Die groß angekündigte Sommeroffensive am deutschen IPO-Markt ist kläglich versandet. Aus dem Trio der drei großen Börsenkandidaten aus der Hand von PE-Investoren – Kion, Springer Science und Deutsche Annington – hat es nur Kion an die Börse geschafft. Gestern am späten Abend gab der PE-Investor Terra Firma bekannt, den Börsengang der Immobilienfirma Deutsche Annington auf Eis zu legen. Der Rückzug hatte sich angedeutet. In den vergangenen Tagen verdichteten sich die Gerüchte, dass das Orderbuch nicht gut gefüllt sei und die Preisspanne für die Annington-Aktien zu hoch.
„Es scheint der Wurm drin zu sein“, sagt Berenberg-Kapitalmarktchef Oliver Diehl in einer aktuellen Sondersendung zum Thema Börsengänge bei FINANCE-TV. Die Schuld für die „enttäuschende“ Sommersaison sieht Diehl in dem volatilen Börsenumfeld. Auch die Kion-Aktie war unmittelbar nach der ersten Kursfeststellung unter den Ausgabekurs gerutscht und notiert seitdem darunter. Der Mitte April an die Börse gebrachte Chemiekonzern Evonik liegt inzwischen sogar über 20 Prozent hinter dem Kurs zurück, den die Erstinvestoren im Zuge des Börsengangs an die Alteigentümer CVC Capital Partners und die RAG-Stiftung gezahlt hatten.
Diehl: Bookbuilding-Fristen für Börsengänge zu lang
Diehl nannte im Gespräch mit FINANCE-TV neben den schwankenden Börsen noch zwei weitere Gründe, die seiner Meinung nach dazu beitragen, dass es mit den Börsengängen seit Jahren nicht klappt: die zu langen Bookbuilding-Fristen und den mangelnden Durchhaltewillen mancher Börsenaspiranten – vor allem Familienunternehmen fehle oft der Mut, einen angestoßenen Börsengang auch einfach mal durchzuziehen, kritisierte Diehl. Das letzte Familienunternehmen, das es an die Börse schaffte, ist der Leuchtenhersteller Hess, der allerdings nur wenige Monate nach dem IPO in einem eklatanten Bilanzskandal unterging und inzwischen insolvent ist.
Zudem hält Diehl die bei den meisten IPOs übliche Bookbuildingspanne von 14 Tagen für zu lang. „Es geht auch in sieben Tagen“, meint der Banker und verweist auf den Börsengang von Talanx, der im vergangenen Jahr nach einem gescheiterten ersten Anlauf einige Wochen später im Hauruckverfahren mit kurzer Orderzeit unter anderem von der Berenberg Bank doch noch an die Börse gehievt werden konnte. Doch ganz könnten Börsenaspiranten auf das Börsenschwankungen scheinbar ungeschützt ausgesetzte Bookbuilding nicht verzichten, warnt IPO-Experte Diehl: „Die Masse der Investoren geht nun mal über ein Bookbuilding.“
Ein PE-Investor ist der einzige Gewinner
Nach dem Rückzug der Deutschen Annington herrscht nun Katzenjammer auf dem Parkett. Neue interessante Börsenaspiranten sind nicht in Sicht, und auch nach der Sommerpause dürfte das Marktumfeld nicht wesentlich stabiler sein als in den ersten Monaten dieses Jahres. Der einzige Gewinner der aktuellen IPO-Saison ist der PE-Investor EQT. Die Schweden nutzten die Option eines Börsengangs geschickt aus, um die Kaufinteressenten für ihr Portfoliounternehmen Springer Science aus der Reserve zu locken.
Als der Börsengang unmittelbar bevor stand, gab der britische PE-Investor BC Partners schließlich nach und erhöhte sein Kaufangebot für Springer Science von 3,0 auf 3,3 Milliarden Euro. EQT hat sein Ziel erreicht – Kion und die Deutsche Annington samt ihrer Eigentümer und Managementteams nicht.