Der Druck auf die deutschen Banken nimmt nicht ab: Erträge und Profitabilität im Firmenkundengeschäft verharrten im zweiten Halbjahr 2018 auf dem niedrigsten Niveau seit der Finanzkrise. Das ist das besorgniserregende Ergebnis des aktualisierten Corporate-Banking-Index von Bain, für den die Managementberatung die Geschäftsentwicklung von großen, in Deutschland tätigen Firmenkundenbanken halbjährlich analysiert.
So lagen die Erträge im zweiten Halbjahr gemäß des Bain-Indexes mit 129 Prozentpunkten zwar etwa auf Vorjahresniveau. Allerdings war der Ertragswert das letzte Mal nur vor zehn Jahren niedriger – während der Finanzkrise im zweiten Halbjahr 2008, als sich dieser Index bei 118 Prozentpunkten bewegte.
Noch stärker sackte die Profitabilität in den vergangenen Jahren ab: Dieser Indexwert lag im zweiten Halbjahr 2018 bei 89 Prozentpunkten, was zwar 2 Prozentpunkte mehr als noch im Vorjahr sind, aber nur fast halb so viel wie zum Höhepunkt 2011. Seitdem ist dieser Wert fast ausnahmslos in jedem Jahr gesunken.
Kampfpreise und Margenverzicht setzen Banken zu
Der Grund für diese Entwicklung ist nach wie vor der harte Preiskampf im Firmenkundengeschäft, vor allem bei den Krediten: Trotz steigenden Kreditaufkommens schaffen es die Banken nicht, auskömmliche Margen zu verdienen. So ist das Volumen an Firmenkrediten verglichen mit dem Vorjahreszeitraum zwar um 6 Prozent auf einen neuen Höchststand von 1,15 Billionen Euro gestiegen, jedoch rutschte die Kreditmarge im selben Zeitraum auf gerade einmal 1,2 Prozent ab. Dabei lag sie im Vorjahreszeitraum schon bei lediglich 1,3 Prozent.
„Mit Kampfpreisen und Margenverzicht versuchen die Banken, Firmenkunden zu gewinnen. In der Folge geht die Profitabilität im Corporate-Banking nun schon seit fünf Jahren stufenweise zurück“, resümiert Bain-Partner Christian Graf. Besonders hart trifft es die Landesbanken, die Marktanteile an Sparkassen und Genossenschaftsbanken abgeben mussten.
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Und auch für die Zukunft hat Bain düstere Prognosen: „Wenn Banken in Zeiten wachsender Nachfrage schon keine auskömmlichen Margen erzielen, könnten sie bei einer längeren Konjunkturschwäche in ernsthafte Schwierigkeiten geraten“, warnt Partner Jan-Alexander Huber. Hinzu kommt, dass die Aufwendungen für Kreditrisikovorsorge, die aktuell noch moderat sind, in einer Rezession ordentlich zunehmen dürften.
Cost-Income-Ratio auf 10-Jahres-Rekord
Laut Bain sind die Banken immer noch zu abhängig von ihrem Geschäft mit Firmenkrediten und angewiesen auf den daraus resultierenden Zinsüberschuss. Dazu kommen steigende Verwaltungskosten. Dass diese nach wie vor nicht sinken, liegt zum einen an Investitionen in Digitalisierungsprojekte sowie an anfallenden Kosten aufgrund neuer regulatorischer Anforderungen wie Basel III. Hinzu kommt aber auch, dass die bisherigen Umbaupläne der Banken immer noch nicht gegriffen hätten. Die Folge: Die Cost-Income-Ratio lag im zweiten Halbjahr 2018 bei 47 Prozent, dem höchsten Wert seit zehn Jahren.
Dadurch haben es die Banken immer schwerer, ihre Kapitalkosten zu verdienen. Zwar lag die Eigenkapitalrendite zuletzt mit 10 Prozent immerhin noch über den eingesetzten Eigenkapitalkosten, doch vor der Finanzkrise haben die Geldinstitute noch Renditen von mehr als 20 Prozent erwirtschaftet. Allerdings waren damals auch die Eigenkapitalanforderungen geringer.
Bain richtet einen eindringlichen Appel an die Banken: Sie sollten ihre Strategie, Kunden zunächst mit möglichst geringen Margen anzulocken und dann über Cross-Selling zu punkten, endlich überdenken: „Preiskämpfe verschaffen höchstens kurzfristig einen Wettbewerbsvorteil. Mittel- und langfristig kommt es darauf an, dass die Banken sich auf die richtigen Produkte konzentrieren, die Kundenbasis stabilisieren und den Vertrieb systematisieren.“
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.