25 bis 30 Prozent aller deutschen Private-Debt-Transaktionen sind inzwischen über sogenannte 1st-out/2nd-out-Tranchen strukturiert, schätzt Eric Gallerne, der als Co-Head bei dem aus Frankreich stammenden Finanzinvestor Idinvest für das Private-Debt-Geschäft verantwortlich ist. Die Franzosen sind einer der größten europäischen Anbieter in diesem Markt, sie haben im vergangenen Jahr nach eigener Aussage rund 820 Millionen Euro in Private Debt investiert. Insgesamt rund 100 Millionen Euro seien in vier deutsche Transaktionen geflossen.
Die 1st-out/2nd-out-Tranchen sind eine Neuerung am Private-Debt-Markt. Sie kamen vor rund zwei Jahren auf, zunächst in London. Sie werden fast ausschließlich bei der Finanzierung von Private-Equity-Übernahmen eingesetzt und kombinieren in einer Tranche („Unitranche“) einen vorrangig besicherten, sicheren Teil (Super Senior: „1st-out“) und einen de facto nachrangigen (Senior: „2nd-out“).
Durch diese Struktur können Banken die günstige 1st-out- und risikobereitere Debt-Fonds die höher verzinste 2nd-out-Tranche übernehmen. Die gemischte Marge kann gegenüber einer herkömmlichen Unitranche-Finanzierung, also ohne Hinzunahme einer Bank, um rund 1 Prozentpunkt gesenkt werden – am hart umkämpften deutschen Finanzierungsmarkt ein nicht zu unterschätzender Vorteil.
Eric Gallerne warnt vor falschen Preisen
Eric Gallerne hält diese Strukturen für eine Gefahr für Investoren. Im Gespräch mit FINANCE fragt er provokativ, ob alle Investoren wüssten, in was sie da überhaupt investieren und wie die beiden Senior-Positionen zu interpretieren seien. Tatsächlich: Auf dem Papier agieren sowohl die Bank als auch der Debt-Fonds als „Senior“. Dies lässt erwarten, dass beide im Insolvenzfall vorrangig bedient würden.
„Den Debt-Fonds droht im Extremfall der Totalverlust."
„In den Kreditvereinbarungen ist aber geregelt, dass die 1st-out-Partie im Härtefall den Vorzug erhält, wodurch dem Debt-Fonds im Extremfall der Totalverlust droht“, warnt Gallerne. Derart hohe Risiken einzugehen, sei aber nicht das, was die großen institutionellen Anleger im Sinn hätten, wenn sie einem Debt-Fonds ihre Gelder anvertrauen.
Zudem zweifelt er an, ob sich die jetzt getroffenen Vereinbarungen als gerichtsfest erweisen, falls eine Konjunkturschwäche eine Reihe von Private-Debt-finanzierten Unternehmen in die Pleite treiben würde. „Es gibt bisher keinen Präzedenzfall, der garantiert, dass die Kreditvereinbarungen vor Gericht Bestand haben“, meint Gallerne.
Gallerne hält die Preise für verzerrt: „Das Risiko, das ein Debt-Fonds bei einer 2nd-out-Tranche eingeht, ist deutlich zu niedrig bepreist“, meint der Franzose. Der Preisverfall wird vor allem von dem immer härter werdenden Kampf um Investitionsmöglichkeiten getrieben: Im vergangenen Jahr haben in Deutschland 47 aktive Fonds zusammen nur 26 Transaktionen gemacht – eine halbe pro Haus.
„Es gibt bisher keinen Präzedenzfall, der garantiert, dass die Kreditvereinbarungen vor Gericht Bestand haben.“
Banken profitieren von 1st-out-Tranche doppelt
Für die Banken sieht die Lage in den von Gallerne kritisierten 1st-out/2nd-out-Partnerschaften hingegen besser aus. Sie werden im Insolvenzfall nicht nur vorrangig behandelt, sondern verhindern über diese Finanzierungsstruktur gleichzeitig, dass die Debt-Fonds ihre Marktanteile am deutschen Leveraged-Finance-Markt noch weiter ausbauen und die Banken aus dem Geschäft drängen. Laut Daten der Investmentbank GCA Altium schraubten die alternativen Kreditgeber ihren Marktanteil zuletzt auf 33 Prozent nach oben. Der Trend zur Allianzbildung hat das Zeug, diesen Anstieg zu stoppen.
In Frankreich gibt es die aus Großbritannien nach Deutschland geschwappten 1st-out/2nd-out-Strukturen laut Gallerne bisher nicht, da es auch ohne ginge – sogar in Deutschland. „Wir haben kürzlich erst einen Deal gemacht, bei dem wir das Unternehmen überzeugen konnten, dass es die 1st-out/2nd-out-Struktur nicht braucht“, berichtet Gallerne.
Bei dieser Transaktion hat Auctus Capital den Hotelbetreiber GS Star übernommen, Idinvest stellte die Finanzierung. Konkrete Eckdaten der Finanzierung nennt Gallerne nicht, nur so viel: „Der Leverage war vernünftig und das Pricing nicht weit entfernt vom Markttrend, aber doch ein wenig darüber.“ Wie bei Private-Debt-Investments häufig der Fall, hätten Banken sich diese Finanzierung nicht angesehen, da es GS Star noch an einer ausreichenden Kredithistorie fehle.