Die Börsengänge von Rocket Internet und Zalando haben das Tor für junge Internetunternehmen an die Börse weit aufgestoßen. Als nächstes schlüpfte Anfang Mai der Onlineshop für Babyprodukte Windeln.de hindurch, aber der IPO enttäuschte. Nun will es das Berliner Venture-Capital-Unternehmen German Startups Group besser machen und die Marktlage nutzen. Der Markt für Börsengänge ist in Deutschland so offen wie lange nicht, wie die jüngsten Gänge aufs Parkett von Sixt Leasing oder der Wacker-Chemie-Tochter Siltronic zeigen.
Was lange in Deutschland unvorstellbar war, passiert nun wieder: Auch junge Internetunternehmen fassen sich ein Herz und wagen den Börsengang trotz ihrer überschaubaren Unternehmenshistorie. Bei Windeln.de dauerte es von der Gründung bis zum Börsengang weniger als fünf Jahre, bei German Startups – das erst Mitte 2012 in Berlin gegründet wurde – wären es sogar nur rund drei Jahre, sollte der IPO – wie von CEO und Gründer Christoph Gerlinger beabsichtigt – noch in diesem Jahr über die Bühne gehen. Wahrscheinlich ist sogar ein IPO-Versuch noch vor der Sommerpause.
Auch Jungunternehmen wagen sich wieder an die Börse
Wie jung das Unternehmen noch ist, zeigt auch ein Blick auf das Management: Während sowohl Windeln.de als auch Sixt Leasing kurz vor dem Börsengang noch einen CFO installiert haben, verzichtet die Deutsche Startups Group zunächst auf diesen Schritt, da sie gemessen an ihrer Unternehmensgröße einen dreiköpfigen Vorstand nicht für angemessen hält, wie Gerlinger gegenüber FINANCE erklärte. Stattdessen werde er in seiner Rolle als CEO, wie bereits bei seinen vorherigen Stationen Frogster und CDV Software Entertainment, auch die CFO-Aufgaben übernehmen. In dieser Konstellation führte er beide Unternehmen an die Börse.
Dies könnte auch daran liegen, dass die German Startups Group nicht sofort im Oberhaus der Frankfurter Börse (Prime Standard) startet, sondern seine Kapitalmarktgeschichte eine Etage tiefer im weniger stark regulierten Entry Standard beginnen will. Dort ist auch Rocket Internet notiert.
Dies sei hauptsächlich auf Anraten des beratenden Bankenkonsortiums um die Commerzbank (Joint Bookrunner), Hauck & Aufhäuser Privatbankiers, BHF-Bank und die Quirin Bank geschehen, erklärte CEO Christoph Gerlinger gegenüber FINANCE. Da das seit dem ersten vollen Geschäftsjahr profitable Unternehmen bereits jetzt nach IFRS bilanziert, sei ein späterer Segmentwechsel jedoch jederzeit möglich.
CEO Christoph Gerlinger will Zugang zur Assetklasse Startups eröffnen
Mit dem geplanten IPO möchte Gerlinger Investoren den Zugang zur Assetklasse „Deutsche Startups“ ermöglichen. Der Unterschied zur Unternehmensschmiede Rocket Internet liegt dabei in erster Linie darin, dass German Startups auch nach dem Börsengang kein Company Building betreiben möchte. Dies bedeutet, dass das Venture-Capital-Unternehmen nicht bei der Gründung des Unternehmens mitwirkt, sondern frühestens in der nächsten Entwicklungsstufe, der so genannten „Seed Stage“, einsteigt. Ein weiterer Unterschied zu Rocket Internet ist, dass German Startups in Deutschland investiert, das Schwergewicht aus Berlin hingegen vor allem in Schwellenländer.
Das Besondere: Im Gegensatz zu den üblichen VC-Gesellschaften finanziert German Startups seine Targets nicht aus einem Fonds, sondern aus der eigenen Bilanz heraus. Dies hat zur Folge, dass die Beteiligungen nicht – wie bei einem VC-Fonds – am Ende der Laufzeit des Fonds verkauft werden müssen.
IPO-Erlös soll vor allem in Mehrheitsbeteiligungen fliesen
Derzeit sind in dem aus 40 Firmen bestehenden Portfolio ausschließlich Minderheitsbeteiligungen enthalten, mit Ausnahme der vor wenigen Tagen vereinbarten Mehrheitsbeteiligung an der Berliner Exozet-Gruppe. Mit dem Emissionserlös, der nach FINANCE-Schätzungen im mittleren zweistelligen Millionenbereich liegen dürfte, plant German Startups Investitionen in neue Targets – dann aber schwerpunktmäßig in Form von Mehrheitsbeteiligungen. Dadurch dürfte das Tranksaktionsvolumen der einzelnen Deals wachsen.
Was die Venture-Capital-Aktivität im Technologiebereich in Deutschland angeht, liegt German Startups 2014 laut CB Insights bereits auf dem zweiten Platz, hinter dem Spitzenreiter High-Tech Gruenderfonds. Durch den IPO möchte Christoph Gerlinger nun auch die Investitionssumme einzelner Targets erhöhen und damit zu den Branchenschwergewichten aufschließen.
Mit dem Werbetech-Anbieter Fyber und dem Online-Erotikshop Amorelie sind dem Unternehmen bereits zwei erfolgreiche Exits geglückt. Erst vor kurzem trennte man sich nach 15 Monaten mit einem Cash-on-Cash Multiple von 2,78x von der Amorielie-Beteiligung. Mit dem Investment in Fyber verdiente German Startups sogar ein Multiple von 2,83x, obwohl das Unternehmen nur ein halbes Jahr im Portfolio war. Für das Geschäftsjahr 2014 lag der Jahresüberschuss bei rund 1,4 Millionen Euro und damit deutlich über dem Vorjahreswert (176.000 Euro). Weitere Unternehmenszahlen sollen in Kürze im Börsenprospekt veröffentlicht werden.
Info
Das deutsche IPO-Jahr ist voll in Fahrt. Welche Unternehmen den Gang aufs Parkett bereits gewagt haben, sehen Sie in unserer Bildergalerie.