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ESG im Finanzbereich: Was nun zu tun ist

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Die zweite Podiumsdiskussion der 19. Structured FINANCE drehte sich um das Thema ESG im Finanzbereich. Fünf Experten haben Stellung bezogen. Foto: F.A.Z. Business Media GmbH/A. Varnhorn & B. Hartung
Die zweite Podiumsdiskussion der 19. Structured FINANCE drehte sich um das Thema ESG im Finanzbereich. Fünf Experten haben Stellung bezogen. Foto: F.A.Z. Business Media GmbH/A. Varnhorn & B. Hartung

Nachhaltigkeit ist vom Nice-to-have zum Must-have avanciert. Angesichts des Klimawandels ist es längst klar, dass sich Unternehmen transformieren müssen. Wie dies am besten gelingt und auch der Austausch zwischen Banken- und Unternehmensseite erfolgreich wird, diskutierten fünf Experten auf der 19. „Structured FINANCE“ vergangenen Donnerstag.

Erfolgreiche ESG-Strategien fußen auf Datenpflege

Einig waren sich die Gesprächspartner darüber, dass sich die ESG-Thematik zwar schon lange nicht mehr in den Kinderschuhen befinde. Viele Unternehmen haben bereits damit begonnen, Nachhaltigkeit in ihre Unternehmensstrategie zu integrieren. Dennoch stünde man noch am Anfang einer langjährigen Lernkurve, die sehr steil verlaufe. „Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist ein gutes Datenmanagement und eine gute Datenanalyse“, hielt Joachim Erdle, der den Bereich Corporate Finance bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) verantwortet und als Unternehmenskundenvorstand Karl Manfred Lochner nachfolgen wird, eingehend fest.

Matthias Herrmann, Geschäftsführer und CFO von Helrom, pflichtete ihm bei. „Das Datensammeln ist Teil unserer Unternehmens-DNA, das hilft zu wissen, wo wir stehen“. Sein Unternehmen ermöglicht die einfache Verladung von Lkw-Trailern auf die Schiene, wodurch sich CO2 einsparen lässt. Helrom erfasst alle Emissionen, die so eingespart werden. Und auch alle, die es selbst verursacht – bis hin zur Taxifahrt zum Messegelände der „Structured FINANCE“. Herrmanns Rat an andere Unternehmen: „Der erste Schritt Richtung Nachhaltigkeit ist, das eigene Geschäftsmodell neu zu beleuchten. Man muss sich fragen, welche Art der Transformation es braucht.“

„Reporting-Sammelsurium“ belastet Unternehmen

Die Runde diskutierte auch über die Herausforderungen, die die ESG-Reporting-Anforderungen mit sich bringen. „Derzeit herrscht ein Reporting-Sammelsurium“, betonte Eva Meyer, Chief Sustainability Officer und Head of Company Engagement Germany bei der BNP Paribas. Einig war sich die Runde allerdings darin, dass eine hohe Transparenz an Daten für alle Marktteilnehmer notwendig ist, um die notwendige Vergleichbarkeit und Messbarkeit herzustellen.

Erich Suess,Managing Director und Partner bei der Boston Consulting Group, sprach sich dabei für eine Fokussierung aus: „Banken und Unternehmen sollten sich im ersten Schritt auf E fokussieren, jedoch ohne S und G zu vergessen“. Die Rettung des Klimas bleibe weiterhin die größte Herausforderung bei der Transformation der Wirtschaft.

Kommunikation ist zwischen Playern entscheidend

Allgemein sind sich die Experten einig, dass die Kommunikation über Nachhaltigkeit zwischen Finanzinstituten und Unternehmen weiter verbessert werden muss. Das ESG-Reporting am Ende so verschrien ist wie das leidige KYC-Thema, gilt es zu vermeiden. „Viele Unternehmen wissen nicht, welche Daten von den Banken überhaupt für Finanzierungen benötigt werden“, beschrieb Tim Buchholz, Senior ESG Originator der DZ Bank, ein häufiges Problem.

„Wir müssen regulatorische Vorgaben an die Kunden weitergeben und dabei selbstkritisch die Effizienz der Prozesse im Verhältnis zu unseren Kunden im Auge behalten“, erläuterte LBBW-Banker Erdle. Parallel dazu richtete DZ-Banker Buchholz die Aufforderung an die Unternehmen, klar die eigenen Ziele anzugeben und sich in den offenen Dialog mit Partnern zu begeben. Die Tendenz zum sogenannten Green Hushing, also dem Verschweigen nachhaltiger Aktivitäten aus Angst vor Greenwashing-Vorwürfen, sieht die Runde mit Bedenken.

ESG: Preismechanismus wird sich herausbilden

Zum Schluss diskutierte das Panel über die Entwicklung eines Preismechanismus, der nachhaltige Unternehmen in der Finanzierung begünstigt. In einer Umfrage unter den anwesenden Treasurern und CFOs wurde deutlich, dass knapp über 50 Prozent der Befragten davon ausgehen, dass sich die Finanzierungskosten für nicht nachhaltige Unternehmen leicht erhöhen werden. Rund 40 Prozent der Befragten gehen sogar von einem deutlichen Anstieg aus.

Helrom-CFO Herrmann sieht vor allem den Regulator am Zug, einen solchen Mechanismus zu entwickeln. Von Seiten der Banken war zu hören, dass die Geldinstitute schon intensiv daran arbeiten, ESG-Kriterien in ihre Risikomodelle aufzunehmen. „Wir sind als Banken gewohnt, in die Vergangenheit zu blicken, doch jetzt benötigt es neue Parameter und Gewichtungen. Ich hoffe, dass die CSRD bei der Vorwärtsbetrachtung durch das Aufzeigen von Transformationspfaden hilft,“ so BNP-Expertin Meyer.

Letzten Endes – da waren sich die Experten einig – muss beim Thema ESG vermehrt die positive Seite beleuchtet werden. Derzeit sehen viele CFOs und Treasurer vor allem die Belastungen. Durch die nachhaltige Transformation der Wirtschaft ergeben sich allerdings auch viele neue Geschäftschancen – für Banken und Unternehmen. Um diese zu ergreifen, sollten Unternehmen sich jetzt mit ihrer eigenen Transformation beschäftigen. Dafür auf eine ausgefeilte und finalisierte Regulatorik zu warten, wäre ein vertane Chance.