Abgehängter Rivale: Puma im Tief, Adidas obenauf

Nicht einmal zwei Kilometer Luftlinie trennen Adidas und Puma an ihrem Stammsitz in Herzogenaurach voneinander. Wirtschaftlich gesehen liegen inzwischen allerdings Welten zwischen den beiden ewigen Rivalen. Rein gemessen an der Größe der Geschäfte – Adidas kam 2024 auf einen Umsatz von 23,7 Milliarden Euro, Puma auf einen Unternehmens-Rekorderlös von 8,8 Milliarden Euro – sind die Kräfteverhältnisse eindeutig verteilt. Doch seit geraumer Zeit geht auch die wirtschaftliche Entwicklung deutlich auseinander. Adidas setzt wieder auf den Fachhandel Vor allem seit der Manager und ehemalige Profifußballer Bjørn Gulden statt für Puma für Adidas aufläuft, hat sich das Blatt für die Marke mit den drei Streifen gewendet. Experten bescheinigen dem Norweger, seit seinem Amtsantritt als CEO zum Jahresanfang 2023 den Konzern wieder auf Wachstumskurs gebracht zu haben. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Rückbesinnung auf den Fachhandel, der unter Guldens Vorgänger Kasper Rorsted zugunsten des Direktvertriebs vernachlässigt worden war. Ein weiterer ist das brummende Sneaker-Geschäft unter anderem mit den Retromodellen Gazelle und Samba, das Gulden schnell hat hochfahren lassen. Mehr zum Thema Back to cool – wie CFO Ohlmeyer Adidas aufpolieren sollte Bei Adidas jagte eine Gewinnwarnung die nächste, nun hat das Yeezy-Aus das Fass zum Überlaufen gebracht. Ein neuer Chef soll den Sportartikler jetzt retten – und auch CFO Harm Ohlmeyer steht in der Pflicht. Mehr lesen Adidas-CFO Ohlmeyer kurz vor Erreichen des Margenziels „Unsere Marke ist heiß“, gab sich der Adidas-CEO Ende Juli bei der Vorlage der Halbjahresergebnisse entsprechend selbstbewusst. Das kann er auch sein: Der zweitgrößte Sportartikelhersteller der Welt performt aktuell besser als die Konkurrenz. Der Lokalrivale Puma ist zuletzt sogar in die Verlustzone gerutscht. Aber auch bei Adidas ist längst nicht alles rosig. In der Zentrale fallen 500 Stellen weg, und der Konzern soll insgesamt dezentraler aufgestellt werden, um die lokalen Märkte besser zu bedienen und den Produkterfolg aufrechtzuerhalten, wenn die aktuelle Trendwelle abebbt. Bislang reicht aber der Gulden-Effekt, um den Konzern auch durch wirtschaftlich schwierige Zeiten zu tragen. Das Unternehmen sei kerngesund, betonte CFO Harm Ohlmeyer. Das für 2026 angepeilte Mittelfristziel, die operative Marge auf 10 Prozent zu bringen, sei mit derzeit 9,6 Prozent fast erreicht. FINANCE Köpfe Harm Ohlmeyer Adidas AG Mehr lesen Adidas trotz Zollsorgen mit Umsatz- und Gewinnplus Ohlmeyer verantwortet seit 2017 die Adidas-Finanzen und soll das nach der jüngsten Vertragsverlängerung bis Anfang 2028 auch weiterhin tun. Für die ersten sechs Monate des Jahres konnte der CFO allen Konjunktursorgen und dem Zollchaos zum Trotz ansehnliche Zahlen vorlegen – auch wenn einige Analysten mit mehr Umsatz gerechnet hatten. Der Umsatz von Adidas legte um mehr als 7 Prozent auf 12,1 Milliarden Euro zu. Die Geschäfte liefen dabei in allen Märkten und in allen Produktbereichen spürbar besser als im Vorjahr. Negativ wirkten sich dagegen Währungseffekte aus, ebenso wie der Wegfall der Yeezy-Produkte aus der mittlerweile beendeten Kooperation mit dem Skandalrapper Ye (früher: Kanye West). S&P lobt Finanzpolitik von Adidas Ein Teil des Erfolgs lässt sich auf eine simple Formel herunterbrechen: Sind die Produkte angesagt, lassen sie sich auch höherpreisig verkaufen. Adidas-Ware musste zuletzt weniger rabattiert werden. Zudem haben niedrigere Produkt- und Frachtkosten dazu beigetragen, dass CFO Ohlmeyer seinem Profitabilitätsziel nah ist. Unter dem Strich lag der Gewinn aus fortgeführten Geschäftsbereichen bei 811 Millionen Euro – mehr als doppelt so viel wie die 382 Millionen Euro im Vorjahr. Das solide Finanzmanagement bei gleichzeitig gut laufenden Geschäften hat zuletzt auch S&P dazu bewegt, Adidas auf die Note A hochzustufen. Die Ratingagentur geht davon aus, dass der bereinigte Verschuldungsgrad „wegen der guten Geschäftsdynamik, der weiterhin gesunden und nachhaltigen Lagerbestände und einer disziplinierten Finanzpolitik“ unter 1,5x Ebitda bleiben werde. Dieser Wert stand bei Adidas zum Ende des Geschäftsjahres 2024 in den Büchern, Ende Juni lag er mit 1,7x Ebitda leicht darüber. Adidas rechnet mit weiterem Wachstum Laut dem Unternehmen sind zuletzt die liquiden Mittel gesunken. Neben 357 Millionen Euro, die in die Dividendenzahlung flossen, wurde auch im Bereich des Working Capitals investiert. So wurden unter anderem die Vorräte aufgestockt, denn auch in der zweiten Jahreshälfte rechnet Adidas mit weiterem Wachstum. Analyst Felix Dennl vom Bankhaus Metzler erwartet für die Marke mit den drei Streifen in diesem Jahr beim Gewinn gar das branchenweit größte Wachstum: „Das spiegelt sich nicht nur im zugrunde liegenden Geschäft wider, das in der ersten Jahreshälfte in allen Regionen zweistellig währungsbereinigt gewachsen ist, sondern auch in den vollen Auftragsbüchern.“ Neuer Puma-CEO gibt Gewinnwarnung raus Adidas im Aufwind, veritable Krisenstimmung bei Puma: Mittendrin befindet sich CFO Markus Neubrand, der erst im vergangenen Oktober vom Modelabel Guess zu Puma gekommen ist. Nach zehn Monaten im Amt und einem aufgesetzten Effizienzprogramm später arbeitet er nun mit dem zweiten CEO zusammen, um das Ruder herumzureißen. Der bisherige Konzernchef Arne Freundt hatte seinen Posten wegen eines Streits um die richtige Strategie räumen müssen. Sein Nachfolger Arthur Hoeld – bis Oktober 2024 noch Vertriebsvorstand von Adidas – hat direkt nach seinem Amtsantritt im Juli erst einmal Pumas Jahresprognose zusammengestrichen und Wertberichtigungen in der Bilanz vorgenommen. Hoeld sprach von einem Neustart und kündigte eine neue Marken- und Vertriebsstrategie an, die er im Herbst präsentieren will. Markus Neubrand ist seit Oktober 2024 CFO des Sportartikelherstellers Puma. Foto: Christoph Maderer Puma rutscht in die Verlustzone Nachdem der Gewinn des Sportartikelherstellers trotz Rekordumsatz bereits im Vorjahr rückläufig war, schlagen die Probleme mittlerweile voll in der Bilanz durch. Im ersten Halbjahr stagnierten die Umsätze währungsbereinigt bei rund 4 Milliarden Euro, das operative Ergebnis (bereinigtes Ebit) brach auf minus 40,1 Millionen Euro ein. Auf Ebene des Konzernergebnisses summierte sich das Minus auf 246,6 Millionen Euro. Auch für das Gesamtjahr sieht es nicht besser aus: Anstelle des zunächst prognostizierten operativen Gewinns in Größenordnung von 445 bis 525 Millionen Euro, geht Puma nun von einem nicht näher bezifferten Verlust aus. Die währungsbereinigten Umsätze sollen gar im niedrigen zweistelligen Prozentbereich zurückgehen – prognostiziert war bislang ein kleines Umsatzplus. Finanzvorstand Markus Neubrand begründete den Schritt mit der schwachen Topline und der niedrigeren Rohertragsmarge. Puma-CEO Hoeld kündigt neue Markenstrategie an Besonders bitter ist, dass bei Puma das schiefläuft, was den Konkurrenten Adidas auf der Erfolgswelle reiten lässt: Die Produkte verfangen nicht ausreichend, die Beliebtheit der Marke schwindet, meint ein Experte, mit dem FINANCE gesprochen hat. Wie ernst Pumas Produktproblem ist, zeigt sich am Lagerbestand. Dieser summierte sich Ende Juni auf einen Wert von rund 2,2 Milliarden Euro. Trotz umfänglicher Rabattaktionen, die zuletzt den Rohertrag belasteten, ist der Bestand um fast 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. CFO Neubrand begründete dies auch mit mehr Importen in die USA, bevor die Zölle erhöht wurden. Puma baut Stellen ab und schließt Läden Im aktuellen Halbjahresergebnis sind zudem Kosten in Höhe von 85 Millionen Euro aus dem Effizienzprogramm eingepreist. Weltweit fallen 500 Stellen weg, davon 150 in der Konzernzentrale. Zudem sollen unprofitable Läden geschlossen werden. Neuhaus hat angesichts der Unwägbarkeiten die Kriegskasse aufgefüllt: Ende 2024 wurde bereits die revolvierende Kreditlinie (RCF) vorzeitig bis Dezember 2030 verlängert und auf 1,2 Milliarden Euro (zuvor: 800 Millionen Euro) erhöht. Die ungenutzten Kreditlinien beliefen sich Ende Juni insgesamt auf 663,8 Millionen Euro. Ein Schuldschein, der im zweiten Quartal begeben wurde, hat weitere 210 Millionen Euro eingebracht. Millionenbelastungen durch US-Zölle Puma und Adidas haben höchst unterschiedliche Ausgangslagen, um mit den US-Zöllen umzugehen. Beide Anbieter lassen ihre Produkte vorwiegend in asiatischen Ländern wie Vietnam, Indonesien und China produzieren. Trotz Anpassungen in der Lieferkette rechnet Puma-CFO Neubrand in diesem Jahr mit Belastungen von 80 Millionen Euro auf den Rohertrag. Die Exporte von China in die USA sollen noch weiter reduziert werden, zugunsten von Ländern wie Vietnam und Indonesien. Bei Adidas wiederum schlugen allein im zweiten Quartal Kosten in zweistelliger Millionenhöhe zu Buche. Im weiteren Jahresverlauf sollen sich die Kosten um bis zu 200 Millionen Euro erhöhen. CFO Ohlmeyer und CEO Gulden haben deshalb trotz der guten Halbjahresbilanz die Jahresprognose nicht angehoben. Dass sie nur am prognostizierten Betriebsergebnis zwischen 1,7 und 1,8 Milliarden Euro festhalten, straften die Anleger direkt mit weiteren Kursverlusten ab. Seit Jahresbeginn hat die Aktie wegen der Zoll-Querelen fast 30 Prozent eingebüßt. Auch der Primus aus Herzogenaurach ist eben nicht vor den großen Störungen im Welthandel gefeit.

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