Die im März gestarteten Sondierungsgespräche zwischen Deutscher Bank und Commerzbank sind beendet. Wie beide Häuser vor wenigen Minuten bekanntgaben, wird es keine Fusion der beiden Häuser geben.
„Nach gründlicher Analyse sind wir zum Schluss gekommen, dass ein Zusammenschluss mit der Deutschen Bank keinen ausreichenden Mehrwert bieten würde – auch mit Blick auf die Umsetzungsrisiken, Restrukturierungskosten und Kapitalanforderungen, die mit einer solch großen Integration einhergehen“, sagte Commerzbank-Chef Martin Zielke.
Die Deutsche Bank verbreitete die identische Begründung. Aufsichtsratschef Paul Achleitner ließ noch eine eigene Erklärung folgen: „Die Entscheidung, einen Zusammenschluss mit der Commerzbank zu prüfen, war ebenso richtig wie die Entscheidung, diese Transaktion nicht weiter zu verfolgen. Das Verhältnis von möglichen Risiken und Ertrag ist nicht attraktiv.“
Die Aktienkurse beider Häuser reagieren gegensätzlich auf diese Entscheidung: Der Kurs der Deutschen Bank, die nebenbei auch noch besser als erwartete Geschäftszahlen für das erste Quartal bekanntgab, legt um 4 Prozent zu, die Aktie der Commerzbank gibt 2 Prozent nach. Nur zwei Stunden nach der Nachricht zum Aus der Fusion hatte die Deutsche-Bank-Aktie ihre Gewinne aber schon wieder eingebüßt. Betriebsräte und Gewerkschaften reagierten erleichtert auf das Ende der Sondierungsgespräche.
FINANCE-Podcast: Ein kritischer Blick auf die gescheiterte Mega-Bankenfusion
Starker Widerstand gegen Fusion
Schon im Lauf des gestrigen Abends und des heutigen Morgens hatte sich das Scheitern der Gespräche abgezeichnet. Mehrere Medien berichteten, dass nach den Arbeitnehmervertretern beider Häuser nun auch die Großaktionäre und viele Aufsichtsräte sich gegen den Deal positioniert hätten, insbesondere bei der Deutschen Bank, die als Käufer aufgetreten wäre. Die Tatsache, dass der Aktienkurs der Deutschen Bank seit Jahresbeginn nur um 9 Prozent zulegen konnte, die Commerzbank aber fast 40 Prozent an Wert gewann, machte die Transaktion aus Sicht der Deutschen Bank am Ende der Gespräche wesentlich teurer als zu ihrem Beginn.
Die Gespräche selbst sollen in konstruktiver und freundschaftlicher Atmosphäre verlaufen sein. Zu allen kritischen Punkten hätten beide Seiten eine gemeinsame Sichtweise auf das Ausmaß der Kosten gewonnen, die auf die Banken nach einer Fusion zugekommen wären. Die FAZ berichtete, dass konkrete Spannen auf dem Tisch gelegen hätten, in denen sich die Kosten für die Stellenkürzungen und die Vereinheitlichung der IT-Systeme bewegen würden.
Finanzaufsicht wollte wohl viel Badwill anerkennen
Ein großer Stellenabbau – von über 30.000 Stellen war die Rede – und der Umbau der IT hätten vermutlich einen zweistelligen Milliardenbetrag gekostet. Trotzdem wäre die Deutsche Bank womöglich um eine große Kapitalerhöhung herum gekommen, da sich die Finanzaufsicht bei der Anerkennung des Badwills Presseberichten zufolge flexibel zeigte.
Demnach hätte die Deutsche Bank einen wesentlichen Teil der Summe von 20 Milliarden Euro als frisches Eigenkapital verbuchen können, die angefallen wäre, weil die Deutsche Bank die Commerzbank weit unter deren Buchwert übernommen hätte. Ein möglicher Zusammenschluss der Fonds-Tochter DWS mit dem Fondgeschäft der UBS hätte weiteren Spielraum eröffnet.
Was passiert jetzt?
Offen ist, was nun passiert. Commerzbank-Chef Zielke war Anfang des Monats rhetorisch auf einen Fusionskurs eingeschwenkt und hatte die Commerzbank-Mitarbeiter dafür sensibilisiert, dass etwas passieren muss. Diese Aussagen dürften ihn nun unter Druck setzen, andere Transaktionsmöglichkeiten zu prüfen.
Dies könnte zwei Auslandsbanken ins Spiel bringen: Die ING und die Unicredit sollen in Berlin ihr Interesse an einer Übernahme der Commerzbank angemeldet haben.
Info
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