Wirecard: Elmar Vitt legt Mandat als Anwalt des Musterklägers nieder

Paukenschlag im KapMuG-Verfahren im Fall Wirecard: Der bisherige Lead-Anwalt und persönliche Vertreter des Musterklägers Kurt Ebert, Elmar Vitt, hat am Montag sein Mandat niedergelegt. Die Alleinvertretung Eberts soll Wolfgang Schirp übernehmen. Das geht aus einem Schriftsatz Vitts an das Bayerische Oberste Landgericht hervor, der FINANCE vorliegt. Vitt kündigt in dem Schriftsatz zudem an, dass der Prozessfinanzierer Jurfin, dessen Geschäftsführer Vitt ist, „mit sofortiger Wirkung jede Finanzierung der Rolle von Herrn Ebert als Musterkläger“ einstellt. Jurfin führe den Finanzierungsvertrag mit Ebert für „die Instanz“, also den aufgrund des Musterverfahrens unterbrochenen Schadensersatzprozess am Landgericht München I, „im vertraglich vereinbarten Rahmen fort“ und verfolge ihre sich daraus ergebenden Rechte weiter. Weiterhin heißt es in dem Schriftsatz, dass Ebert bekannt sei, dass eine „möglicherweise durch die Kanzlei Dr. Schirp zugesagte Kostenübername eventuell weiter für ihn anfallender Gerichtskosten, Fremdforderungen und Verwaltungskosten im Musterverfahren“ nichtig wäre und ihn von der eigenen Kostenhaftung nicht entlaste. Vitt bereitet Klage gegen EY in den USA vor Vitt werde künftig an keiner mündlichen Verhandlung im Musterverfahren teilnehmen, heißt es weiter. Gleichzeitig erklärt er, alle im Musterverfahren für den Musterkläger eingereichten Anträge, soweit sie noch nicht beschieden wurden, zurückzunehmen. Schirp stehe es frei, diese nach eigenem Ermessen und auf eigener Verantwortung neu zu beantragen. Ganz aus dem Prozess draußen ist Vitt damit aber nicht. Er bleibt für weitere Mandanten, die als Beigeladene am KapMuG-Verfahren teilnehmen, tätig. Zudem treibt der Jurist weiterhin eine Pilotklage gegen EY US in den Vereinigten Staaten voran. Laut dem ehemaligen Partner Joe Howie, soll EY US von Wirecards Betrügereien gewusst haben. Info Im Wirecard-KapMuG-Verfahren fordern geschädigte Wirecard-Anleger Schadensersatz von ehemaligen Verantwortlichen des Dax-Unternehmens, aber auch vom Abschlussprüfer EY, der jahrelang die Bilanzen uneingeschränkt testierte. Da die Zahl der Kläger im fünfstelligen Bereich und die Schadenssumme mindestens im dreistelligen Millionenbereich liegt, – das Gericht spricht von 8.500 Einzelklagen mit einer Schadenssumme von 750 Millionen Euro, Anlegerschützer von bis zu 50.000 Anlegern und einer Schadenssumme von 8 Milliarden Euro – wurde ein Kapitalanleger-Musterverfahren eingeleitet. In diesem sollen zunächst für alle Kläger relevante Sachverhalte geklärt werden. Vitts Mandatsniederlegung ist nicht der erste Wechsel im Anwaltsteam von Kurt Ebert. Erst im Mai hatte Rechtsanwalt Peter Mattil nach Meinungsverschiedenheiten mit Vitt sein Mandat niedergelegt. Für ihn hatten Schirp und Marc Liebscher übernommen. Letzterer hatte sein Mandat ebenfalls zwischenzeitlich niedergelegt. KapMug geht am Freitag in die nächste Runde Schirp bestätigt gegenüber FINANCE den Rückzug. „Der Musterkläger und Herr Dr. Vitt sind im guten Einvernehmen dazu gekommen, dass Herr Dr. Vitt sein Mandat nicht weiterführt“, teilt Schirp mit. Auch die Finanzierung der ersten Instanz, zu der das Musterverfahren gehöre, sei laut Schirp für den Musterkläger gesichert. Marc Liebscher wird den Musterkläger laut eigener Aussage ebenfalls weiterhin im Musterverfahren vertreten. Am kommenden Freitag, dem 14. November, findet im KapMuG-Verfahren vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) eine mündliche Verhandlung statt. In dieser soll über die Erweiterung des Verfahrens um weitere Feststellungsziele entschieden werden. Laut BayObLG seien rund 2.500 Feststellungsziele eingereicht worden. Vorrangig soll über die Zulassung jener verhandelt werden, welche Falschbehauptungen in den Geschäftsberichten von Wirecard für die Jahre 2014 bis 2018 enthaltenen Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte und Bestätigungsvermerke der Abschlussprüferin betreffen. BayObLG verschafft EY weiteren Etappensieg Entschieden ist dagegen nach FINANCE-Informationen schon über den Antrag auf Erteilung der Rechtskraft des Teilmusterbescheids von Ende Februar, wonach die Bestätigungsvermerke des Wirtschaftsprüfers EY keine Kapitalmarktinformation im Sinne des KapMuG seien. Das BayObLG hat den Antrag auf Erteilung der Rechtskraft abgelehnt, wie ein Sprecher gegenüber FINANCE bestätigte. Die zuständige Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des BayObLG habe die Anträge abgelehnt, da sich die Akten aufgrund der Rechtsbeschwerden gegen den Teilmusterbescheid beim BGH befinden und nur diejenige Geschäftsstelle über die Rechtskraft entscheiden könne, bei der sich die Prozessakten befinden. Ob Schirp gegen die Entscheidung Beschwerde einlegen wird, ist zurzeit noch nicht klar. Mehr zum Thema Wirecard: Streit zwischen den Anwälten des Musterklägers Im KapMug-Verfahren gegen Wirecard bekommt der Musterkläger nach einem Zerwürfnis ein neues Anwaltsteam: Peter Mattil geht, zwei alte Bekannte kommen hinzu. Das sind die Hintergründe des Streits. Mehr lesen Einige der geschädigten Wirecard-Anleger hatten gegen den Teilmusterbescheid vor dem Bundesgerichtshof (BGH) eine Rechtsbeschwerde eingereicht, nicht jedoch die Anwälte des Musterklägers. Sie sahen darin die Gelegenheit, den für das KapMuGg-Verfahren unterbrochenen Schadensprozess gegen EY vor dem Landgericht fortzusetzen. Denn für die geschädigten Anleger drängt die Zeit. Nach einer gesellschaftsrechtlichen Umwandlung ist EY insgesamt nur noch bis Sommer 2029 haftbar. Das KapMuG-Verfahren wird voraussichtlich aber deutlich länger dauern. Die Anwälte des Musterklägers gingen davon aus, dass die Schadensersatzprozesse deutlich schneller vonstattengehen. Jetzt müssen sie die Entscheidung des BGH abwarten. Diese kann aber noch dauern. Die Anwälte der Anleger, die Beschwerde eingelegt hatten, sollen trotz mehrfacher Anträge auf Fristverlängerung, die Beschwerde bis heute nicht begründet haben. Mit welcher Strategie Schirp und Liebscher für den Musterkläger nun weiter vorgehen wollen, ist noch nicht bekannt.

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