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Rödl & Partner: „Netzwerke sind der falsche Weg“

Dass der Wirtschaftsprüfer und Berater Rödl & Partner nicht als Netzwerk organisiert ist, sei ein großer Vorteil, sagt Christian Rödl.
Rödl & Partner

Schon lange wollen die Big Four KPMG, PwC, Deloitte und Ernst & Young (EY) nicht mehr nur die ganz großen Konzerne prüfen. Auf der Suche nach mehr Wachstum im stagnierenden Wirtschaftsprüfungsgeschäft greifen sie zunehmend auch nach mittelständischen und kleinen Unternehmen in Deutschland – und nehmen damit den mittelständischen Wirtschaftsprüfern ihre angestammten Kunden weg.

Das zeigt nicht zuletzt der Fall Stada, wo seit jeher kleinere WP-Häuser die Bücher prüften, seit 2009 das WP-Haus PKF. Damit wird es ab dem kommenden Geschäftsjahr vorbei sein: Der Arzneimittelhersteller hat PwC als neuen Prüfer gewählt, das größte Prüfungshaus in Deutschland.

Kein Zweifel: Die mittelständischen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungshäuser – analog zu den Big Four als Next Ten bezeichnet – drohen, immer mehr ins Hintertreffen zu geraten. Deshalb heizt die Expansion der Big Four auch den Wettbewerb zwischen den Next Ten an.  Jede Firma versucht, sich von der Konkurrenz abzugrenzen und die wenigen übriggebliebenen mittelständischen Mandate zu gewinnen.

Rödl & Partner ist die am stärksten wachsende Next Ten

Ein Protagonist dieser Entwicklung ist Rödl & Partner. Mit einem Gesamtumsatz von 386,1 Millionen Euro, von dem rund 202 Millionen Euro auf Deutschland entfallen, ist Rödl & Partner die sechstgrößte Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deutschlands. Mit einem Umsatzwachstum von über 10 Prozent sind die Nürnberger von allen Next Ten im Jahr 2016 am stärksten gewachsen.

Von der Flaute, die momentan in der Wirtschaftsprüfungsbranche herrscht, spüren die Franken nichts, behauptet Christian Rödl. Der Sohn des Unternehmensgründers Bernd Rödl kennt das Geschäft schon lange: Er kam 1999 ins Unternehmen und führt es als Mehrheitsgesellschafter seit dem Jahr 2011.

Ähnlich wie die anderen Next-Ten-Gesellschaften begreift sich Rödl & Partner als integrierter Dienstleister, der die Leistungen in seinen fünf Geschäftsbereichen Rechtsberatung, Steuerberatung, Unternehmens- und IT-Beratung sowie Wirtschaftsprüfung und Business Process Outsourcing (BPO) aus einer Hand anbietet – allerdings mit einem entscheidenden Unterschied zu den anderen: „Wir sind die einzigen, die bereits seit unserer Gründung im Jahr 1977 Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer waren“, so Christian Rödl.

Rödl will Mandanten mit eigenen Auslandsstandorten überzeugen

Tatsächlich kommen viele der Next-Ten-Häuser traditionell aus der klassischen Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung. Erst in den vergangenen Jahren haben sie damit angefangen, auch Unternehmens- und IT-Beratung anzubieten. Dafür nehmen sie dort jetzt aber mit voller Kraft viel Geld in die Hand. Auf seinem Vorsprung darf sich Rödl & Partner daher nicht ausruhen, dessen ist sich Christian Rödl bewusst.

Im Kampf um Mandate setzt Rödl daher – neben der Historie – auch noch auf ein zweites Argument: Als eine der wenigen Beratungs- und WP-Gesellschaften setzt Rödl & Partner nicht auf Netzwerke, sondern eröffnet eigene Standorte rund um die Welt. Inzwischen hat Rödl nach eigenen Angaben 108 Standorte in 50 Ländern.

„Unsere Kunden schätzen es, dass wir als Unternehmen mit einer Muttergesellschaft in Deutschland und Tochtergesellschaften im Ausland organisiert sind – ähnlich wie die Kunden selbst“, sagt Rödl. Die Frage danach, wie deutsche Wirtschaftsprüfer im Ausland organisiert sind, ist für viele deutsche Mittelständler, die verstärkt ins Ausland expandieren, tatsächlich ein wichtiges Kriterium geworden.

Ebner Stolz & Co. bauen auf Netzwerke

Indes: Die meisten kleineren und mittelständischen WP-Gesellschaften können es sich nicht leisten, ausländische Standorte zu unterhalten. Sie schließen sich daher internationalen Wirtschaftsprüfernetzwerken an. Mithilfe der Netzwerke können sie die Abschlüsse ausländischer Töchter deutscher Mandanten durch einen Partner im Ausland prüfen lassen.

So ist beispielsweise der siebtgrößte Wirtschaftsprüfer Ebner Stolz im Netzwerk Nexia und hat dort sogar den Vorsitz inne, was Ebner-Stolz-Partner Wolfgang Russ kürzlich im Interview mit FINANCE als großen Pluspunkt beschrieb. Auch die Big Four sind auf internationaler Ebene als Netzwerk organisiert, denn die Unternehmen im Ausland sind allesamt selbstständige und rechtlich voneinander unabhängige Mitgliedsfirmen. Da die Mitglieder aber alle den jeweiligen Namen der Big-Four-Gesellschaft tragen, wirken sie auf den ersten Blick wie global integrierte Firmen.

Die Vorteile von internationalen Netzwerken liegen auf der Hand: Die Netzwerkmitglieder können unkompliziert auf Spezialisten auf der ganzen Welt zurückgreifen, ohne selbst Standorte finanzieren zu müssen. Zum Teil kaufen die Gesellschaften gemeinsam Lizenzen für bestimmte Software oder tauschen Know-how untereinander aus. Aus einem Netzwerk wieder auszutreten, ist außerdem wesentlich einfacher, als Standorte zu schließen.

Rödl: „Mandanten sind unzufrieden mit Netzwerken“

Doch Christian Rödl sagt: „Netzwerke sind der falsche Weg, um die Anforderungen der mittelständisch geprägten Mandanten zu erfüllen.“ Er verweist darauf, dass Rödl & Partner zu Beginn seiner Geschichte selbst Teil eines Netzwerkes gewesen sei, damit aber schlechte Erfahrungen gemacht habe.

„Man hat keinen Einfluss darauf, wer in das Netzwerk kommt und wie die Qualität der Partner-Leistungen ist“, so Rödl. Die Abschlussprüfungen für die Töchter hätten nur eine niedrige Priorität gehabt, die Mandanten seien daher oft unzufrieden gewesen. „Dem Netzwerkpartner kann man eben nichts vorschreiben, da kann die Qualität auf der Strecke bleiben“, warnt der Vorsitzende der Geschäftsleitung, der behauptet, dass dies selbst für die Big Four gelte.

Deswegen habe sich sein Unternehmen vor mehr als 25 Jahren dafür entschieden, den langwierigen Weg zu gehen und sich aus eigener Kraft zu internationalisieren. Heute sieht Rödl die eigenen Standorte im Ausland als „Riesenvorteil am Markt.“ Mit dieser Struktur könne man die Betreuung unserer Mandanten viel besser abdecken.

Abschlussprüferrotation fordert Rödl heraus

Die Tatsache, dass Rödl seit mehreren Jahren im In- wie auch im Ausland stark wächst, scheint Christian Rödl recht zu geben. Doch jetzt droht eine Zäsur – die Abschlussprüferrotation.  Sie zwingt kapitalmarktorientierte Unternehmen dazu, ihren Abschlussprüfer spätestens nach zehn Jahren neu auszuschreiben. So manch börsennotiertes Unternehmen, das sich seit jeher von einer mittelständischen Gesellschaft prüfen lässt, könnte das nutzen, um zu einem der Big Four-Unternehmen zu wechseln.

Der Versuch, selbst in  Ausschreibungen neue Prüfmandate zu gewinnen, gestaltet sich bislang aber schwierig. Gewonnen hätte die Prüfungsmandate in den meisten Fällen eine Big-Four-Gesellschaft, erzählt Christian Rödl.

Rödl hofft auf neue Beratungsmandate

Das Problem liegt offensichtlich darin, dass die Unternehmen meistens nur zwei Wettbewerber aus Reihen der Big Four in den Bewerbungsprozess einladen können. Häufig ist die dritte bereits der Prüfer, und die vierte berät das Unternehmen. Um trotzdem einen Auswahlprozess mit mehreren Parteien durchführen zu können, laden sie noch kleinere WP-Häuser ein, oft aber ohne diese ernsthaft in Betracht zu ziehen.

Besser läuft es in der Steuer- und Rechtsberatung. Dort habe Rödl & Partner zahlreiche börsennotierte Unternehmen als Mandanten, betont Christian Rödl, ohne aber konkrete Namen zu nennen. Er sieht die Prüferrotation daher trotzdem positiv: „Wir werden im Beratungsbereich immer stärker wahrgenommen. Und selbst wenn wir nicht das Prüfmandat gewinnen, so können wir uns in Ausschreibungen doch präsentieren und haben die Chance auf ein Beratungsmandat.“

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Info

Der Artikel ist Teil einer Serie, in der FINANCE mit den Next-Ten-Gesellschaften darüber spricht, wie sie die besten Prüfungs- und Beratungsmandate gewinnen und sich dabei von den Big Four abgrenzen wollen. Weitere Teile der Serie sowie andere Artikel finden Sie auf unserer Themenseite zu den Next Ten.

Artikel, Interviews, Analysen und vieles mehr über KPMG, PwC, Deloitte und EY finden Sie auf unserer Themenseite zu den Big Four.

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.