Knapp zwölf Jahre nach dem Börsendebüt steht das Hamburger Logistikunternehmen VTG vor dem Börsenrückzug. VTG betreibt eine Flotte von über 94.000 Zugwaggons und beschäftigt 1.500 Mitarbeiter. Der Großaktionär Warwick – ein Beteiligungsvehikel des Infrastrukturfonds der US-Investmentbank Morgan Stanley – bietet allen noch ausstehenden Aktionären 53 Euro pro Aktie, anschließend soll das Delisting folgen. Warwick hält derzeit rund 71 Prozent der VTG-Anteile. Für die ersten erworbenen 29 Prozent hatte Warwick im Oktober 2016 noch 29 Euro pro Aktie bezahlt.
Das Abfindungsangebot entspricht einem Aufschlag von 7 Prozent gegenüber dem Xetra-Schlusskurs vom Freitag – und es ist ein Milliardendeal. VTG kommt auf eine Marktkapitalisierung von etwas mehr 1,5 Milliarden Euro und eine Nettofinanzverschuldung inklusive Pensionslasten von 1,75 Milliarden Euro. Daraus errechnet sich ein Transaktionsvolumen von 3,3 Milliarden Euro. Beraten wird Morgan Stanley von JP Morgan und der Kanzlei Sullivan & Cromwell.
Morgan Stanley macht VTG Zugeständnisse
Parallel dazu lanciert das SDax-Unternehmen eine Kapitalerhöhung über 290 Millionen Euro, um damit eine 2015 begebene Hybridanleihe abzulösen. Diese Kapitalerhöhung dürfte Warwick dabei helfen, den Anteil an VTG noch weiter auszubauen. „Seit dem Vollzug des freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots der Warwick Holding am 19. Dezember 2018 ist der öffentliche Aktienmarkt als Finanzierungsoption für die VTG weniger sinnvoll“, erklärte VTG in einer Pressemitteilung. Weniger als 14 Prozent der Aktien befänden sich noch im Streubesitz.
Daher unterstützt nun auch die VTG-Führung die Delisting-Bemühungen des Hauptaktionärs, nachdem sie das erste Übernahmeangebot von 53 Euro im vergangenen Dezember noch als zu niedrig abgelehnt hatte.
Im Gegenzug macht Morgan Stanley dem Unternehmen und dessen Mitarbeitern konkrete Zusagen: Bis zum Ablauf der Hauptversammlung 2022 soll der Aufsichtsrat weiterhin mit einem unabhängigen Vorsitzenden und mindestens zwei weiteren unabhängigen Mitgliedern besetzt sein. Außerdem soll es bis dahin keinen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geben. Der Wechsel der Rechtsform soll bis 2021 ausgeschlossen werden, und Hamburg soll Hauptsitz des Waggonvermieters bleiben.
Finanzinvestor Omers kommt hinzu
Einen Teil der Mittel für die Komplettübernahme steuert der Infrastrukturinvestor Omers bei, der Pensionsgelder kanadischer Angestellter verwaltet. Omers könnte dafür womöglich eine Beteiligung an Warwick in nicht genannter Höhe erhalten. Und noch ein dritter Finanzinvestor gesellt sich zu den künftigen Eigentümern von VTG: Die Joachim Herz Stiftung der gleichnamigen Unternehmerfamilie hat erklärt, ihre VTG-Aktien im Rahmen des Delisting-Angebots nicht anzudienen. Die Herz Stiftung wird also beteiligt bleiben und der zweite Minderheitsgesellschafter neben Omers werden, wenngleich nicht bei Warwick, sondern auf Ebene von VTG selbst.
„Wir sind überzeugt, dass VTG als nicht börsennotiertes Unternehmen am besten für die Zukunft positioniert ist. Als solches kann VTG bei strategischen Entscheidungen einen längerfristigen Ansatz verfolgen, unabhängig von Stimmungen am Aktienmarkt. Zudem erhält das Unternehmen Zugang zu verschiedenen attraktiven Finanzierungsmöglichkeiten“, wirbt Markus Hottenrott, Chief Investment Officer von Morgan Stanley Infrastructure Partners, für den Deal.