Überraschender Schritt des scheidenden Uniper-CFOs Christopher Delbrück: Der Finanzchef des MDax-Konzerns, der sein Amt Ende August niederlegen wird, wechselt zu einem Start-up. Er soll der erste CFO des noch jungen Unternehmens Lilium werden, das an einem Transportangebot mit emissionsfreien Flugtaxis arbeitet. Bis 2025 sollen die Jets in verschiedenen Städten weltweit eingesetzt werden. Der Plan: In einer Stunde sollen die Flieger bis zu 300 Kilometer zurücklegen können, Passagiere sollen über eine App den nächstgelegenen Landeplatz finden. Ist das Netz an Landeplätzen dicht genug, könnte Lilium damit wie ein Lufttaxi funktionieren.
Delbrück reizt die Aufgabenstellung bei Lilium: „Wir haben die Möglichkeit, den Mobilitätssektor grundlegend zu verändern. Sowohl die Technologie als auch die Innovationskraft des Unternehmens finde ich faszinierend“, sagte der CFO im Gespräch mit FINANCE über seine neue Aufgabe.
Zurzeit hat Lilium etwa 300 Mitarbeiter. Delbrück wird die Finanzabteilung selbst mit aufbauen. „Die Herausforderung liegt darin, jetzt bereits eine Struktur zu schaffen, die auch bei starkem Unternehmenswachstum in drei bis vier Jahren noch trägt“, sagt er. Als Uniper als Spin-off von E.on gegründet wurde, hat er schon einmal eine neue Unternehmensstruktur erarbeitet – nun ist die Ausgangslage noch einmal eine andere: „Wir starten ohne Legacy-Systeme und können komplett neu anfangen. Diese Freiheit hat man als Konzern-CFO in aller Regel nicht“, freut sich Delbrück. Spätestens am 1. September soll der Finanzchef bei dem bayerischen Unternehmen die Arbeit aufnehmen.
CFO Delbrück kehrt der Konzernwelt den Rücken
Bei Uniper hantierte Delbrück mit Finanzierungen und M&A-Deals im Milliardenvolumen, bei Lilium wird der Fokus wohl eher auf anderen Themen liegen. Das 2015 gegründete Start-up hat große Wachstumspläne und dürfte in Zukunft eher vor der Herausforderung stehen, neue Investoren zu gewinnen, um die bislang noch weitgehend unerprobte Flugtechnologie zur Marktreife zu bringen.
FINANCE-Köpfe
Aktuell zehrt das Hightech-Unternehmen von einer Finanzierungsrunde aus dem Herbst 2017, bei der es 90 Millionen US-Dollar einwerben konnte. Insgesamt liegt das bis dato investierte Kapital bei mehr als 100 Millionen Dollar. Bereits jetzt ist jedoch klar, dass diese Summe für das Erreichen einer Serienproduktion nicht ausreichen wird.
Zu den Lilium-Investoren gehören neben dem aus der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ bekannten deutschen Start-up-Investor Frank Thelen auch der Skype-Mitgründer Niklas Zennström, der chinesische Internetkonzern Tencent sowie der Twitter-Mitgründer Ev Williams und eine Privatbank aus Liechtenstein.
Christopher Delbrück führte Uniper an die Börse
Für Delbrück ist der Schritt zu einem Start-up ein Sprung in eine neue Welt. Der Manager startete seine Karriere bei dem Beratungsunternehmen BCG, wechselte danach für zwei Jahre zu einem Softwareunternehmen und schließlich 2002 zu E.on. In dem Dax-Konzern hatte er in den folgenden Jahren verschiedene Leitungspositionen inne.
2016 wechselte er dann zu dem Spin-off Uniper, das er im Herbst 2016 an die Börse führte und das heute im MDax gelistet ist. Zwischenzeitlich übernahm Delbrück dort interimistisch auch den Chefposten, als CEO Klaus Schäfer erkrankt ausfiel. Beide gaben vor Anfang 2019 bekannt, ihr Amt spätestens Ende August niederlegen zu wollen, weil sie sich strategisch mit dem Großaktionär Fortum nicht einig wurden.
Auch Lilium-Wettbewerber Volocopter holte CFO
Lilium will von Delbrücks ausgewiesener Managementerfahrung in Großunternehmen profitieren. Lilium-Mitgründer und CEO Daniel Wiegand bescheinigt seinem neuen CFO „ein ausgeprägtes unternehmerisches Selbstverständnis.“
Lilium ist nicht das einzige Unternehmen, das Lufttaxis etablieren will und sich dafür CFO-Expertise geholt hat. Aus Deutschland arbeitet der Wettbewerber Volocopter ebenfalls an einem Flugtaxi, auch wenn sich die Konzepte in technischer Hinsicht unterscheiden. Volocopter ähnelt eher einer Drohne und wird von 18 kleinen Rotoren angetrieben. Der Volocopter eignet sich für kurze Strecken in großen Städten, das Unternehmen testet seine Fluggeräte gerade in Dubai und Singapur.
Die Lilium-Maschine dagegen wird als Senkrechtstarter konzipiert. Sie erreicht höhere Geschwindigkeiten und längere Distanzen und dürfte daher eher bei der Überbrückung mittellanger Strecken Nachfrage erfahren. Volocopter hat sich im vergangenen Jahr ebenfalls CFO-Unterstützung geholt: Dort ist der frühere Kreditech-Finanzchef Rene Griemens an Bord. Neben den beiden deutschen Start-ups arbeiten auch Konzerne wie Airbus und Boeing sowie diverse US-Firmen an der Entwicklung von batteriegetriebenen Lufttaxis.
Info
Erfahren Sie mehr über die Vita des neuen Lilium-CFOs im FINANCE-Köpfe-Profil von Christopher Delbrück.