Bernhard Günthers Zeit bei dem Energiekonzern Innogy neigt sich dem Ende zu. Wie der CFO im Interview mit dem „Handelsblatt“ erklärte, will er die Essener nach der vollständigen Zusammenführung mit E.on verlassen. „Ich stehe so lange zur Verfügung, bis alle Arbeiten für die Verschmelzung erledigt sind“, erklärte der Finanzchef. „Wenn der Auftrag erfüllt und Innogy erfolgreich in die neue E.on übergegangen ist, werde ich aber ausscheiden.“
Damit dürfte klar sein, dass der 52-Jährige seinen Vertrag, der bis Ende September 2022 läuft, nicht voll erfüllen wird. Denn E.on hat sich zum Ziel gesetzt, die Übernahme von Innogy im kommenden Jahr abzuschließen. Seit September hält der Dax-Konzern 90 Prozent der Innogy-Anteile, der Squeeze-out der verbleibenden Aktionäre soll bis Mitte 2020 vollzogen sein. Dies ist – neben der Verhandlungen mit den Gewerkschaften über einen Sozialplan – die Voraussetzung für die vollständige Verschmelzung der beiden Gesellschaft.
Bernhard Günther übernahm Personalressort bei Innogy
Bernhard Günther war im Zuge der Verkleinerung des Innogy-Vorstandes im Oktober als einziger des früheren Innogy-Vorstands an Bord geblieben und hatte auch den Posten des Personalvorstands übernommen. Insofern hat er eine Schlüsselrolle bei der Verschmelzung inne.
Überraschend kommt die Ankündigung des Abgangs indes nicht, denn für den Vorstand der neuen E.on wurde Günther nicht berücksichtigt. Den Posten als Finanzchef wird dort auch weiterhin Marc Spieker inne haben. Dass sich der erfahrene MDax-CFO Günther dauerhaft mit einer Rolle als Geschäftsführer einer Tochter begnügen würden, erschien kaum wahrscheinlich.
Günther stand seit dem Aufstieg in den RWE-Konzernvorstand im Juli 2012 in der ersten Führungsriege. Im Zuge der Aufspaltung des Energiekonzerns wechselte er 2016 als Finanzchef zur damaligen RWE-Tochter Innogy.
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Günther kann sich auch Beratertätigkeit vorstellen
Wie es für ihn weitergeht, hat Günther nach eigenem Bekunden noch nicht entschieden: „Natürlich mache ich mir Gedanken. Das ist für mich aber auch eine ungewohnte Situation. Ich bin vor 20 Jahren zu RWE gekommen und musste mich seither nicht mehr nach einem neuen Arbeitgeber umschauen“, erklärt der promovierte Volkswirt im Handelsblatt-Interview.
Grundsätzlich könne er sich wieder ein Fulltime-Job vorstellen. Vielleicht entscheide er sich aber auch für eine Beratungstätigkeit oder übe mehrere Aufsichtsratsmandate nebeneinander aus.
Tatmotiv im beruflichen Umfeld vermutet
Bernhard Günther war im März 2018 Opfer eines Säureanschlags geworden. Der Manager erlitt dabei schwere Verletzungen und schwebte zeitweise sogar in Lebensgefahr. Dennoch nahm Günther nur zwei Monate nach dem Anschlag seine Arbeit wieder auf und übernahm die Verantwortung für die Vorbereitung des Verkaufs an E.on.
Günther selbst geht davon aus, dass die nach wie vor nicht aufgeklärte Tat ihren Ursprung in seinem beruflichen Umfeld hat. Der Finanzchef hat eine bestimmte Person im Verdacht, wie er in dem Handelsblatt-Interview bestätigt. Ein Tatverdächtiger wurde zwischenzeitlich wieder aus der Untersuchungshaft entlassen.
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