Wenn das mal kein Grund zur Freude für Joachim Erdle ist: Kurz nach dem Start des LBBW-Urgesteins als Nachfolger von Unternehmenskundenvorstand Karl Manfred Lochner kann sein Segment hervorragende Jahreszahlen für 2023 vorlegen. Das operative Ergebnis der LBBW im Geschäft mit Unternehmenskunden kletterte im Vergleich zum Vorjahr um 32 Prozent auf 678 Millionen Euro, der höchste Wert in der Geschichte der Bank. Damit leistet das seit Jahresbeginn von Erdle verantwortete Firmenkundengeschäft den größten Beitrag zum Gesamtergebnis von Deutschlands größter Landesbank.
In Summe fallen die Geschäftszahlen für das vergangenen Jahr, die CFO Stefanie Münz und Bankchef-Rainer Neske am heutigen Mittwoch präsentierten, ebenfalls positiv aus. Einziger Wermutstropfen: Die erstmalige Konsolidierung der Berlin Hyp, die einen langen Schatten auf das Jahresergebnis der Stuttgarter wirft.
Berlin-Hyp-Konsolidierung drückt Gewinn
Dieses lag 2023 bereinigt um Sondereffekte aus der Erstkonsolidierung der Berlin Hyp bei rund 1,4 Milliarden Euro vor Steuern – ein Plus von 52 Prozent gegenüber 2022. Den Sondereffekt eingerechnet sank der Vorsteuergewinn der Schwaben allerdings im Vergleich zum Vorjahr um 27 Prozent. Einen Rückgang verzeichnet die LBBW auch bei der Eigenkapitalrentabilität, die 2023 mit 9,6 Prozent zwar noch immer deutlich über der vieler anderer deutsche Geldhäuser liegt, jedoch nicht an den starken Vorjahreswert von 13,4 Prozent anknüpfen kann.
Gleiches gilt für die Cost-Income-Ratio (CIR), die sich aufgrund der um 11 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro gestiegenen Gesamtkosten auf einen Wert von 59,6 Prozent verschlechtert (2022: 50,7 Prozent). Allerdings: Bereits im ersten Jahr nach der Konsolidierung der Berlin Hyp ist es den Stuttgartern gelungen, ihre harte Kernkapitalquote wieder auf einen Wert von aktuell 14,6 Prozent (2022: 14,2 Prozent) zu steigern.
LBBW mit Rückenwind im Firmenkundengeschäft
Im Segment Unternehmenskunden habe die LBBW neben dem Rückenwind durch die Zinswende vor allem von Zuwächsen im zuletzt weiter ausgebauten Corporate-Finance-Geschäft profitiert, wie CFO Münz erläuterte. Dies zeigt sich speziell im Schuldscheinmarkt, in dem sich die Landesbank in den vergangenen Jahren wiederholt die Marktführerschaft sicherte. Dort wuchs das Gesamtvolumen der LBBW im vergangenen Jahr um 45 Prozent auf 22,8 Milliarden Euro zu.
Erfreulich für die Schwaben entwickele sich zudem das Auslandsgeschäft sowie die Produktfelder Leasing und Factoring, in denen die LBBW im vergangenen Jahr ebenfalls Neugeschäft verbuchen konnte.
Einen deutlichen Zuwachs verzeichnet die LBBW zudem im Geschäft mit Projektfinanzierungen, bei dem die Landesbank ihren Schwerpunkt auf den Ausbau von erneuerbaren Energien und digitale Infrastruktur legt. Dort verzeichnete die Bank rund 3 Milliarden Euro Neugeschäft. Auch im Kapitalmarktgeschäft erhöhte sich der Vorsteuergewinn der Stuttgarter auf 230 Millionen Euro (2022: 183 Millionen Euro).
Insgesamt konnte die Landesbank ihr Zinsergebnis um rund ein Viertel auf 2,8 Milliarden Euro ausweiten, während gleichzeitig das Provisionsergebnis jedoch um sechs Prozent auf 589 Millionen Euro zurückging. Die Mission für den frischgebackenen Unternehmenskundenvorstand Joachim Erdle ist damit klar: Vor dem Hintergrund des nachlassenden Rückenwinds auf der Zinsseite muss er im laufenden Jahr für frischen Wind im Provisionsgeschäft sorgen.
Thomas Holzamer ist Redakteur bei FINANCE sowie Chef vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Banken-Sektor, speziell das Firmenkundengeschäft. Er hat Politikwissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt studiert. Vor FINANCE arbeitete Thomas Holzamer mehr als 12 Jahre in den Redaktionen der Mediengruppe Offenbach-Post, zunächst als verantwortlicher Redakteur für Sonderpublikationen, später im Lokalen.
