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Continental-Vorstand will Automotive-Sparte abspalten

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Continental steht offenbar vor einer Aufspaltung: Der Vorstand prüft ein Spin-off der kriselnden Automotive-Sparte. Eine finale Entscheidung soll aber erst im vierten Quartal gefällt werden. Foto: Continental AG
Continental steht offenbar vor einer Aufspaltung: Der Vorstand prüft ein Spin-off der kriselnden Automotive-Sparte. Eine finale Entscheidung soll aber erst im vierten Quartal gefällt werden. Foto: Continental AG

Problemlösung durch Aufspaltung? Der Vorstand von Continental überlegt, den kriselnden Unternehmensbereich Automotive abzuspalten und separat vom restlichen Konzernverbund an die Börse zu bringen. Das teilte der Autozulieferer am heutigen Montagmittag mit.  

Über das Spin-off soll zwar erst im vierten Quartal entschieden werden, aber die entsprechenden Vorbereitungen dafür laufen laut Continental bereits. Vollzogen werden könnte das Vorhaben dann bis Ende 2025, wenn die Hauptversammlung den Plänen am 25. April 2025 zustimmt.  

Sorgenkind Automotive vom Rest trennen

Konkret würde Continental damit in zwei unabhängige Unternehmen aufgespalten: Auf der einen Seite stünde die Automotive-Sparte, die 2023 zwar auf einen Umsatz von 20,3 Milliarden Euro kam, ertragsseitig aber das große Sorgenkind im Konzern ist.  

Auf der anderen Seite würden die ertragsstarken Unternehmensbereiche Tires und Contitech unter dem Conti-Dach verbleiben. Sie kommen auf einen kombinierten Umsatz von etwa 20,8 Milliarden Euro, wobei zuletzt 14 Milliarden Euro auf das Reifengeschäft entfielen. „Diese Struktur wird ebenfalls Gegenstand der Detailprüfung sein“, heißt es jedoch noch etwas relativierend. Beide Unternehmen würden nach der Aufspaltung jeweils über etwa 100.000 Beschäftigte verfügen. 

Aufspaltungsgerüchte gab es bei Conti schon länger 

Die Idee, das Automotive-Geschäft abzuspalten und fortan unabhängig weiterzuentwickeln, ist nicht neu. Immer wieder gab es entsprechende Gerüchte und Forderungen – zuletzt im Herbst 2023. Der Vorteil: Nach einem Spin-off könnte sich Continental auf sein hochprofitables Reifengeschäft konzentrieren. 2023 kam dieses auf eine bereinigte operative Marge (Ebit-Marge) von 13,5 Prozent.  

Die Automotive-Einheit dagegen, in der unter anderem Brems- und Fahrwerksysteme, Anzeige- und Bedientechnologien sowie Lösungen für das assistierte Fahren gebündelt sind, hat weiterhin großen Restrukturierungsbedarf: Sie schreibt seit Jahren Verluste.  

2023 wies Conti für die Sparte zwar erstmals wieder ein Plus beim Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) aus, verfehlte dabei aber die selbst gesteckten Ziele. Hinzu kommt, dass das Ebit um Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte aus Kaufpreisallokation (PPA) bereinigt wurde sowie um Sondereffekte wie Restrukturierungskosten, die sich auf eine mittlere dreistellige Millionensumme addierten. 

Spin-off könnte erstes Großprojekt von Neu-CFO Schick werden

„In den vergangenen Monaten haben sich die Märkte und unsere Kunden insbesondere in der Automobilindustrie sehr dynamisch weiterentwickelt. So erfordern beispielsweise regional stark schwankende Entwicklungen der Märkte sowie die softwaregetriebene Technologietransformation künftig noch mehr Flexibilität und weitreichenden unternehmerischen Handlungsspielraum“, begründet Vorstandsvorsitzender Nikolai Setzer, dass er mit den Aufspaltungsplänen für Continental jetzt ernst macht.  

Diese werden damit zum ersten großen Projekt des neuen Finanzvorstands Olaf Schick. Er hatte den CFO-Posten am 1. Juli zusätzlich zu seinem bestehenden Ressort Integrität und Recht übernommen und bringt von früheren Positionen Finanz- und M&A-Erfahrung mit. 

Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle betonte, dass ein Spin-off von Automotive das Potential habe, Wettbewerbschancen, Agilität und Transparenz zu erhöhen. „Automotive könnte damit aus einer starken, unabhängigen Position künftig sein volles Wertschaffungspotenzial entfalten. Anlegern würde dieser Schritt zudem ermöglichen, in ein auf Automobilelektronik fokussiertes Unternehmen einzeln zu investieren“, so Reitzle weiter.  

Schaeffler-Familie als größte Aktionär   

Wie schon beim Spin-off von Vitesco Technologies im September 2021 würden die Conti-Aktionäre auch in diesem Fall Aktien des neu geschaffenen börsennotierten Automotive-Unternehmens erhalten – jeweils anteilig nach ihrer Continental-Beteiligung.  

Der größte Conti-Aktionär ist seit 2009 die Familie Schaeffler, die über ihre Familienholding IHO Gruppe 46 Prozent der Aktien hält. Weil sich der Rest in Streubesitz befindet, würde IHO auch zum zentralen Eigentümer des Automotive-Spin-offs werden. Die Schaeffler‘sche Familienholding verfügt zudem über sämtliche Stimmrechte bei Schaeffler sowie mittlerweile zusammen mit Schaeffler über knapp 89 Prozent der Vitesco-Aktien. Derzeit wird die Verschmelzung von Schaeffler und Vitesco vorangetrieben. Sie soll im vierten Quartal 2024 abgeschlossen werden.  

Für Jefferies-Analyst Michael Aspinall ist das angedachte Spin-off von Contis Automotive-Sparte „der bisher umfassendste Vorschlag“ in der laufenden Transformation des Konzerns. „Das Ergebnis wären ein Unternehmen aus Tires und Contitech, das Michelin sehr ähnlich wäre, sowie ein reiner Automobilzulieferer im Stile von Forvia, Valeo und Schaeffler“, schrieb er in einer ersten Reaktion.

Lena Scherer ist Redakteurin bei FINANCE. Sie hat Publizistik, Anglistik und Komparatistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz studiert und nebenbei für verschiedene Redaktionen gearbeitet. Bevor sie zu FINANCE kam, war sie mehr als acht Jahre lang beim Branchen-Fachdienst buchreport aktiv, zuletzt als Co-Chefredakteurin. Dort hat sie unter anderem Marktanalysen vorgenommen sowie die Bereiche Fachinformation, Recht/Wirtschaft/Steuern und Digitales betreut.