Während PwC mit Standortschließungen in Deutschland von sich reden macht, kann der Big4-Konkurrent Deloitte mit einem ordentlichen Umsatz- und Mitarbeiterzuwachs glänzen. Im Geschäftsjahr 2014/2015, das am 31. Mai endet, ist der Umsatz der viertgrößten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft um 8 Prozent auf 790 Millionen Euro gestiegen. Damit übertrifft sie ihre Prognose, die bei nur 5 Prozent lag, bleibt aber unter dem Wachstum aus dem Vorjahr von 9 Prozent.
Trotzdem dürften die drei großen Wettbewerber es schwer haben, ein ähnlich hohes Wachstum aufzuweisen. Laut dem Research-Haus Lünendonk, das jährlich die Umsätze der Prüfungs- und Beratungsgesellschaften in Deutschland schätzt, ist der Umsatz von PwC 2014 lediglich um 1,9 Prozent gestiegen, der von KPMG um 3,5 Prozent. Ernst & Young hatte immerhin ein Wachstum von 8 Prozent. Laut den heute veröffentlichten Zahlen konnte PwC 2015 mit einem Wachstum von 6,3 Prozent nach einer längeren Durststrecke aber wieder etwas Boden gut machen. Bei Deloitte spiegelt sich die positive Entwicklung auch in den Mitarbeiterzahlen wider: Sie sind um 11 Prozent auf 5.368 Mitarbeiter gewachsen.
Wachtumstreiber waren dieses Mal im Gegensatz zum Vorjahr alle vier Geschäftsbereiche. Am stärksten legte mit 15 Prozent die Wirtschaftsprüfung zu (284 Millionen Euro Umsatzanteil) – das ist erstaunlich, denn das Audit stagniert schon seit Jahren branchenübergreifend und leidet unter einem Nachwuchsmangel. Im vergangenen Jahr war auch bei Deloitte das Wachstum im Bereich Wirtschaftsprüfung mit 7,7 Prozent nicht besonders hoch und stellte das zweitschwächste Feld dar. Grund für den positiven Trend seien neue Prüfungsmandate und Sonderaufträge, vor allem bei Industrieunternehmen und Finanzdienstleistern, erklärte Deloitte-CEO Martin Plendl bei der Vorstellung der Zahlen. Ob Deloitte das Niveau im laufenden Geschäftsjahr halten kann, ist zumindest fraglich – Sonderaufträge lassen sich nun einmal nicht planen.
Deloitte: Consulting wächst am Schwächsten
Im Consulting wies Deloitte hingegen mit 4,3 Prozent das niedrigste Wachstum aus (229 Millionen Euro Umsatz). Im vorangegangenen Geschäftsjahr war das Consulting mit einem sehr hohen Wachstum von 24,2 Prozent noch der mit Abstand stärkste Treiber gewesen. Grund für das niedrige Wachstum seien zuletzt hohe Investitionen in den Ausbau der Kapazitäten gewesen, sagte Plendl. Für das kommende Geschäftsjahr verspricht Deloitte sich eine Erholung und rechnet wieder mit Wachstumsraten von über 20 Prozent. In den ersten vier Monaten des neuen Geschäftsjahres stieg der Umsatz im Consulting schon um 27 Prozent gegenüber mit dem vorherigen Geschäftsjahr.
Damit schwingt sich die Beratung langfristig offenbar zum stärksten Feld der Gesellschaft auf – anders als die Konkurrenz hatte Deloitte seine Beratung nicht veräußert, das zahlt sich jetzt aus. Treiber sind Themen wie Technologie und Digitalisierung. Auch der Bereich Corporate Finance mit Valuation und Actuarial Services ist auf 104 Millionen Euro gewachsen, allerdings ist das Wachstum mit 5,7 Prozent nur rund halb so stark wie im vergangenen Jahr. Der Bereich Tax & Legal hat dagegen ordentlich zugelegt: War der Umsatz wegen Umstrukturierungen 2014 noch um knapp 6 Prozent geschrumpft, so ist er 2015 um knapp 5 Prozent gestiegen. Treiber waren hier vor allem neue Beratungsfelder wie Intellectual Property und IT.
Deutschland-Chef Martin Plendl sieht "Jahrhundertchance" für Deloitte
In diesem Tempo soll es weiter gehen, für das Geschäftsjahr 2015/2016 erwartet Deloitte ein Wachstum von mindestens 8 Prozent – in den ersten vier Monaten des neuen Geschäftsjahres ist der Umsatz schon um 14 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Zeitraum des vorherigen Geschäftsjahres gestiegen. Möglich werden soll das Wachstum nicht zuletzt durch das neue Abschlussprüfergesetz, das eine Rotationen der Prüfungsmandate vorschreibt.
Denn während vor allem PwC und KPMG seit Jahrzehnten die großen Dax-Konzerne für sich beansprucht haben, hat Deloitte von allen 160 Dax-, M-Dax-, S-Dax-, Tec-Dax-Konzernen nur 20 Mandate, das sind 11 Prozent. „Die Rotationspflicht ist daher unsere Jahrhundertchance, die müssen wir nutzen“, sagt CEO Plendl. Drei bis fünf weitere Mandate will Deloitte jetzt gewinnen – das hatte Plendl allerdings auch schon im vergangenen Jahr angekündigt. Zwar hat Deloitte vergangenes Jahr mit Magna, Gagfah und Körber drei neue große Mandate gewonnen, aber es ist keines der großen Dax30-Unternehmen dabei – doch gerade die will die US-Mutter sehen.
Bis 2020 haben die Unternehmen noch Zeit, ihre Prüfer zu wechseln, für Deloitte bleibt also noch etwas Luft. „Wir tun alles, um diese Chance zu nutzen“, sagt Plendl, erste neue Beratungsteams konnte Deloitte schon an Bord holen. Allerdings wird Deloitte auch selbst Mandate im Rahmen der Rotationsverpflichtung einbüßen – diese müssen auch aufgestockt werden. Hinzu kommt, dass Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nur noch dort beraten können, wo sie nicht prüfen, so schreibt es das neue Gesetz vor. Auch das könnte die Mandantenstruktur von Deloitte durcheinanderwirbeln. Und auch Ernst & Young, die bisher ebenfalls bei den Dax-Mandaten nur wenig zum Zug kamen, dürften eine nicht zu unterschätzende Konkurrenz sein.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.