Der Absturz kommt also doch nicht: Die Überlegungen, ob der Boom am Schuldscheinmarkt ein Ende gefunden hat, können erst einmal zur Seite geschoben werden. Das dritte Quartal in diesem Jahr war eines der aktivsten, die es im Schuldscheinmarkt je gegeben hat. Eine Übersicht über die Entwicklung des Marktes finden Sie im aktuellen FINANCE-Schuldschein-Update, das der Datenanbieter Refinitiv (früher Thomson Reuters LPC) exklusiv für FINANCE aufbereitet und das MeinFINANCE-Nutzer hier kostenlos herunterladen können.
Insgesamt wurden im dritten Quartal Schuldscheine über 7,8 Milliarden Euro emittiert. In den ersten drei Monaten zum Jahresbeginn wurden lediglich 5,3 Milliarden Euro platziert, im zweiten Quartal sogar nur 3,7 Milliarden Euro. Auch mit Blick auf die Deal-Zahl zeigt sich die gestiegene Aktivität. In den ersten zwei Quartalen gab es 32 beziehungsweise 35 Deals. Im dritten stieg die Zahl auf 47.
Ausländische Emittenten stürmen Schuldschein-Top-10
Die hohe Aktivität am Schuldscheinmarkt sorgt auch für ordentlich Wirbel in den Top 10 der größten Deals des Jahres. An der Spitzenposition von Rewe mit einem Schuldschein über 1 Milliarde Euro aus dem ersten Quartal konnte zwar niemand rütteln, doch dahinter gibt es einige Neuzugänge.
Von den elf größten Schuldscheinen diesen Jahres stammen sieben aus der Hand ausländischer Emittenten.
Vor allem ausländische Emittenten platzierten in den vergangenen Monaten großvolumige Schuldscheine: Eurofins Scientific, ein in Frankreich börsennotierter Spezialist für Laboranalysen, schiebt sich mit einem Schuldschein über 550 Millionen Euro auf Platz 2 der Liste. Direkt dahinter schließt sich das italienische Chemie-, Kunststoff- und Kautschukunternehmen Pirelli an, das einen Schuldschein in Höhe von 525 Millionen Euro abschloss.
Von den elf größten Schuldscheinen diesen Jahres stammen sieben aus der Hand ausländischer Emittenten. Neben französischen und italienischen sind auch österreichische, belgische und Schweizer Unternehmen vertreten.
Bondemittenten drängen in den Schuldscheinmarkt
Ein Grund für die hohe Aktivität am Schuldscheinmarkt seit der Sommerpause dürfte die steigende Volatilität am Bondmarkt sein. In den vergangenen Wochen mussten dort einige Unternehmen ihre Anleiheemissionen verschieben, der Schuldscheinmarkt präsentiert sich hingegen weiter stabil. Dadurch dass Schuldscheine in der Regel nicht gehandelt werden, ist der Markt weniger anfällig gegenüber kurzfristigen Stimmungsschwankungen an den Finanzmärkten. Das Immobilienunternehmen Ado Properties hatte beispielsweise ursprünglich eine Anleiheemission avisiert, entschied sich dann aber kurzfristig für den Schuldscheinmarkt.
Insgesamt zapften in den vergangenen Wochen viele Unternehmen den Markt an, die auch am Bondmarkt aktiv werden können. So platzierte zum Beispiel die Deutsche Post im September einen Schuldschein über 500 Millionen Euro. Auch Tui hatte im Sommer den Schuldscheinmarkt mit einem Papier über 425 Millionen Euro angezapft.
Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg hat gerade der Einstieg von Investmentgrade-Häusern das Preisniveau am Schuldscheinmarkt weiter gesenkt. Die Deutsche Post oder Puma (Schuldschein über 160 Millionen Euro) konnten demnach fünfjährige Tranchen zu einem Preis von 45 Basispunkten unterbringen. Im vergangenen Jahr hat laut Bloomberg kein Emittent weniger als 50 Basispunkte bezahlt.
Unicredit löst Helaba ab
Auch mit Blick auf die begleitenden Banken hat das dritte Quartal einige Veränderungen mit sich gebracht, wenn auch nicht an der Spitzenposition. Die verteidigt nach wie vor die LBBW mit einem Marktanteil von knapp 25 Prozent. Die Stuttgarter haben in diesem Jahr schon 41 Schuldscheine an den Markt gebracht.
Auf Platz 2 folgt nun die Unicredit mit einem Marktanteil von 11,3 Prozent und 21 begleiteten Deals. Sie löst die Helaba ab, die nach dem ersten Halbjahr noch auf Rang 2 lag. Die Hessische Landesbank rutscht mit rund 10,6 Prozent Marktanteil und 22 begleiteten Deals auf Platz 4 ab. Dazwischen liegt die BayernLB, die die DZ Bank verdrängt hat, mit einem Anteil von rund 10,7 Prozent und ebenfalls 22 begleiteten Deals.
Die LBBW verteidigt ihre Spitzenposition mit einem Marktanteil von knapp 25 Prozent.
Blickt man auf die Rangfolge im Vergleich zum dritten Quartal des Vorjahres, zeigt sich ein ähnliches Bild: LBBW und BayernLB verteidigten ihre Plätze, die Unicredit machte einen Sprung um zwei Ränge nach vorne, die Helaba rutschte entsprechend zurück. Im Großen und Ganzen entwickeln sich die Marktpositionen der führenden Emissionshäuser aber stabil.
Schuldscheinmarkt nimmt 20-Milliarden-Marke ins Visier
Ob der Schuldscheinmarkt in den kommenden Wochen ebenso aktiv bleiben wird wie im dritten Quartal ist offen. Klar ist, dass im weiteren Jahresverlauf die 20 Milliarden-Marke fallen wird. Das Gesamtvolumen lag Ende September schon bei 16,7 Milliarden Euro bei 114 Transaktionen, und seitdem setzte sich die rege Emissionstätigkeit fort, mit weiteren bekannten Debütanten wie etwa Bechtle. Der Abstand zur Rekordmarke des Vorjahres von 28,8 Milliarden Euro und 161 Deals ist allerdings groß.
Info
Die größten Deals, die aktivsten Banken: Alle wichtigen Infos auf einen Blick im FINANCE-Schuldschein-Update, hier kostenlos verfügbar ist. Die Daten werden von Refinitiv, früher Thomson Reuters LPC, exklusiv für FINANCE zusammengestellt.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.