichts resultierten außerdem 52 Prozent der Umsätze von 11,6 Millionen Euro aus Transaktionen mit der Unister Travel Betriebsgesellschaft. Unister ist der Mehrheitseigner von Travel24 und mit Stand Ende 2014 rund 74,5 Prozent größter Aktionär. Travel24 fungiert dabei als Vermittler für die Unister Travel Betriebsgesellschaft und erhalt dafür im Rahmen eines Erfüllungsvertrags eine Provision, die laut Geschäftsbericht 2014 „eine wesentliche Ertragskomponente der Travel24 darstellt“. Unister hat zudem Travel24-Anleihen im Volumen von rund 2 Millionen Euro gezeichnet.

Was verbindet Travel24 und die Loet Trading AG?

Das zweite verbundene Unternehmen, mit dem Travel24 eine enge Geschäftsbeziehung pflegt, ist die Schweizer Loet Trading AG, die Ende 2014 rund 16,4 Prozent der Travel24-Aktien hielt und laut des Neunmonatsberichts eine „Zweckgesellschaft“ ist. Jedoch wird sie erst im Neumonatsbericht als solche geführt. Davor wurde die Loet nicht als verbundenes Unternehmen oder nahestehende Person betrachtet. Travel24 nutzt die Loet Trading dazu, Anleihen an Dritte weiter zu veräußern.

Bis zum 31. Dezember 2012 wurden laut Neunmonatsbericht „nach neuesten Erkenntnissen“ bereits 3.406 Anleihen (Nennwert: 3,4 Millionen Euro) durch die Loet Trading an Dritte weitergereicht. Travel24 bilanziert dies als Forderung gegen die Loet Trading unter dem Bilanzposten Forderungen gegen nahestehende Unternehmen. Dieser betrug zum 30. September 2015 rund 2,3 Millionen Euro. Im April 2015 reichte die nicht mit übermäßig viel Kapital ausgestattete Travel24 an die Loet Trading AG zudem ein Darlehen über 2 Millionen Euro aus.

Die Lage bei Travel24 bleibt undurchsichtig

Vor allem wegen dieser ungewöhnlichen Geschäfte ist die Lage bei Travel24 undurchsichtig. Zu diesem Ergebnis kamen auch die Wirtschaftsprüfer von BDO, die dem Reiseportal für den Geschäftsbericht 2014 das Testat verweigerten. Damals hieß es, die Wirtschaftsprüfer konnten kein Prüfungsurteil abgeben, da die in den Unternehmensplanungen verarbeiteten Planungsprämisen „nicht mit hinreichender Sicherheit nachzuvollziehen“ waren. 

Für weitere Unruhe sorgen die derzeit laufenden Strafverfahren gegen verantwortliche Personen der Unister Gruppe. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat zwei Anklagen erhoben. Eine zielt im Kern auf den unerlaubten Vertrieb von Versicherungsprodukten und damit einhergehend auf den Vorwurf der Steuerhinterziehung. 

Die zweite Anklage betrifft das sogenannte „Runterbuchen“. Dabei nutzen Vermittlungsportale Preisunterschiede zwischen dem Buchungseingang des Kunden und der tatsächlichen Buchung bei dem Fluganbieter durch das Portal. Laut eines Sprechers der Dresdner Generalstaatsanwaltschaft sollen dabei Preisvorteile nicht an die Kunden weitergereicht worden sein.

philipp.habdank[at]finance-magazin.de

Info

Der Minibond-Markt bleibt weiterhin geprägt von Sorge. Mit der FINANCE-Themenseite Mittelstandsanleihen bleiben Sie auf dem Laufenden.