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Ardian verliert Weber Automotive

Weber Automotive geht zurück in Familienhand.
Weber Automotive

Weber Automotive ist insolvent: Der Markdorfer Autozulieferer, früher ein Familienunternehmen, bis im Dezember 2016 die Private-Equity-Gesellschaft Ardian eine Mehrheitsbeteiligung erwarb, musste am heutigen Montag Insolvenz in Eigenverwaltung anmelden. Betroffen sind 1.500 Mitarbeiter, ein Drittel davon am Stammsitz in der Nähe des Bodensees.

Im Hintergrund der Insolvenzanmeldung spielt sich ein großer Konflikt ab: Im Zuge des Verfahrens erhebt die französische Private-Equity-Gesellschaft schwere Vorwürfe gegen die Altgesellschafter, die Familie Weber. Diese behielt nach dem Buy-out eine Minderheitsbeteiligung und stellte bis Ende 2018 auch die Unternehmensführung. „Die ambitionierte Geschäftsplanung der Altgesellschafter hat sich nicht im Ansatz materialisiert. Die bis heute erreichte Ertragskraft liegt signifikant unter der Prognose der Geschäftsführung“, bemängelt Ardian in einer Stellungnahme.

Weber Automotive verfehlt Wachstumspläne deutlich

Beispiel Umsatzentwicklung: Weber Automotive wurde 2016 als klarer Wachstums-Case am M&A-Markt positioniert. In den fünf Jahren vor dem Buy-out hatte die Weber-Familie den Umsatz von 74 auf über 300 Millionen Euro nach oben getrieben. Unter Ardians Regie sollte sich der Umsatz noch ein weiteres Mal verdoppeln und Weber Automotive dann Kurs in Richtung Börsengang nehmen, so der Plan zu Beginn der Partnerschaft.

Doch statt weiter dynamisch zu wachsen, stagnierte die Entwicklung: Dem „Handelsblatt“ zufolge rangierten die Umsatzwerte zuletzt immer noch bei rund 300 Millionen Euro. Das Fehlen der eingeplanten Umsätze hatte schwere Folgen für die Bilanz: „Aufgrund einer weiteren Verschlechterung der Ertragsentwicklung 2018 konnte Weber Automotive seine Kreditvertragsbedingungen (Covenants) nicht mehr erfüllen“, räumt Ardian ein.

In einer darauffolgenden Stillhalteperiode konnten sich Ardian, die finanzierenden Banken und die Weber-Familie nicht auf eine Lösung verständigen, obwohl ein Sanierungsgutachten vorliegt. Dieses forderte nach Darstellung des Finanzinvestors neben Kapitalzusagen seitens der Gesellschafter und der Banken auch eine langfristige Mietminderung von mindestens 5 Millionen Euro pro Jahr.

Weil die Familie Weber – immer noch Eigentümer der Betriebsimmobilien – dazu nicht bereit gewesen sei, habe Weber Insolvenz anmelden müssen. Die Weber-Familie wehrt sich gegen diese Darstellung: „Wir haben als Familie verschiedene Angebote zur Rettung der Weber Automotive unterbreitet, die jedoch nicht angenommen wurden“, zitiert das Handelsblatt einen Sprecher der Familie.

Ardian startet juristischen Schlagabtausch

Die Rettungschancen für den Mittelständler dürfte der Gesellschafterstreit schmälern, denn hinter den Kulissen scheint der Konflikt eskaliert zu sein. Und scheinbar geht es auch um wesentlich mehr als nur um die Lastenverteilung bei den notwendigen Finanzspritzen. Ardian wirft der Familie vor, „in Summe deutlich mehr Kapital aus dem Unternehmen abgeschöpft als eingebracht“ zu haben. Für den Private-Equity-Investor ist das Tischtuch zerschnitten: „Angesichts des beschriebenen Verhaltens existiert keine Vertrauensbasis mehr zwischen den Altgesellschaftern und Ardian, die eine Fortsetzung der Beziehung als Co-Gesellschafter ermöglicht.“

Offenbar bahnt sich darüber hinaus auch noch ein juristischer Schlagabtausch an. Ardian spricht von „Sachverhalten, die eine umfassende Aufarbeitung notwendig machen. Entsprechende Maßnahmen sind bereits eingeleitet.“

Diese Auseinandersetzung dürfte für viel Wirbel sorgen – insbesondere in der Bodenseeregion in und um Markdorf. Weber Automotive ist der größte Arbeitgeber der Gemeinde, der politische und gesellschaftliche Einfluss von Gründer Albert Weber und seinen Nachfolger ist groß. Noch bis September vergangenen Jahres lag auch die Geschäftsführung noch bei den Söhnen des Gründers, Christian und Daniel Weber.

Private-Equity-Krisen häufen sich

Ardians Probleme sind freilich kein Einzelfall: Die Zahl der Krisenfälle mit Private-Equity-Hintergrund nimmt zu – insbesondere in der Automotive-Industrie, in der wegen der Krise der großen Automobilhersteller derzeit noch mehr Kostendruck herrscht als ohnehin schon üblich.

Aber auch Unternehmen aus anderen Branchen, die von Private Equity mit optimistischen Wachstumserwartungen übernommen wurden, geraten ins Wanken. So musste der niederländische Finanzinvestor Gilde in den vergangenen Wochen gleich bei zwei deutschen Portfoliounternehmen die Macht an die Banken abgeben – beim Zeltbauer Losberger de Boer und bei dem Tiefkühllieferanten Eismann.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

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