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Deutsche Banken müssen an Produktivität feilen

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Die Deutschen Banken konnten ihre Eigenkapitalrendite vor allem wegen der Zinswende der EZB steigern. International liegen sie weiterhin zurück. Foto: dudlajzov - stock.adobe.com
Die Deutschen Banken konnten ihre Eigenkapitalrendite vor allem wegen der Zinswende der EZB steigern. International liegen sie weiterhin zurück. Foto: dudlajzov - stock.adobe.com

Die Eigenkapitalrendite der deutschen Banken lag 2023 so hoch wie seit den 2000er Jahren nicht mehr – mit einem Jahr als Ausnahme. Sie erreichte über alle Finanzhäuser hinweg durchschnittlich 6,1 Prozent. Bei den Großbanken lag sie bei 7,4 und bei den Landesbanken bei 6,6 Prozent, während etwa Spezialfinanzierer und Direktbanken unter dem Durchschnittswert blieben (siehe Tabelle). Alle diese Werte überflügeln die Zahlen aus dem Vorjahr. Das ist ein positiver Trend aus der aktuellen Bankenstudie der Unternehmensberatung Bain & Company.

Die Eigenkapitalrendite der deutschen Banken liegt in einer breiten Spanne

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Im Vergleich mit europäischen und US-amerikanischen Wettbewerbern ist diese Kennzahl jedoch unverändert niedrig. Bain beziffert diese für die Banken in den Euro-Staaten auf durchschnittlich 8,7 Prozent, bei US-Banken auf 10,1 Prozent. Daraus leitet das Beratungsunternehmen ab, dass die deutschen Banken weitere Hausaufgaben zu erledigen haben. Beim Umbau ihres Geschäfts sollten sie nicht nachlassen und dabei auf Technologie setzen, allen voran künstliche Intelligenz.

Die Bain-Berater sehen vor allem drei Handlungsfelder für die Geldhäuser: Diese müssten erstens ihr Kapital zielgerichteter und in weniger Segmenten einsetzen sowie ihre Bilanzen aktiver managen, um den Bedarf an Eigenkapital zu verringern. Zweitens verweisen die Autoren auf die Chance, dass die Banken ihre operativen Tätigkeiten effizienter gestalten. Sie sollten etwa ihre Prozesse verschlanken und sich stärker datengetrieben und mithilfe technologischer Lösungen auf ihre Kunden ausrichten.

Banken richten einen kritischeren Blick auf Unternehmen

Finanzverantwortliche müssen also damit rechnen, dass Banken als Kreditgeber Sektoren und ihre Marktteilnehmer kritischer unter die Lupe nehmen und selektiver Mittel bereitstellen. Nur so lassen sich diese Effekte erzielen. Das kann im Strukturwandel einer Branche oder bei Preisverwerfungen für Probleme sorgen, während zukunftsweisende Industrien wie Pharma oder Life Sciences eher unbehelligt bleiben dürften.

Auch die Art der Zusammenarbeit zwischen Finanz- und Treasury-Abteilungen sowie den Banken dürfte sich ändern. Denn auch an dieser Stelle ließen sich effizientere und schnellere Strukturen etablieren.

Für den zukünftigen Erfolg sollten die Kreditinstitute aus Sicht der Autoren drittens junge und wachstumsstarke Geschäftsfelder weiterentwickeln. Darunter heben die Berater etwa das ESG-Geschäft und die weltweiten Investitionen in Billionenhöhe hervor, die für die Dekarbonisierung nötig sind. Walter Sinn, Managing Partner von Bain & Company in Deutschland und Co-Autor der Studie, beziffert das inkrementelle Ertragspotenzial durch den weltweiten Finanzierungsbedarf auf rund 50 Milliarden Euro pro Jahr. Davon könnten rund 30 Milliarden auf die Transitionsfinanzierungen entfallen – aus seiner Sicht ein „hochgradig spannendes“ Feld im Firmenkundengeschäft mit Wachstumspotential.

Ein zweites neues Geschäftsfeld sehen die Autoren in Dienstleistungen außerhalb des klassischen Bankgeschäfts. Dazu zählen sie etwa Buchhaltung, Mahnwesen oder Rechnungsstellung für Firmenkunden.

Banken erreichten niedrigere Kostenquote

Neben der höheren Eigenkapitalrendite kommt die Untersuchung zu den Geschäftszahlen 2023 der 1.326 deutschen Banken noch zu einem zweiten positiven Schluss: Das Verhältnis von Kosten zu Einnahmen lag bei 59 Prozent, dem besten Wert seit 40 Jahren.

Grund für die höhere Eigenkapitalrendite und die bessere „Cost-Income-Ratio“ war zuletzt vor allem die Zinswende, die den Banken deutlich bessere Renditechancen als im Nullzinsumfeld der Vorjahre bescherte. Inzwischen hat sich dieser Trend abgeflacht, die Situation für Geldhäuser sich also wieder verschlechtert: 2024 senkte die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins in vier Schritten auf aktuell 3,15 Prozent.

Info

Zudem kaschiert dieses Bild bereits für 2023 Schwierigkeiten, mit denen die deutschen Geldhäuser weiterhin zu kämpfen haben. Die Studie von Bain weist unter anderem auf den Provisionsüberschuss hin, der weitgehend unverändert blieb. An dieser Stelle ist es den Banken also nicht gelungen, ihre Ertragslage zu verbessern.

Diese wäre für die deutschen Banken aber eine wichtige Voraussetzung, um M&A-Transaktionen aktiv anzugehen – ebenfalls ein Weg zu wachsen, den die Bain-Berater empfehlen. Mit dem Einstieg bei der Commerzbank im September sowie dem Kaufangebot für die italienische Banco BPM in den vergangenen Wochen zeigte die italienische Wettbewerberin Unicredit, dass sie diesen Pfad bereits beschreitet.

Raphael Arnold ist Redakteur bei FINANCE. Er studierte in Gießen und Alexandria (Ägypten) Geschichte, Geografie und Arabisch. Schon vor und während des Studiums schrieb er für verschiedene Tageszeitungen. Bei den Nürnberger Nachrichten absolvierte er ein Volontariat und arbeitete im Anschluss in deren Wirtschaftsredaktion. Danach war er über 13 Jahre für den US-Investment News Service OTR Global als Researcher und Projektmanager tätig. Beim Juve Verlag verantwortete er bis Oktober 2024 knapp acht Jahre lang die Österreich-Publikationen.