Der Elektronikfachhändler Ceconomy, der Modehändler René Lezard und der Autozulieferer Grammer sind nur einige von vielen Unternehmen, die in einer schwierigen Phase auf einen Interims-CFO gesetzt haben. Kein Wunder, dass die Nachfrage nach Kurzzeit-Managern boomt: Laut der Dachgesellschaft Deutsches Interim Management (DDIM) ist das Honorarvolumen von 640 Millionen Euro im Jahr 2010 auf fast 2 Milliarden Euro im Jahr 2018 angeschwollen. Für 2019 rechnet der DDIM nochmal mit über 10 Prozent Wachstum. Die Zahl der Interims-Manager hat sich im gleichen Zeitraum auf 10.500 Experten verdoppelt.
Einsatzorte von Interims-CFOs
Doch wann brauchen Unternehmen die Interims-CFOs? Sie kommen dann zum Einsatz, wenn Chaos herrscht: Sie sollen das Unternehmen sanieren, den plötzlichen Weggang eines Finanzchefs überbrücken oder Digitalisierungsprojekte vorantreiben, weil es die vorhandene Mannschaft nicht kann. Besonders beliebt sind Interims-Manager bei Private-Equity-Investoren, die häufig kaum einen Stein auf dem anderen lassen. Sie schätzen Spezialisten, die ihre Portfoliounternehmen schnell auf Gewinn trimmen.
Außerdem werden sie immer mehr für definierte Projekte geholt. Über 31 Prozent von 1.028 befragten Interimsprofis gaben an, für derartige Aufgaben zu Unternehmen zu gehen. Bei dieser Entwicklung spielt die Digitalisierung eine zentrale Rolle: Viele Unternehmensmitarbeiter haben nicht das Knowhow, um IT-Projekte umzusetzen. Auch CFOs fehlt dieses oft. Eine Übergangslösung kann die vorhandene Mannschaft weiterbilden und auch einen langfristigen CFO-Nachfolger heranziehen, der dann das nötige Wissen angesammelt hat.
Kommunikation ist für Interims-CFOs das A und O
Doch ganz so simpel, wie einfach nur die Ärmel hochkrempeln und schauen, wo der größte Hebel für das Unternehmen ist, laufen die Dinge nicht. Die Interims-Manager müssen einiges mitbringen. Zum Beispiel „muss man kaltstartfähig sein“, sagt Karl Markel, Gründer der Personalberatung Treasury Executives 53° und selbst Interims-CFO. „Sonst bekommt man keinen Fuß auf die Erde.“ Paul Taaffe, CEO der Personalvermittlung Finance People Solutions, pflichtet ihm bei: „Die Lage bei Unternehmen ist oft so unübersichtlich, dass man schnell etwas übersieht.“
Auch müssen die Kurzzeitchefs herausragende Kommunikatoren sein. „An erster Stelle steht die Kommunikation mit den handelnden Personen“, sagt Karl Markel. Der Personalberater ist immer wieder als Interims-Manager unterwegs und schaut vor Ort stets, welche Mitarbeiter ihm weiterhelfen können und wollen. „Nur ein Team kann die Probleme lösen“, sagt er. „Nichts ist schlimmer, als wenn ein Übergangsmanager autistisch loslegt.“
Das muss man allerdings lernen: Ohne ausreichenden Track Record und Erfahrungsschatz sollte man sich deshalb nicht auf den Interimsmarkt begeben. Fehlgriffe oder schlechte Stationen können sich Interimsfinanzchefs nicht leisten, denn im Markt spricht sich schnell herum, welcher Interims-Manager kompetent ist und welcher nicht.
Der Druck wird durch die Arbeitspapiere erhöht: Interimsverträge haben nur eine kurze Kündigungsfrist. Wenn dem neuen Unternehmen die Arbeit nicht gefällt, dann muss der Interims-Manager seinen Schreibtisch räumen, bevor er seinen Aktenkoffer ausgepackt hat. Auf eine Abfindung kann er ebenfalls nicht hoffen.
Karrieresprungbrett Interims-CFO
Dieser hohe Erfolgsdruck schreckt Nachwuchs-Interims-Manager oft ab. Ein im deutschen Markt noch recht neues Konzept soll die Grenzen zwischen Fest- und Kurzzeitanstellung nun aufweichen: Es heißt Interim to Perm. „Hierbei werden CFOs temporär angestellt, nach einem festgelegten Zeitraum kann das Vertragsverhältnis dann in einen längerfristigen Vertrag umgewandelt werden“, erklärt Paul Taaffe. Er beobachtet ohnehin, dass CFOs mittlerweile deutlich kürzer bei ihren Unternehmen bleiben. Daher passe das Modell gut in den Zeitgeist, weshalb er großes Potential für diese Variante sieht.
Besonders CFOs, die ihre Füße ins kalte Wasser des Interimsmarkts dippen wollen, könnten von dem Vorgehen profitieren. Immerhin ist eine Weiterbeschäftigung bei beiderseitiger Zustimmung vertraglich bereits fixiert, das verschafft Sicherheit. Allerdings: Wenn ein Unternehmen und ein Interims-CFO gut miteinander können, können sie theoretisch auch so ihre Zusammenarbeit verlängern.
Hohes Risiko, aber gute Bezahlung
Der hohe Stressfaktor, der Performance-Druck und die kurzlaufenden Verträge sind ohne Frage Negativfaktoren. Aber sie spiegeln sich auch im Gehalt wieder – besonders wenn sich ein Interims-CFO im Markt etabliert hat. Die Tagessätze für einen CFO fangen bei 1.000 Euro an, wie die Personaldienstleister von Robert Walters ausgerechnet haben. In der Spitze ist aber deutlich mehr möglich. Karl Markel beobachtet regelmäßig Tagessätze von 1.500 Euro, bei Milliardenkonzernen sogar von 2.500 Euro. Bei 200 Arbeitstagen entspricht das vor Steuern immerhin 500.000 Euro. Sein Kollege Paul Taaffe hält gar noch höhere Honorare für möglich: „Stars im Interimsmarkt kommen auf bis zu 5.000 Euro am Tag inklusive Bonus“, beobachtet er. Im Jahr summiert sich das auf bis zu 1 Million Euro. In Zeiten ohne Mandat können sich Kurzzeitspezialisten dann ausruhen und auf die nächste Aufgabe vorbereiten.
Wie steigen Interims-CFOs am besten ein?
CFOs und Finanzexperten, die ausprobieren wollen, ob sie als Interims-Manager bestehen, können durch die flexiblen Verträge in jedem Fall recht unverbindlich schauen, ob sie sich in der Rolle wohlfühlen. Wichtig ist, sich zu Beginn eine Branche zu suchen, in der man sich auskennt. Ein harter Sanierungsfall, bei dem es ums Überleben geht und viele verschiedene Interessen abgewogen werden müssen, ist für den Einstieg sicher nicht die beste Wahl.