Die 2016 eingetütete Mega-Übernahme von Monsanto belastet den Bayer-Konzern mit weiteren Milliarden. Um Vorsorge für Einigungen mit künftigen Glyphosat-Klägern zu treffen, bildet Bayer zusätzliche Rückstellungen in Milliardenhöhe. Es geht um einen Brutto-Betrag von 4,5 Milliarden US-Dollar vor Steuern und Abzinsung, umgerechnet entspricht das etwa 3,8 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) des Bayer-Konzerns im gesamten ersten Quartal 2021 summierte sich auf knapp 3,1 Milliarden Euro.
Bayer hatte Ende Mai die Vergleichsgespräche in den milliardenschweren Glyphosat-Prozessen abgebrochen, der Konzern will den Rechtsstreit nun vor den US Supreme Court bringen, das höchste Gericht des Landes. Dafür planen die Leverkusener konkret mit zwei Szenarien: Entschiede der US Supreme Court zu Gunsten von Bayer, wären die Streitigkeiten in den USA weitgehend beigelegt. Bayer lässt durchblicken, dass die neuen Rückstellungen dann wieder aufgelöst werden könnten.
Nimmt das höchste US-Gericht die Klage jedoch nicht an oder urteilt im Sinne der Kläger, müsste Bayer ein eigenes Programm aufsetzen, um die Ansprüche der Geschädigten über vordefinierte Kompensationen zu befriedigen. Dessen Finanzierung dienen die neuen Rückstellungen. Mit einer Entscheidung des Supreme Courts rechnet Bayer frühestens im kommenden Jahr.
Bayer hofft auf den US Supreme Court
Die Bayer-Führung gibt sich weiterhin optimistisch: „Bayer sieht gute Chancen für das erste Szenario und ist überzeugt, dass es starke Argumente für den US Supreme Court gibt, den Fall anzunehmen und ein für das Unternehmen vorteilhaftes Urteil zu fällen“, heißt es in einem Statement des Konzerns.
Mit den neuerlichen Rückstellungen wolle man den Investoren zeigen, „dass die Risiken des Glyphosat-Rechtstreits angemessen in der Bilanz abgebildet sind und sich die finanzielle Lage durch eine vorteilhafte Entscheidung des Supreme Courts sogar signifikant besser darstellen kann“, sagte CEO Werner Baumann. Das Management hofft, dass die Investoren damit nun wieder stärker der sich langsam aufhellenden operativen Performance des Mischkonzerns Beachtung schenken. Die Bayer-Aktie steckt nach wie vor in einem langfristigen Abwärtskanal fest und kämpft aktuell um das Halten der 50-Euro-Marke.
FINANCE-Köpfe
Im Mai 2016, kurz vor Ankündigung der Monsanto-Übernahme, lag der Wert der Aktie noch bei 100 Euro. Auf die neuerlichen Milliardenkosten reagierte sie nun zumindest nicht mit weiteren Kursverlusten.
Im Abwärtskanal: Der Bayer-Aktienkurs
Klage-Rückstellungen steigen auf 15,5 Milliarden Dollar
Mit der nun zusätzlich gebildeten Rückstellung über 4,5 Milliarden Dollar hat Bayer seinen Risikopuffer noch einmal deutlich ausgebaut. Zuvor hatten die Leverkusener bereits einen Betrag von 2 Milliarden Dollar für künftige Glyphosat-Klagen zurückgestellt. Insgesamt hatte Bayer für Glyphosat-Risiken 11 Milliarden Dollar beiseite gelegt. Mit der jüngsten Rückstellung steigt der Betrag auf 15,5 Milliarden Dollar an, umgerechnet sind das nach aktuellem Wechselkurs gut 13 Milliarden Euro.
Welche Dimension das hat, zeigt ein Blick auf die Kapitalflussrechnung. Der Bayer-Konzern, der als enorm Cashflow-stark gilt, hat in den vergangenen fünf Geschäftsjahren im Schnitt einen Free Cashflow von 4,2 Milliarden Euro (etwa 5 Milliarden Dollar) erzielt. Würden die Rückstellungen in vollem Umfang für die Beilegung von Glyphosat-Risiken benötigt, könnten sie damit den Free Cashflow von drei wirtschaftlich soliden Jahren auslöschen.


