Die Maßnahmen der beiden Sanierer Axel Dreher und Brigitte Kurz greifen nicht: In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres sind die Umsätze des Strumpfherstellers Wolford um weitere 9 Prozent eingebrochen. Nun steht für die Österreicher die nächste Kostenrunde an: Deutlich über 10 Millionen Euro wolle man einsparen, heißt es in einer aktuellen Mitteilung des Unternehmens. Das Ausmaß dieser Einschnitte ist erheblich, die geplanten Kostenkürzungen belaufen sich auf fast 10 Prozent des Jahresumsatzes, der im laufenden Jahr sogar auf unter 140 Millionen Euro zurückfallen könnte.
Strategische Wende der Wolford-Führung
Im Zuge des Sparkurses legt die Wolford-Führung auch eine neuerliche strategische Wende hin: Betonte das Modehaus bei seinen jüngsten Umbaumaßnahmen noch seinen Fokus auf die Themen E-Commerce und Digitalisierung, ist davon nun nichts mehr zu hören. Stattdessen wollen die Bregenzer ihre Vertriebsanstrengungen verstärkt nach Asien orientieren.
Um diese Pläne zu verwirklichen, muss Wolford allerdings eine wichtige Hürde überwinden: Das einstige Familienunternehmen braucht erneut die Unterstützung seiner Banken. „Wolford ist mit den finanzierenden Banken in Verhandlungen, um die verfügbaren Mittel zur Bedienung des dafür erforderlichen Liquiditätsbedarfs sicherzustellen“, schreibt Wolford in einer Ad-hoc-Mitteilung vom gestrigen Abend.
Fosun setzte erst 2018 eine Finanzspritze
Dass Wolford schon wieder eine Finanzspritze braucht, kommt überraschend, hatten die Bregenzer doch erst vor einem Jahr frisches Kapital erhalten. Damals übernahm der chinesische Finanzinvestor Fosun, der zuletzt auch Tom Tailor finanziell unter die Arme griff, nicht nur für 37 Millionen Euro Anteile von ausstiegswilligen Großaktionären, sondern pumpte auch noch 22 Millionen Euro an frischem Eigenkapital in die Firma. So konnte Wolford seine stark gesunkene Eigenkapitalquote wieder auf solide 39 Prozent erhöhen (Stand: Ende Oktober 2018). Mit 58 Prozent der Anteile ist Fosun aktueller Mehrheitsaktionär des Wäscheproduzenten.
Die neuen Hiobsbotschaften aus Bregenz legen den Schluss nahe, dass diese Finanzspritze offenbar schon wieder verpufft ist. Die Hoffnungen, die die Wolford-Führung im vergangenen Sommer verbreitet hatte, sind damit zerstoben. Beschrieben Dreher und Kurz damals noch eine Stabilisierung des Geschäfts, sinkende Kosten und eine absehbare Wende bei Cashflow und Ergebnis, musste Wolford schon im Januar eine erneute Gewinnwarnung herausgeben. Das Ziel für die Rückkehr in die Gewinnzone wurde ein weiteres Mal in die Zukunft verschoben, nun auf das Geschäftsjahr 2020/21.
Wolford befindet sich in struktureller Krise
Was die Situation für Wolford so schwierig macht: Die aktuellen Verluste sind keinen Sondereffekten oder einzelnen Managementfehlern geschuldet – das Unternehmen befindet sich in einer strukturellen Krise und auf einer andauernden Talfahrt. Der Umsatz schrumpft seit Jahren, die vergangenen fünf Jahre kämpfte das Unternehmen durchweg mit operativen Verlusten.
Und die Lage verschlimmert sich sogar noch: Allein in den Geschäftsjahren 2016/17 und 2017/18 fuhr der Strumpfhersteller ein negatives Ebit von 25 Millionen Euro ein. Die Kapitalerhöhung durch Fosun drückte die Nettoverschuldung zuletzt zwar auf 25 Millionen Euro etwas herunter. Aber in den beiden abgelaufenen Geschäftsjahren schrieb Wolford sogar auf Ebitda-Basis rote Zahlen.
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.