Die ING-DiBa setzt ihre Wachstumsgeschichte in Deutschland fort. Während sie bei Privatkunden mit Sparprodukten, Baufinanzierungen & Co. bereits eine Topadresse ist, arbeitet sie im Firmenkundengeschäft noch am Durchbruch in die oberste Liga. Erstmals äußerte Nick Jue, der seit vergangenem Jahr amtierende Deutschlandchef, die Ambition, im sogenannten Wholesale Banking zu den Top-5-Adressen aufzusteigen. Einen genauen Zeitpunkt, wann dieses Ziel erreicht werden soll, nannte er aber nicht.
Derzeit sieht sich die Bank bereits in der Top-10 vertreten. Dieser Eindruck geht konform mit dem Ergebnis einer Umfrage, die FINANCE vor rund einem Jahr durchgeführt hat. Damals sahen rund 120 befragte CFOs und Treasurer die ING in ihrer Bedeutung für deutsche Firmenkunden auf Rang 10. Ganz vorne rangierten damals mit großem Abstand Commerzbank und Deutsche Bank.
ING weitet Kreditvergabe um 19 Prozent aus
In der Tat gelang es der Bank im vergangenen Jahr, das Kreditvolumen in dem Bereich, der von Joachim von Schorlemer geleitet wird, deutlich auszuweiten. Die Firmenkundenkredite stiegen um 19 Prozent auf fast 31 Milliarden Euro (2016: 25,7 Milliarden Euro). Hinzu kommen Garantien und ungezogene Linien in Höhe von 12,3 Milliarden Euro.
Besonders in der längerfristigen Perspektive ist dieses Niveau bemerkenswert. „2011 standen wir noch bei 1 Milliarde Euro“, sagte Deutschlandchef Nick Jue. Erfolgreich ist die Bank mit Dax-Adressen wie BASF und Siemens und gehobenen Mittelständlern wie Mann+Hummel im Geschäft. Auch die Anzahl der ING-Firmenkunden hat sich nach FINANCE-Informationen um rund 25 erhöht. Vor einem Jahr sprach Firmenkundenchef Joachim von Schorlemer gegenüber FINANCE-TV noch von 130 Kunden, inzwischen sollen es über 150 sein, heißt es im Markt.
ING hat Corporate-Finance-Team aufgebaut
Die Bank will im Firmenkundengeschäft auch weitere Mitarbeiter einstellen. Im vergangen Jahr hat sie den neue Bereich Corporate Finance/M&A etabliert, in dem neue Spezialisten Kunden bei M&A-Mandaten beraten. Zunehmend fungiert Frankfurt auch als globales Kompetenzzentrum des ING-Konzerns, was das neu etablierte „Global Hub for Structured Metals & Energy Finance“ belegt.
Das Firmenkundengeschäft steuert einen Drittel der Erträge der Bank in Deutschland bei – allerdings nicht nur mit deutschen Firmenkunden, sondern auch mit den globalen Funktionen, die in Frankfurt zum Wholesale Banking gezählt werden.
ING-Chef ruft „Jahr des digitalen Wandels“ aus
Der Vorteil der ING, die erst vor fünf, sechs Jahren ernsthaft im deutschen Firmenkundengeschäft an den Start gegangen ist: Im Gegensatz zu den großen deutschen Wettbewerbern schlägt sie sich nicht mit großen Kostenblöcken herum. Die Kosten-Ertrags-Relation lag 2017 bei 44 Prozent und damit weit unter den Werten von Commerzbank und Deutscher Bank. Allerdings hat sich dieser Wert im Vergleich zum Vorjahr um 4 Prozentpunkte erhöht – laut CFO Remco Nieland eine bewusste Entscheidung, weil die Bank weiter in die Digitalisierung investiert hat.
Das Jahr 2018 hat Deutschlandchef Jue generell zum Jahr des digitalen Wandels ausgerufen. Die Einbindung von Fintechs wie Scalable Capital in der privaten Online-Vermögensverwaltung findet bereits statt. An der Nutzung der Blockchain-Technologie im Firmenkundengeschäft werde gearbeitet, so Jue.
Im Gegensatz zu den großen deutschen Wettbewerbern schlägt sich die ING nicht mit großen Kostenblöcken herum.
Das Kompetenzzentrum für Blockchain ist allerdings in der Amsterdamer Zentrale angesiedelt, die Technologie soll von dort aus nach und nach auf die Gruppe ausgerollt werden. Dabei hinterfragt die Bank aber auch, ob jedes der derzeit laufenden 182 Digitalisierungsprojekte wirklich zielführend ist.
ING sucht neue Firmenkunden im Mittelstand
In den nächsten Jahren plant die ING, auch den Bereich der kleinen und mittleren Firmenkunden („SME“) für sich zu erobern. Hier werde der Ansatz wohl digital sein, verlautete es aus der Bank. Insgesamt besteht nach eigenem Bekunden weiterhin keine Ambition, durch neue Niederlassungen in die Fläche zu gehen. Im Firmenkundengeschäft, das derzeit komplett von Frankfurt aus gesteuert wird, seien aber punktuell weitere Standorte denkbar, erfuhr FINANCE am Rande der Bilanzpressekonferenz.
Info
Weitere Geschäftszahlen, Trends und Personalia erfahren Sie auf unserer Themenseite Firmenkundengeschäft.
Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.