In vielen Branchen wandeln sich Geschäftsmodelle rasant, in immer mehr Unternehmen gehören Technologien und Daten zu den wertvollsten Assets. Das verändert auch die Herangehensweise an die Due Diligence.
Während klassische Felder wie die Financial Due Diligence weiterhin zum Standard gehören, kommen immer mehr spezialisierte Angebote hinzu. Mit ihnen sollen M&A-Verantwortliche herausfinden können, wie zukunftsfähig das M&A-Target ist und wie gut es auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet ist, werben die Due-Diligence-Berater.
Innovation Due Diligence: Welche Perspektive hat das Target?
Ein Hauptargument ist nicht von der Hand zu weisen: Gerade bei Unternehmen in technologiegetriebenen Branchen sind die Innovationszyklen kurz. Der Wert eines M&A-Targets hängt daher auch davon ab, wie stabil seine langfristigen Perspektiven sind. „Dafür muss man ein Gespür dafür bekommen, mit welchen Angeboten das Zielunternehmen über den üblichen Akquise-Horizont von drei bis fünf Jahren hinaus Geld verdienen könnte“, sagt Volker Lippitz von der Technologieberatung Invensity.
Er sieht bei einer Innovation Due Diligence enge Schnittstellen zur Commercial Due Diligence sowie zur Technical Due Diligence. Ein klassischer Teil der Prüfung ist für ihn der Blick auf bestehende Produkte – verbunden mit der Frage, ob diese problemlos weiterentwickelt werden können. „Wenn ein Produkt einen Sensor nutzt, will der Käufer diesen vielleicht in einigen Jahren durch eine verbesserte Version ersetzen. In manchen Produkten sind aber Sensoren und Platine untrennbar miteinander verbunden. Dann muss die gesamte Platine neu entwickelt und somit ausgetauscht werden“, sagt Lippitz.
In diesem Fall wäre selbst ein absehbarer und prinzipiell einfacher Austausch eines Sensors teurer, das Produkt also nicht ohne weiteres modernisierbar. Wer diese Folgeinvestitionen früh erkennt, kann sie bei den Kaufpreisverhandlungen entsprechend berücksichtigen.
Innovation Due Diligence sucht neue Anwendungen für Produkte
Noch führt die Innovation Due Diligence ein Nischendasein. Doch gerade bei Käufern, die langfristig in einem Unternehmen investiert bleiben wollen, hält Lippitz sie für wichtig. Er rät Kaufinteressenten, genau zu schauen, welche Technologien das Unternehmen beherrscht, und zu prüfen, ob diese einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil besitzen oder sich diese auf andere Anwendungen übertragen lassen.
„Ein Platinenhersteller beispielsweise weiß, wie man Substrate aufbringt, die unter anderem hitzebeständig sind und lange halten“, sagt Lippitz. In Patentdatenbanken lässt sich herausfinden, in welchen Anwendungsbereichen diese Funktionen bei vergleichbaren technologischen Rahmenbedingungen ebenfalls gefragt sind. „So lässt sich ein Gefühl dafür bekommen, ob die Wachstumsperspektiven, die das Unternehmen verspricht, auch realistisch sind“, erklärt Lippitz.
„Im Idealfall findet man im Rahmen der Due Diligence vielleicht sogar einen neuen Anwendungsbereich, auf den der Verkäufer noch gar nicht gekommen ist.“ Je nach Produktkomplexität und Anzahl der Geschäftsfelder veranschlagt er für eine ausführliche Innovation Due Diligence einen Zeitraum von etwa einem Monat.
Digital Due Diligence: Wie sieht das Geschäftsmodell von morgen aus?
Ebenfalls auf die künftige Aufstellung des Unternehmens zielt die Digital Due Diligence ab. Sie schaut, inwieweit das Geschäftsmodell des Unternehmens von der Digitalisierung betroffen und wie gut das M&A-Target darauf eingestellt ist.
Hierzu untersuchen die Prüfer, welche Risiken sich für das Geschäft aus veralteten Strukturen oder möglichen neuen Entwicklungen im Wettbewerb ergeben könnten und wie das Target gegensteuern möchte. Um den digitalen Reifegrad eines Unternehmens zu ermitteln, führen die Prüfer Gespräche mit dem Management und den Mitarbeitern, schauen aber auch auf die technologische Struktur und den Stand der Digitalisierung der internen Prozesse.
Dabei sind auch die digitalen Kompetenzen von Management und Mitarbeitern Teil der Prüfung: Wie sind die Kompetenzen verteilt? Sind die Mitarbeiter ausreichend geschult, um die Veränderungen mitzugestalten? Auch der Umgang mit relevanten Kennzahlen und Daten kann näher in den Fokus rücken, um etwa zu schauen, wie diese beispielsweise für Analysen in Vertrieb und Marketing genutzt werden.
Cybersecurity Due Diligence: Wie sicher sind die Daten?
Der Bestand an Daten, den ein Käufer mit übernimmt, ist nicht nur wertvoll, sondern oft auch risikobehaftet, schließlich kann ein Käufer nur mit rechtlich unbedenklichen Daten auch richtig arbeiten. Bereits vor drei Jahren hat eine Studie ergeben, dass viele M&A-Verantwortliche das Thema Cybersecurity in der Due Diligence für unterrepräsentiert halten.
Diese Nachfrage hat inzwischen auch zu speziellen Due-Diligence-Angeboten geführt. Zwar kann ein Käufer schwerlich den gesamten Datenbestand überprüfen, doch oft geben die Strukturen bereits Auskunft über den Umgang mit Daten: „Man sollte die Data-Supply-Chain näher betrachten“, rät Tim Oliver Brandi, Partner im Frankfurter Büro der Kanzlei Hogan Lovells, im Talk bei FINANCE-TV. Neben technischen Prozessen zum Datenmanagement gehört dazu der Blick auf rechtliche Rahmenbedingungen wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Unternehmens oder bestehende Nutzereinwilligungen.
Im Rahmen einer Cybersecurity Due Diligence machen Dienstleister sich im Auftrag des Käufers auch auf die Suche nach möglichen Sicherheitsvorfällen in der Vergangenheit. Dafür recherchieren sie beispielsweise im Darknet. Werden dort Datenbestände aus dem Umfeld des Unternehmens zum Kauf angeboten, ist dies ein deutlicher Hinweis darauf, dass es um die Datensicherheit nicht gut bestellt ist – und dass der Kaufinteressent möglicherweise von einem M&A-Deal Abstand nehmen sollte.
Info
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