Deutschland befindet sich in der Rezession. Die Insolvenzzahlen steigen. Laut dem Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) meldeten im vergangenen Quartal so viele deutsche Unternehmen Insolvenz an wie zuletzt 2010 kurz nach der Finanzkrise. Andere sind in der Restrukturierung und kämpfen gegen die Insolvenz; als prominente Fälle der jüngeren Zeit wären hier Baywa oder Varta zu nennen.
Und wer sich noch nicht restrukturieren muss, versucht alles, um nicht in die Krise zu geraten. Das hat auch Auswirkungen auf die Fähigkeiten, die aktuell bei CFOs oder Managern, die es werden wollen, gefragt sind, hat Baris Kartal, Managing Partner der Personalberatung Signium festgestellt. Als Headhunter ist Kartal für Finanzinvestoren in den Bereichen Private Equity, Real Estate und andere Alternatives sowie deren Portfoliounternehmen tätig.
„In der aktuellen wirtschaftlichen Situation sollte ein CFO in der Lage sein, die Aufgaben eines Chief Restructuring Officers – kurz CRO – übernehmen zu können“, weiß der Headhunter zu berichten. „Idealerweise ist ein CFO in der Lage, ein Unternehmen nicht nur zu führen, sondern auch zu transformieren.“ Dabei gehe es nicht nur darum, kurzfristige finanzielle Stabilität zu sichern, sondern auch, das Unternehmen langfristig gesund aufzustellen. „Der CFO sollte auf Krisen reagieren können und bereit sein, ungemütliche Entscheidungen zu treffen, die idealerweise in eine langfristige Strategie münden“, so Kartal.
Besonders in Krisenbranchen sind CRO-Skills gefragt

Besonders in den aktuell schwer krisengeschüttelten Branchen wie etwa Automotive, Bauwirtschaft, Immobilien, Einzelhandel und Gastgewerbe sind CFOs mit CRO-Skillset gefragt. „Unternehmen aus diesen Branchen stehen vor großen Herausforderungen und müssen sich oft transformieren, und daher sind CRO-Fähigkeiten dort besonders wichtig“, sagt Kartal.
An dieser Stelle bieten sich Chancen für CFOs, die über Private-Equity-Erfahrung verfügen. Diese sind in den meisten Fällen transformationserprobt und mit Change-Prozessen vertraut. „Dieses in den Portfoliounternehmen gesammelte Wissen lässt sich aktuell auch bei Unternehmen mit einer anderen Eigentumsstruktur anwenden“, sagt Kartal.
Umgekehrt suchen aber auch Private-Equity-Fonds händeringend nach Personal für ihre Portfoliounternehmen. Laut einer Umfrage der Unternehmensberatung FTI-Andersch und des Centers for Corporate Transactions and Private Equity (CCTPE) der HHL Leipzig Graduate School of Management berichten aktuell mehr als zwei Drittel der Private-Equity-Fonds in Deutschland von Schwierigkeiten, offene Stellen in ihren Portfolio-Gesellschaften zu besetzen.
Private-Equity-Erfahrung ist kein Muss
Hier haben laut Kartal auch CFOs ohne Private-Equity-Hintergrund gute Chancen auf eine Anstellung. „Es ist vorteilhaft, wenn jemand Erfahrungen in diesem Bereich hat, aber kein Muss. Wichtig ist, dass der Kandidat die notwendigen Fähigkeiten und das richtige Mindset mitbringt.“
Das heißt: Damit der CFO glaubwürdig wirken und alle Stakeholder mitnehmen kann, muss er mit den Werten des Unternehmens übereinstimmen. „Ich brauche niemanden zu Rheinmetall zu bringen, der gegen Waffen ist, das wird nicht funktionieren“, betont Kartal.
Denn auch die Kommunikation ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit – besonders bei Unternehmen in der Transformation. „Der CFO muss in der Lage sein, Vertrauen bei den Stakeholdern aufzubauen und klar zu kommunizieren. Dies ist entscheidend für den Erfolg von Restrukturierungsmaßnahmen“, so der Headhunter.
Moderne CFOs haben oft einen strategischen Hintergrund
Die veränderten Anforderungen zeigen sich laut Kartal auch in den Hintergründen vieler Finanzentscheider. Moderne CFOs besäßen heutzutage oft einen Hintergrund in Strategie und Restrukturierung, anstatt nur im Controlling oder der Wirtschaftsprüfung. „Die Möglichkeit, auf Krisen zu reagieren, sollte Teil des CFO-Profils sein.“
Wer diese Anforderungen erfüllt, hat Kartal zufolge gute Chancen, einen CFO-Posten – auch bei einem PE-Portfolio-Unternehmen – zu ergattern. „Die Nachfrage ist aktuell immens und es gibt eine begrenzte Anzahl an Kandidaten, die dem Anforderungsprofil entsprechen. Wer den richtigen Handwerkskoffer und das richtige Feingefühl besitzt, wird nicht lange auf ein passendes Angebot warten müssen.“
Falk Sinß ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Soziologie, Politologie und Neuere und Mittlere Geschichte in Frankfurt am Main sowie in Mainz Journalismus studiert, wo er auch einen Lehrauftrag inne hatte. Vor seiner Zeit bei FINANCE war Falk Sinß drei Jahre Redakteur der Zeitschrift Versicherungswirtschaft und zehn Jahre für verschiedene Medien des Universum Verlags tätig.
