Frau Siebeke, zuletzt haben Konzerne im Dax und MDax wie Vonovia, Beiersdorf oder Kion vermehrt Finanzchefinnen berufen. Werden Frauen auf der CFO-Position mittlerweile bevorzugt?
Nein, so würde ich das nicht sagen. Das geht allein aufgrund der gesetzlichen Vorgaben zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen nicht. Wir beobachten aber durchaus: Bei gleicher Qualifizierung befördern Unternehmen derzeit gerne eine Frau zum Finanzvorstand. Gleichbehandlung ist grundsätzlich aber dringend notwendig, weil keine Managerin als Quotenfrau gelten will.
Trotz der vermeintlichen Gleichbehandlung sind nur sieben von 80 Finanzvorständen in den beiden Leitindizes weiblich – weniger als 10 Prozent. Das ist nicht gerade ausgeglichen.
Das stimmt. Der Trend geht aber in die richtige Richtung. In diesem Jahr haben drei von acht Konzernen im Dax und MDax Frauen als CFO berufen. Das entspricht einem Anteil von 38 Prozent. 2017 waren es indes nur zwei von elf. Bis zu einem Frauenanteil auf der CFO-Position von 30 Prozent ist es aber noch ein weiter Weg.
Weibliche CFOs: Die Frauenquote wirkt
Was stimmt Sie optimistisch, dass es sich bei den jüngsten Berufungen nicht um ein Strohfeuer, sondern um einen langfristigen Trend handelt?
Die Frauenquote für den Aufsichtsrat scheint Wirkung zu zeigen, denn dadurch zieht eine weibliche Perspektive in die Kontrollgremien ein, die es bis dahin in diesem Ausmaß noch nicht gab. Wissenschaftlich ist zudem gemeinhin anerkannt, dass, sobald ein Gremium zu 30 Prozent aus Frauen besteht, deren Meinung deutlich wichtiger wird. Auf diesen Erkenntnissen beruht auch die Höhe der Quote für den Aufsichtsrat. Das alles wirkt sich auf die Auswahl bei CFO-Kandidaten aus, da die Kontrolleure den Finanzvorstand ja letztlich bestellen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die weniger bekannte Zielgrößenverpflichtung: Börsennotierte Konzerne müssen seit 2015 offenlegen, zu welchem Anteil der Vorstand aus Frauen bestehen soll.
Diese selbst auferlegte Quote ist aber nicht verpflichtend.
Nein, aber Unternehmen müssen jedes Jahr in ihrem Lagebericht offenlegen, ob sie ihr Ziel erreicht haben. Die Zielquote darf zudem nicht sinken, wenn der Wert ohnehin unter 30 Prozent liegt.
Noch sind weibliche CFO-Talente rar gesät
Feste Quoten haben viele Kritiker. Sie sprechen selbst von der berüchtigten Quotenfrau. Beiersdorf, Vonovia und Fresenius haben auf branchenfremde Managerinnen zurückgegriffen, was unüblich ist. Da drängt sich die Frage auf: Gibt es überhaupt genug potentielle Finanzchefinnen?
In einigen Branchen mag es auf den ersten Blick schwierig erscheinen Frauen zu finden, die zum jetzigen Zeitpunkt eine CFO-Position ausfüllen können. Als Finanzexperte ist es aber relativ einfach, die Branche zu wechseln. Dies hilft Unternehmen, ihren Talentpool zu erweitern, indem sie auf externe Managerinnen zurückgreifen.
„Immer mehr Frauen werden ausgebildet, später Führungsaufgaben zu übernehmen.“
Externen Managerinnen fehlt aber die Vernetzung in ihrem neuen Unternehmen – und sie müssen sich gleichzeitig in eine neue Branche einarbeiten. Das klingt nach einem schwierigen Start.
Ja, wenn man von außen kommt, ist es immer schwieriger – egal ob als Mann oder als Frau. Entscheidend ist aber die Finanzexpertise. Ein anderer wichtiger Aspekt ist die Lern- und Adaptionsfähigkeit. Und speziell diese Fähigkeiten bringen eine Menge Frauen mit. Außerdem haben viele Konzerne das Problem der fehlenden Talente inzwischen erkannt und etablieren neue Prozesse und Steuerungsinstrumente, um den gleichberechtigten internen Aufstieg zu erleichtern. Dadurch werden immer mehr Frauen dazu ausgebildet, später einmal Führungsaufgaben zu übernehmen.
Info
Wie entwickelt sich der Anteil von Frauen auf der CFO-Position? Eine ausführliche Analyse der aktuellen Situation finden Sie in der Titelgeschichte des aktuellen FINANCE-Magazins, das Sie hier als e-Paper beziehen können.
Wie weibliche CFOs ihren beruflichen Aufstieg erlebt haben und welche Sichtweise eine Aufsichtsrätin und eine Personalberaterin auf das Thema haben, finden Sie in den kommenden Wochen in loser Folge in dieser Serie sowie gebündelt auf unserer Themenseite Frauen in Finance. Hier geht es zu Teil 1 der Serie.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.