Das selbstgesteckte Ziel, gemessen am Umsatz nicht mehr die Nummer 4 im deutschen Markt zu sein, hat Deloitte zwar noch nicht erreicht. Das hierzulande kleinste Big-Four-Haus setzt die Konkurrenz allerdings mit hohen Wachstumsraten weiter unter Druck.
So legte die Gesamtleistung von Deloitte Deutschland im Geschäftsjahr 2018/2019 (Stichtag 31. Mai) um 17 Prozent auf 1,71 Milliarden Euro zu, wie Deloitte am Dienstag bei der Präsentation seiner Jahreszahlen in Frankfurt bekanntgab. In der Gesamtleistung werden – im Gegensatz zum Umsatz – auch die bis zum Bilanzstichtag erbrachten Leistungen aus noch nicht beendeten Projekten mit eingerechnet.
Damit dürfte Deloitte der derzeitigen Nummer 3 in Deutschland, KPMG, näher kommen. Das derzeit drittgrößte Wirtschaftsprüfungs- und Beratungshaus erzielte im vergangenen Geschäftsjahr eine Gesamtleistung von 1,83 Milliarden Euro, wächst aber seit Jahren deutlich langsamer als Deloitte. Die anderen Big-Four-Häuser werden ihre Zahlen in den kommenden zwei Monaten vorlegen.
Deloitte profitiert von Digitalisierungsprojekten
Der wichtigste Wachstumstreiber für Deloitte bleibt das Beratungsgeschäft: Mit einem Plus von 24 Prozent auf nunmehr 655 Millionen Euro Gesamtleistung legte das Consulting-Business sogar noch etwas stärker zu als im Vorjahr (+21 Prozent). In diesem Bereich profitierte Deloitte nach Angaben von Deutschlandchef Martin Plendl vor allem davon, dass zahlreiche Unternehmen derzeit die digitale Transformation ihrer Geschäftsmodelle vorantreiben. Auch die Einführung der neuen SAP-Software S4/Hana sei ein Umsatztreiber für Deloitte.
„Während die Budgets für externe Berater in anderen Bereichen teilweise zurückgehen, ist die Investitionsbereitschaft bei strategischen Digitalprojekten weiterhin hoch“, beobachtet Plendl. Für eine weitere konjunkturelle Eintrübung sieht er sein Haus vergleichsweise gut aufgestellt, und das braucht Deloitte auch: „Seit März spüren auch wir, dass sich die Konjunktur abschwächt“, erzählt Plendl.
Auch aus diesem Grund rechnet der Deloitte-Chef damit, dass das Wachstum im angelaufenen Geschäftsjahr schwächer ausfallen dürfte: Er prognostiziert für 2019/2020 aber immer noch ein Gesamterlösplus von 10 Prozent. In den vergangenen vier Jahren ist Deloitte im Schnitt jedoch um 22 Prozent pro Jahr gewachsen.
„Seit März spüren auch wir, dass sich die Konjunktur abschwächt.“
Restrukturierungsberatung wird ausgebaut
Zumindest selektiv bietet eine schwächer werdende Wirtschaft aber auch neue Geschäftschancen: So hat Deloitte laut Plendl in den vergangenen zwei Jahren stark in die Restrukturierungsberatung investiert. Das soll sich nun auszahlen.
Die Beratung von Unternehmen in Krisensituationen ist bei Deloitte im Bereich Financial Services angesiedelt. Dort bündelt das Big-Four-Haus auch das Geschäft mit M&A und Forensik. Die Sparte legte 2017/2018 um 10 Prozent auf 338 Millionen Euro Gesamtleistung zu. Sie wuchs damit allerdings deutlich weniger dynamisch als in den Vorjahren: 2017/2018 betrug der Zuwachs 31 Prozent, 2016/2017 sogar 53 Prozent.
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Insgesamt erwirtschaftet Deloitte in der Beratung damit nun einen Gesamterlös von 993 Millionen Euro. Damit könnte Plendl das ursprünglich bereits für das vergangene Jahr angestrebte Ziel, Marktführer im Advisory zu werden, nun mit einem Jahr Verspätung erreichen: Zuletzt hatte PwC in diesem Segment die Nase vorn, mit einer Gesamtleistung von 858 Millionen Euro (bezogen auf das Geschäftsjahr 2018).
Deloitte holt Mandate bei Hornbach, Aurubis und Leoni
In der Wirtschaftsprüfung wächst Deloitte mit 16 Prozent ebenfalls stark. Die Gesamtleistung in diesem Bereich liegt nun bei 387 Millionen Euro. Damit steht das einstige Stammgeschäfts von Deloitte inzwischen allerdings nur noch für ein Viertel aller Erlöse in Deutschland – auch wenn Plendl in der Vergangenheit wiederholt betont hat, dass Audit ein Kerngeschäft bleiben soll.
Auch Deutschlands Großkonzerne scheinen das Big-Four-Haus inzwischen eher als Beratungs- denn als Wirtschaftsprüfungshaus wahrzunehmen: Deloitte gelang es im vergangenen Jahr erneut nicht, einen Kunden aus der Dax30-Familie für ein Prüfmandat zu gewinnen. Neue Mandate sicherte sich das Haus allerdings im MDax und SDax. Hier prüft Deloitte künftig Hornbach, Aurubis und Leoni.
Deloitte hat sich zum Ziel gesetzt, im Zuge der Prüferrotation drei bis fünf Mandate im Dax30 und den Fortune Global 500 zu gewinnen. Bislang kann Deloitte hier nur Bayer vorweisen. Wegen der Trennung zwischen Prüfung und Beratung kann die Gesellschaft an einigen Ausschreibungen allerdings nicht teilnehmen – oder möchte es aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen nicht tun, weil mit diesen Konzern bereits lukrative Beratungsbeziehungen bestehen.
Die Gesamtleistung des vierten Bereichs, der Steuer- und Rechtsberatung, wuchs im abgelaufenen Geschäftsjahr um 14 Prozent auf 264 Millionen Euro. Hier profitierte Deloitte nach eigenen Angaben von einer steigenden Beraternachfrage bei M&A-Deals, Verrechnungspreisen sowie der Einführung von Tax-Compliance-Systemen.
Die Deloitte-Geschäftszahlen im Überblick
Im Geschäftsjahr 2018/2019 hat Deloitte eine Gesamtleistung von insgesamt 1,71 Milliarden Euro (+17%) erzielt.
Financial Advisory trug 338 Millionen Euro (+10%), Consulting 655 Millionen Euro (+24%) zur Gesamtleistung bei.
Mit der Steuer- und Rechtsberatung hat Deloitte 264 Millionen Euro (+14%) erwirtschaftet.
Die Wirtschaftsprüfung trug insgesamt 450 Millionen Euro (+16%) zur Gesamtleistung bei.
Deutschland-Chef Plendl nennt neue Wachstumsziele
Trotz der konjunkturellen Schwäche rechnet Deutschland-Chef Martin Plendl damit, dass Deloitte auch in den kommenden Jahren weiter dynamisch wachsen wird: „Ich halte es für realistisch, 2025 die Marke von 3 Milliarden Euro Umsatz zu erreichen.“ Das würde voraussetzen, dass Deloitte in den kommenden sechs Jahren weiterhin zweistellig wächst.
Zukäufe dürften dabei eine eher untergeordnete Rolle spielen, wie Plendl bei der Pressekonferenz zu verstehen gab. M&A-Deals seien derzeit nicht geplant – vor allem keine Großakquisitionen: „Wir investieren primär in Talente und Technologie.“ Von 2015 bis heute habe Deloitte hierzulande 300 Millionen Euro investiert – etwa die Hälfte davon sei ins Consulting geflossen, der Rest in die anderen drei Bereiche.