Der Verlag Bastei Lübbe hat den Vertrag mit seinem Wirtschaftsprüfer KPMG gekündigt. Der neue Abschlussprüfer ab dem Geschäftsjahr 2016/2017 wird die mittelständische Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Ebner Stolz sein. Überraschend niedrig war dabei die Zustimmungsrate der Aktionäre auf der Hauptversammlung: Während der Vorgänger KPMG in den Vorjahren beinahe 100 Prozent der Stimmen erhielt – wie es in der Regel bei der Wahl des Abschlussprüfers üblich ist –, hat Ebner Stolz nur rund 80 Prozent bekommen.
Grund für den Prüferwechsel war ein aufsehenerregender Streit zwischen KPMG und Bastei Lübbe im vergangenen Jahr. Der Verlag war über mehrere Monate in den Schlagzeilen, in einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ wurde dem Unternehmen vorgeworfen, es habe seine Bilanzen geschönt. Lange hatte der Bastei-Lübbe-CEO und -CFO Thomas Schierack den Vorwurf abgestritten und sich dabei auf die testierten Berichte von KPMG berufen.
Nachdem allerdings die Bilanzpolizei DPR angekündigt hatte, die Bilanzen zu untersuchen, überprüfte KPMG sie erneut – und stellte doch einen Fehler fest. Sowohl für Bastei Lübbe als auch für KPMG war das ein bitteres Eingeständnis. Gegenüber FINANCE bezeichnete Schierack das Verhalten von KPMG als „großes Ärgernis“ und kündigte bereits im Spätsommer an, die Zusammenarbeit beenden zu wollen. KPMG durfte wegen der gesetzlichen Schweigepflicht, der ein Wirtschaftsprüfer unterliegt, den gesamten Vorgang nicht kommentieren.
KPMG wird einen Großteil seiner Kunden abgeben müssen
Auch wenn Bastei Lübbe gemessen am Honorar kein sehr großes Mandat war – laut Geschäftsbericht 2015/2016 lag es bei knapp 250.000 Euro – ist für KPMG jeder verlorene Kunde momentan einer zu viel. Wegen der Abschlussprüferrotation, bei der jedes kapitalmarktorientierte Unternehmen seine Abschlussprüfung spätestens nach zehn Jahren neu ausschreiben muss, wird KPMG in den kommenden Jahren viele Mandate abgeben müssen. Von den 100 Unternehmen aus Dax, MDax und SDax prüft die Gesellschaft alleine fast die Hälfte.
Besonders bitter ist für KPMG, dass Ebner Stolz ein wesentlich kleinerer Konkurrent ist. KPMG, die in Deutschland nach PwC die Nummer zwei ist, erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2016 1,6 Milliarden Euro Umsatz hierzulande. Zum Vergleich: Ebner Stolz setzte im Geschäftsjahr 2015 knapp 170 Millionen Euro um und ist damit die siebtgrößte WP-Gesellschaft in Deutschland.
Ebner Stolz wächst mit neuen Mandaten
Da die Big Four den Markt fast komplett beherrschen, ist es für die sogenannten Next Ten – die Gesellschaften, die nach den Big Four folgen – ein harter Kampf um jedes größere Mandat. Neben Ebner Stolz gehören zu den Next Ten unter anderem BDO, Rödl & Partner, Baker Tilly Roelfs, Roever Broenner Susat Mazars und Warth & Klein Grant Thornton.
Ebner Stolz prüft kein Unternehmen aus dem Dax oder MDax. Aus dem SDax prüft die Gesellschaft mit dem Immobilienunternehmen Adler Real Estate, der Industrieholding Indus sowie dem B2B-Büromöbelhändler Takkt immerhin drei, aus dem TecDax mit dem Medizintechniker Stratec Biomedical immerhin ein Unternehmen.
Gemessen am Honorar ist Bastei Lübbe auch für Ebner Stolz ein eher kleines Mandat, bei Adler Real Estate erhält Ebner Stolz über 1 Million Euro für seine Leistungen, bei Takkt eine halbe Million Euro. Daneben prüft Ebner Stolz eigenen Angaben zufolge weitere größere Unternehmen außerhalb der Dax-Familie, die die Wirtschaftsprüfung nicht benennt.
julia.schmitt[at]finance-magazin.de
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Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.