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Zinswende: CFOs refinanzieren vorzeitig

Die guten Finanzierungskonditionen langfristig gesichert: Der Netzbetreiber 50Hertz hat gerade einen neuen Konsortialkredit abgeschlossen.
50Hertz Transmission GmbH

Die Diskussion um eine mögliche Zinswende lässt auch deutsche CFOs nicht kalt: „Wir erleben im Moment einen richtigen Run auf vorzeitige Refinanzierungen“, sagt Thomas Haas, der bei der BayernLB für syndizierte Kredite zuständig ist. Unternehmen wollen sich die günstigen Finanzierungskonditionen jetzt langfristig sichern. „Nicht nur die Referenzzinsen, auch die Risikoaufschläge, die sich nach der Bonität des Unternehmens richten, sind derzeit auf einem historisch niedrigen Niveau“, sagt Haas.

Banken: Zinswende treibt Anfrage nach vorzeitiger Refinanzierung

An die HypoVereinsbank treten derzeit ebenfalls viele Unternehmen mit dem Wunsch nach einer vorzeitigen Refinanzierung heran, sagt Stefan Karg, Leiter Corporate Treasury Sales Bayern Süd: „Seit drei bis vier Wochen haben wir sehr viele Anfragen vorliegen.“

Das ist kein Zufall: Seit rund einem Monat gibt es erste Anzeichen für eine Zinswende auf dem Markt für Staatsanleihen. Die Renditen deutscher Bundesanleihen, die zu Beginn des Jahres zum Teil erheblich ins Negative gerutscht waren, steigen wieder: Die zehnjährige deutsche Bundesanleihe pendelt aktuell bei rund 0,6 Prozent.

Niedrigzinsen: Refinanzierungszyklen werden kürzer

Die meisten Ökonomen sehen in dem Zinsanstieg zwar eher ein temporäres Phänomen oder die Korrektur eines extremen Ausschlags als eine Trendwende, viele CFOs scheinen jetzt aber schnell noch einmal zuschlagen zu wollen. „Wir erleben derzeit immer kürzere Refinanzierungszyklen“, sagt Haas. Zum Teil würden Finanzierungen schon nach anderthalb Jahren wieder aufgelöst und zu günstigeren Konditionen refinanziert.

So hat es etwa der mittelständische Chemiehersteller Nabaltec gemacht: Die Bayern haben große Teile ihres 2013 begebenen 50-Millionen-Euro-Schuldscheindarlehen Ende April vorzeitig gekündigt und mit einem neuen, auf 70 Millionen Euro aufgestockten, Darlehen billiger refinanziert.

Hohe Kosten müssen CFOs dabei nicht befürchten: Konsortialkredite werden in aller Regel variabel verzinst, hier fallen keine Vorfälligkeitsentschädigungen bei vorzeitiger Kündigung an. Das gilt auch für variabel verzinste Schuldscheindarlehen. Bei festverzinsten Papieren wird es dagegen schwieriger, wenn sich CFOs keine Call-Option haben einräumen lassen. Rückkaufprogramme sind bei Investoren nicht beliebt.

Dreimonats-Euribor bleibt negativ

Bei allen Diskussionen um die Zinswende: Die Bewegung auf den Märkten für Staatsanleihen ist in der Unternehmensfinanzierung bislang noch nicht angekommen. Der Dreimonats-Euribor, wichtiger Referenzzinssatz für variabel verzinste Finanzierungen, ist seit April kontinuierlich im negativen Bereich. Dass sich dies bald ändert, scheint angesichts kurzfristig verstärkter Anleihekäufe der EZB auch eher unwahrscheinlich. Die Risikoaufschläge wiederum dürften angesichts des eskalierenden Preiswettbewerbs der Banken um die Firmenkunden ebenfalls erst einmal niedrig bleiben.

Während hier kaum noch Spielraum nach unten ist, geht der Blick der CFOs auf andere Aspekte der Kreditverträge: „Hinsichtlich der Zinsmarge sehen wir eine Bodensatzbildung“, sagt der Debt Finance-Banker Torsten Müller von Barclays: „Dafür rücken jetzt andere wesentliche Bestandteile der Kreditverträge stärker in den Verhandlungsfokus: Dazu gehören insbesondere die Laufzeiten, die Lockerung der Financial Covenants, günstiger bemessene Ziehungsgebühren bei Inanspruchnahme des Darlehens sowie größere Spielräume bei den Baskets.“

So hat sich der Netzbetreiber 50Hertz bei seinem neuen fünfjährigen Konsortialkredit über 750 Millionen Euro nicht nur bessere Konditionen verschafft, sondern auch zwei Verlängerungsoptionen über jeweils ein Jahr mit den Banken verhandelt. Für CFOs könnte die Verhandlungsposition derzeit kaum komfortabler sein.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de