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Starug: Unwort oder Erfolgsmodell?

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Der Batteriehersteller Varta ist eine schwere Krise geraten, konnte sich aber mit dem Starug retten. Foto: piter2121 – stock.adobe.com
Der Batteriehersteller Varta ist eine schwere Krise geraten, konnte sich aber mit dem Starug retten. Foto: piter2121 – stock.adobe.com

Das Starug, auch präventiver Restrukturierungsrahmen genannt, ist am 1. Januar 2021 in Deutschland in Kraft getreten. Es stellt dem Schuldner einen umfangreichen Instrumentenkasten für die Unternehmenssanierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens zur Verfügung, mit dem eine schnelle und gezielte Restrukturierung der finanziellen Verbindlichkeiten ermöglicht werden soll. Es ist also in erster Linie für Fälle gedacht, in denen ein Unternehmen Finanzprobleme lösen muss.

Bis dato gab es noch nicht allzu viele Starug-Verfahren. Mit dem recht prominenten Fall Varta und – mehr noch – dem des Automobilzulieferers Leoni hat es das Starug jedoch zu einer gewissen Aufmerksamkeit gebracht.

Für die einen sind die beiden Fälle Beleg dafür, wie sehr das Starug in der Praxis angekommen ist und Krisenunternehmen zu einer zweiten Chance verhilft. Andere wettern gegen eine „Enteignung“ der Anteilseigner, der der Gesetzgeber Einhalt gebieten möge. Grund genug, das Thema im Rahmen des 26. Restrukturierungsbarometers einmal aufzugreifen, das FINANCE in Zusammenarbeit mit dem Beratungshaus Struktur Management Partner (SMP) regelmäßig durchführt.

Starug ist komplex, aber prinzipiell geeignet

Von den 47 Restrukturierungsexperten, die an der Umfrage teilgenommen haben, hat ein Großteil bereits Erfahrungen mit dem Starug gemacht. Mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) hält das Starug zwar für komplex, aber für Unternehmen mit strukturellem Sanierungsbedarf durchaus geeignet.

Ein Viertel der Umfrageteilnehmer stimmt der Aussage zu, das Starug sei ein sinnvolles Instrument zur außergerichtlichen Sanierung. In der Praxis sind viele Unternehmen aber noch zögerlich, da der Rechtsrahmen vergleichsweise neu ist (21 Prozent).

Und – auch das gehört zur Wahrheit: Einige Restrukturierungsexperten nehmen eine missbräuchliche Nutzung des Starug in der Praxis wahr. 17 Prozent der Umfrageteilnehmer (in absoluten Zahlen acht Personen) haben diese Erfahrung ein- beziehungsweise mehrmals gemacht.

Missbräuchliche Anwendung des Starug?

Auf die Frage, welche missbräuchlichen Anwendungsfälle realistisch seien, war die häufigste Nennung, dass Unternehmen versuchen könnten, nur bestimmten Gläubigern Zugeständnisse abzuringen, während andere – etwa strategisch wichtige Partner oder verbundene Unternehmen – bevorzugt behandelt würden (37 Prozent).

Relativ hoch wird auch die Gefahr eingeschätzt, Unternehmen könnten das Starug gezielt als Drohkulisse nutzen, um von Gläubigern bessere Konditionen zu erzwingen – etwa durch die Androhung einer Restrukturierung mit Zwangsmaßnahmen (33 Prozent). Ähnliches gilt für die Möglichkeit, dass Gesellschafter oder Manager sich selbst oder verbundene Unternehmen durch einseitige Regelungen bevorzugen könnten (30 Prozent).

„Das Starug erleichtert Restrukturierungen, bedeutet aber hohe Kosten und Risiken für die Gläubiger“, fasst Georgiy Michailov von Struktur Management Partner die Erfahrungen der Restrukturierungsexperten zusammen.

Die größten Herausforderungen in der praktischen Umsetzung sehen die Befragten in den rechtlichen Anforderungen an die Restrukturierungsplanung. 61 Prozent der Umfrageteilnehmer geben an, diese seien hoch und erforderten viel Expertise. Darüber hinaus seien die Verhandlungen mit den Gläubigern oft schwieriger als gedacht – etwa, weil nicht alle Parteien bereit seien, eine Restrukturierung ohne Insolvenzverfahren mitzutragen. 43 Prozent der Restrukturierungsexperten sind dieser Meinung.

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