Stattliche Prämie für die Privatisierung von Artnet
Es wurde bereits spekuliert, welcher Finanzinvestor mit dem Online-Dienstleister für den Kunsthandel, Artnet, liebäugelt. Nun liegt ein Angebot offiziell auf dem Tisch: Beowolff Capital hat ein freiwilliges öffentliches Übernahme- und Delisting-Angebot für Artnet angekündigt. Die beiden Unternehmen sehen nach eigenen Angaben eine gemeinsame Strategie für Artnet „in einem privaten Marktumfeld“ vor.
Beowolff Capital bietet 11,25 Euro je Artnet-Aktie. Die Offerte kann sich sehen lassen, denn sie entspricht einer Prämie von 97 Prozent auf den unbeeinflussten Xetra-Schlusskurs vom 3. März – also dem, Tag bevor die Meldungen über ein mögliches Übernahmeangebot durch Dritte die Runde machten. Diese Transaktion, die Artnet mit etwa 65 Millionen Euro bewertet, ist der größte M&A–Deal im deutschsprachigen Kunstmarkt, wie Ankeraktionär Weng Fine Art verlauten ließ.
Dessen 29,9 Prozent an Artnet hat sich Beowolff bereits für 15 Millionen Euro gesichert. Beowolff hält somit bereits 65 Prozent des Grundkapitals von Artnet. Mit dem Deal will sich Beowolff Capital nach eigenen Angaben als führende Investmentgesellschaft im Kunstmarkt etablieren. Rückenwind für die Transaktion erhält der Finanzinvestor vom Vorstand und Aufsichtsrat von Artnet. Beowolff finanziert das Angebot vollständig mit Eigenmitteln. Kirkland berät Beowolff Capital bei dem Übernahme- und Delisting-Angebot. Noerr steht Artnet beratend zur Seite.
Metro stärkt den Bereich Systemgastronomie
Der Handelskonzern Metro erweitert seine Marktpräsenz in der Systemgastronomie mit der Übernahme der GVS Group, einem deutschen Anbieter von Logistikinfrastruktur im Foodservice-Bereich. Diese Akquisition ermöglicht es Metro, seine Position im Belieferungsgeschäft zu festigen und das Wachstum in diesem Segment zu beschleunigen. GVS erwirtschaftet etwa 80 Prozent seines Umsatzes in der Systemgastronomie und betreibt drei Multi-Temperatur-Warenlager in Deutschland. Mit der Integration von GVS in das Portfolio will Metro Synergien in der Logistik und Beschaffung heben. Dabei soll GVS weiterhin unter seiner etablierten Marke operieren.
Mit der Übernahme der GVS Group plant Metro zudem, die bestehende Logistikinfrastruktur zur Unterstützung der Expansion von GVS in Deutschland und Europa zu nutzen. Metro selbst bedient nach eigener Aussage weltweit über 15 Millionen Kunden und setzt auf einen Multichannel-Ansatz.
Victrix-Gruppe übernimmt Markenrechte von Gerry Weber
Der spanische Modehändler Victrix übernimmt die insolvente deutsche Damenmodemarke Gerry Weber im Rahmen eines Asset-Deals. Der vorläufige Gläubigerausschuss der Holding Gerry Weber International habe dem Konzept von Victrix zugestimmt, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Unternehmen. Auch der vorläufige Sachwalter Lucas Flöther unterstützt demnach den Deal zur Übertragung der Markenrechte. Über die wirtschaftlichen Details wurde Stillschweigen vereinbart.
Die Victrix-Gruppe plant den Neustart von Gerry Weber innerhalb der eigenen Strukturen. Bereits die Q4-Kollektion soll im eigenen Netzwerk erstellt werden. Nach jetzigem Stand wird Gerry Weber dann künftig über Multimarkenhändler in Deutschland und weiteren europäischen Ländern angeboten. Damit einher geht das Aus für die hauseigenen Läden, die in den kommenden Monaten nach den üblichen Abverkäufen geschlossen werden sollen. In Deutschland betreibt Gerry Weber derzeit noch etwa 40 Shops und Outlets.
Die Victrix-Gruppe, die mit ihrer Kernmarke Punt Roma im gleichen Segment wie Gerry Weber aktiv ist, will mit dem Asset-Deal ihre Position im gehobenen Mittelpreissegment stärken, „vor allem in Mittel- und Osteuropa, wo Gerry Weber eine hohe Bekanntheit hat“, wie es heißt.
Kühne + Nagel stärkt Präsenz auf der Iberischen Halbinsel
Der Logistikkonzern Kühne + Nagel hat eine Vereinbarung zur Übernahme von Transporte y Distribución Nacional, einem spanischen Anbieter von Straßenlogistikdiensten mit Sitz in Madrid, getroffen. Diese strategische Akquisition soll das europäische Stückgutnetzwerk von Kühne + Nagel erheblich erweitern. Transporte y Distribución Nacional beschäftigt über 600 Mitarbeiter und hat im Jahr 2024 mehr als 1 Million Sendungen abgewickelt.
Mit 45 Terminals und einer Flotte von über 700 Fahrzeugen bedient das Unternehmen mehr als 200 tägliche Routen in Spanien, den Balearen, den Kanaren und Portugal. Die Übernahme werde unmittelbar gewinnsteigernd sein und das bestehende Straßenlogistikgeschäft von Kühne + Nagel ergänzen, betont der Hamburger Logistiker.
Osram legt Post-M&A-Rechtsstreit nach 17 Jahren ad acta
Vergleich nach 17 Jahren: Der Chip-Konzern AMS-Osram hat einen juristischen Vergleich im Streit um Technologie-Klau im Zusammenhang mit der Übernahme von Texas Advanced Optoelectronic Solutions (Taos) im Jahr 2011 erzielt. Der japanische Chip-Konzern Renesas zahlt 51,7 Millionen US-Dollar an AMS-Osram.
Der Konflikt entbrannte 2008, nachdem damals Fusionsgespräche zwischen Taos und Intersil Corporation ohne Einigung beendet worden waren. Während dieser Gespräche gab Taos proprietäre Technologie an Intersil weiter. Obwohl Intersil später die Vernichtung der vertraulichen Materialien bestätigte, brachte das Unternehmen anschließend ein Konkurrenzprodukt auf den Markt, das die Geschäftsgeheimnisse von Taos, heute AMS-Osram, enthielt, was zu erheblichen geschäftlichen Verlusten führte, wie Osram betonte.
AMS-Osram übernahm den Rechtsstreit 2011 mit der Übernahme von Taos. Renesas wiederum erwarb Intersil 2017. „Diese Entscheidung bestätigt unser langjähriges Engagement für den Schutz von Innovationen“, sagte Osram-CFO Rainer Irle. Unterstützt wurde Osram dabei von der Kanzlei Munck Wilson Mandala.
Thyssenkrupp plant Zerschlagung
Thyssenkrupp steht vor einem radikalen Umbau: Der Industriekonzern plant, alle Geschäftsbereiche schrittweise zu verselbstständigen und für externe Beteiligungen zu öffnen. Die Thyssenkrupp AG soll künftig als strategische Führungsgesellschaft agieren, während die einzelnen Sparten eigenverantwortlich operieren. Eine Ausnahme bildet die Stahlsparte, für die ein Joint Venture mit der Holding des tschechischen Milliardärs Daniel Křetínský geplant ist. Auch die U-Boot-Tochter Thyssenkrupp Marine Systems soll in einem Teilbörsengang gelistet werden. Ziel ist es, die unternehmerische Flexibilität zu erhöhen und Investitionsvorhaben zu stärken.
Der Umbau von Thyssenkrupp orientiert sich am Vorbild des Wasserstoff-Spezialisten Thyssenkrupp Nucera, der bereits eigenständig agiert. Die Segmente Materials Services, Automotive Technology und Decarbon Technologies sollen ebenfalls kapitalmarktfähig aufgestellt werden. Vorstandschef Miguel López betont, dass die Eigenständigkeit der Segmente deren Wachstumschancen verbessern wird. Er selbst lehnt auch den Begriff der Zerschlagung, ab, wie der Manager betont. Denn bei sämtlichen Aktivitäten – Stahl ausgenommen – strebe man aber eine Mehrheitseigentümerschaft an. „Wir behalten also die Kontrolle“, sagte López nach Bekanntgabe der News in einem Interview der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“.
Weitere M&A-Deals
Die Nivea-Mutter Beiersdorf geht eine strategische Partnerschaft mit Vincere Biosciences ein, um neue Hautpflegeprodukte zu entwickeln. Der Fokus liegt auf Mitophagie, einem Prozess zur Förderung der Zellgesundheit und Bekämpfung der Hautalterung, wie die Hamburger erklären. Beiersdorf bringt seine Expertise mit dem Coenzym Q10 ein, während Vincere an der Hemmung des Enzyms USP30 arbeitet, das die Entfernung beschädigter Mitochondrien blockiert. Diese Zusammenarbeit könnte nach eigenen Angaben auch Auswirkungen auf neurodegenerative Erkrankungen haben.
Surfunction, Spezialist im Bereich laserbasierter Oberflächenveredelung, hat Surcoatec übernommen. Diese Akquisition schafft laut den Unternehmen einen neuen europäischen Innovationsführer für intelligente Oberflächenlösungen. Das kombinierte Technologieportfolio umfasst DLIP-basierte Mikro- und Nanostrukturierung sowie physikalische und chemische Hochleistungsbeschichtungen. Der Standort in Düren bietet eine industrielle Infrastruktur für Serienfertigung und Qualitätssicherung. Capnamic hat Surfunction bei diesem Deal als Investor unterstützt.
M&A-Berater-News
Baker McKenzie wächst in der Transaktionsberatung. Die Kanzlei baut ihr M&A- und Private-Equity-Team in Deutschland mit Jan Schubert aus. Er startet am 1. Juni als neuer Partner im Frankfurter Büro. Schuberts Expertise liegt in nationalen und internationalen Unternehmenstransaktionen, insbesondere in den Bereichen Technologie, E-Commerce und Gesundheitswesen. Zuvor war er Partner bei Gibson Dunn. Diese Verstärkung ist Teil der globalen Expansionsstrategie von Baker McKenzie, die in den letzten zwölf Monaten über 35 neue Partner an wichtigen Finanzplätzen umfasste.
Oaklins Germany erweitert seine Präsenz in Frankfurt mit Roman Debald als neuem Managing Director. Debald bringt fast 20 Jahre Erfahrung in der Corporate-Finance-Beratung mit und war zuvor bei Houlihan Lokey tätig. Er wird den Standort gemeinsam mit Torsten Aul ausbauen und die Private Equity Practice sowie den Sektor Safety & Security leiten. Zu seinen jüngsten Projekten zählen der Verkauf von Vision-Box an Amadeus IT und der Erwerb von U-Power durch NB Renaissance. Oaklins Germany sieht in Debalds Einstieg einen wichtigen Schritt zur Stärkung seiner Industriekompetenz.
Oaklins Germany beruft Head of Debt Advisory
Mayer Brown vergrößert sein Private-Equity- und M&A-Team in Deutschland mit dem Zugang von Octávio de Sousa als Partner. De Sousa wird ab Juni in Frankfurt starten und bringt Erfahrung in der Beratung von Private-Equity-Fonds und Family Offices mit. Zuvor war er fast zehn Jahre bei Reed Smith tätig, zuletzt als Managing Partner in Frankfurt. Zu seinen jüngsten Beratungsprojekten zählen Transaktionen für Vendis Capital, All Seas Capital, Main Capital und EMK Capital.
Deals in Verhandlung
Die europäische Bankenaufsicht wird eine mögliche Übernahme der Commerzbank durch die italienische Großbank Unicredit genau unter die Lupe nehmen. Laut Michael Theurer von der Bundesbank ist die bereits genehmigte Aufstockung auf 29,9 Prozent abgeschlossen, doch alle Anteilszukäufe darüber hinaus würden eine weitere, sorgfältige Prüfung nach sich ziehen, betont Theurer gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“. Bei großen grenzüberschreitenden Fusionen bleibt das Thema „Too big to fail“ relevant, insbesondere im Hinblick auf systemische Risiken und den Staatsanleihe-Bestand der Banken.
M&A-Gerüchteküche
Salzgitter, Deutschlands zweitgrößter Stahlkonzern, soll den Verkauf seiner Tochtergesellschaft KHS, die auf Abfüll- und Verpackungsanlagen spezialisiert ist, planen. Der mögliche Verkauf könnte KHS mit bis zu 1 Milliarde Euro bewerten. Diese Überlegungen sollen im Rahmen eines umfassenden Konzernumbaus stattfinden, der die Umstellung auf nahezu CO2-freie Stahlproduktion bis 2033 ermöglichen soll, wie die Nachrichtenagentur Reuters schreibt. Demnach sollen die Pläne in einem frühen Stadium sein, es gebe noch keinen formellen Prüf- oder Verkaufsprozess, so Reuters. Salzgitter selbst wollte sich nicht äußern.
Was der Konzern aber bekanntgab ist, dass Salzgitter ihre 100-prozentige Tochtergesellschaft Salzgitter Mannesmann Stahlhandel Austria an die ECCO-Gruppe verkauft. Salzgitter Mannesmann Stahlhandel mit Sitz in Graz und Gratkorn erzielt einen Jahresumsatz von rund 60 Millionen Euro und beschäftigt rund 84 Mitarbeiter.
Info
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Melanie Ehmann ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen am M&A- und Private-Equity-Markt. Sie hat Politikwissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt studiert. Vor FINANCE arbeitete Melanie Ehmann sechs Jahre in der Redaktion des Platow Verlags, zunächst als Volontärin, später als Wirtschaftsjournalistin im Platow Brief und den Sonderpublikationen.
