Newsletter

Abonnements

PwC gibt Lufthansa-Mandat nach 65 Jahren ab

Die Deutsche Lufthansa muss sich von ihrem Abschlussprüfer PwC trennen.
Lufthansa

PwC wird sein Leuchtturm-Mandat bei der Lufthansa verlieren – die Fluggesellschaft wird ihren Abschlussprüfer ab dem Jahr 2020 wechseln. Das geht aus dem Bundesanzeiger hervor, in dem das Unternehmen seine Ausschreibung jetzt veröffentlicht hat.

Der Grund für die Trennung vom bisherigen Prüfer PwC ist die gesetzliche Prüferrotation, die kapitalmarktorientierte Unternehmen dazu verpflichtet, nach spätestens zehn Jahren das Prüfmandat neu auszuschreiben. Die Regelung gilt seit 2016 und verfolgt das Ziel, verkrustete Strukturen im Prüfermarkt aufzulösen, die durch jahre-, teils jahrzehntelange Beziehungen zwischen Prüfer und Unternehmen entstanden sein könnten.

Bei der Lufthansa greift diese Neuregelung mit hohem Symbolwert: PwC prüft den Dax-Konzern durchgehend seit 1955, wie ein Lufthansa-Sprecher auf FINANCE-Nachfrage bestätigt hat. Damit wird PwC zum Zeitpunkt des Wechsels im Jahr 2020 das Mandat 65 Jahre lang innegehabt haben.

Die Befürworter der Prüferrotation haben eben solche langen Prüfdauern stets kritisiert, weil sie fürchteten, dass der Abschlussprüfer den nötigen kritischen Blick auf das Unternehmen über die Zeit verlieren könnte. Kritiker der neuen Regelung haben hingegen argumentieren, dass ein langjähriger Prüfer ein Unternehmen am besten beurteilen kann, weil er es bestens kennt.

PwC musste schon Commerzbank und Bayer abgeben

Der Verlust des Lufthansa-Mandats ist für PwC nur der Beginn einer Reihe von Mandatsverlusten, die in den kommenden Jahren anstehen, schließlich prüft das Haus gemeinsam mit KPMG die meisten Firmen im Dax, MDax, SDax und TecDax. Erst mit einigem Abstand folgen Deloitte und EY (Ernst & Young).

Im Dax, wo PwC aktuell Covestro, die Deutsche Post, die Deutsche Telekom, E.on, RWE, ThyssenKrupp, die Lufthansa und VW prüft, musste PwC im Zuge der Prüferrotation bereits einige Großmandate abgeben. So hat der Prüfer die Commerzbank an EY und Bayer an Deloitte verloren. Vor Kurzem wurde außerdem bekannt, dass PwC auch das Covestro-Mandat abgeben muss.

Der Verlust des Lufthansa-Mandats ist nur der Beginn einer Reihe von Mandatsverlusten.

Der Chemiekonzern hatte das Mandat im Sommer 2016 ausgeschrieben. PwC bewarb sich erneut, zog aber gegenüber KPMG den Kürzeren. Der Rivale wurde von der Covestro-Hauptversammlung unlängst zum neuen Konzernprüfer gewählt. Warum sich Covestro gegen den aktuellen Prüfer entschieden und einen Wechsel eingeleitet hat, wollte das Unternehmen nicht erläutern.

Lufthansa hat PwC rund 10 Millionen Euro gezahlt

PwC wird ab 2019 neuer Prüfer des BMW-Konzerns.

Abgeben musste PwC außerdem bereits im MDax CTS Eventim und im SDax VTG. Die Mandatsverluste sind nicht nur aus Reputationsgründen schmerzlich. Dem Prüfer entgehen gerade im Dax auch teils hohe Honorare. Die Lufthansa etwa zahlte PwC zuletzt rund 10 Millionen Euro.

Auf der anderen Seite konnte PwC aber auch Erfolge verbuchen: Ab 2019 wird das Haus neuer Prüfer des Dax-Konzerns BMW. Im MDax hat PwC als neue Kunden Fuchs Petrolub, Hannover Rück, Stada und Talanx gewonnen, im SDax den Ökostromproduzenten Encavis und im TecDax schließlich Telefónica Deutschland.

Für das Lufthansa-Mandat werden sich nun mit großer Wahrscheinlichkeit nur die Big-Four-Konkurrenten KPMG, Deloitte und EY bewerben. Die kleineren mittelständischen Prüfer – häufig als „Next Ten“ bezeichnet – haben so gut wie keine Chance bei derart großen Prüfmandaten wie jenem der Lufthansa.

Rein theoretisch ist zwar ein Joint Audit möglich, bei dem zum Beispiel eine Big-Four-Gesellschaft gemeinsam mit einem kleineren Partner prüft. Dies hätte auch den Vorteil, dass die Prüfer länger mandatiert bleiben dürfen. Gebrauch hat von dieser Möglichkeit aber noch kein Unternehmen aus der Dax-Familie gemacht.

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Info

Wessen Geschäft wächst am stärksten, wer gewinnt die lukrativsten Mandate? Wie sich KPMG, PwC, Deloitte und EY entwickeln, können Sie auf unserer Themenseite zu den Big Four nachlesen.

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.