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Hallhuber-Krise verändert M&A-Konstellation bei Gerry Weber

Bei den Rettungsbemühungen um Gerry Weber werden die Karten neu gemischt. Die Zuspitzung der Lage bei Hallhuber verändert auch die Investorenkonstellation.
picture alliance/Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa

Die Lage der Gerry-Weber-Tochter Hallhuber hat sich unerwartet zugespitzt. Wie der bereits insolvente Mutterkonzern gestern Nacht mitteilte, stellt kurzfristig ein namentlich nicht genannter Investor 10 Millionen Euro für eine Brückenfinanzierung bereit, um den laufenden Geschäftsbetrieb von Hallhuber sicherzustellen. Außerdem erwirbt der Investor für 1 Million Euro primär nachrangige Forderungen von Gerry-Weber-Gesellschaften gegenüber Hallhuber. Nach FINANCE-Informationen handelt es sich bei dem Geldgeber um Robus Capital. Das Investmenthaus wollte diese Information auf Anfrage von FINANCE weder bestätigen noch dementieren.

Hallhuber braucht Geld für neue Kollektion

Der High-Yield-Investor ist auf Turnaround-Situationen spezialisiert und auch schon im Modegeschäft aktiv. Robus engagierte sich bei der Auffanglösung für das Modelabel Laurel, und auch bei Beate Uhse stieg Robus vergangenes Jahr in einer prekären Unternehmenssituation ein. Bei Hallhuber ergab sich überraschend eine ähnlich heikle Situation. Wie FINANCE aus Transaktionskreisen erfahren hat, brach eine überraschend hohe Liquiditätslücke bei Hallhuber auf. Der Modefilialist benötigt kurzfristig frische Mittel, um die neue Kollektion anfertigen zu lassen.

Im Gegenzug für die überlebenswichtige Brückenfinanzierung für Hallhuber sicherte sich Robus die Option, Hallhuber „nach Erfüllung verschiedener Bedingungen“ übernehmen zu dürfen. Diese würden voraussichtlich im Mai 2019 vorliegen. Wenn Robus die Option zieht, kann sich Gerry Weber entscheiden, ob es entweder mit 14 Prozent an Hallhuber beteiligt bleibt oder ob es sich nur mit 12 Prozent rückbeteiligt und eine halbe Millionen Euro in Cash von Robus erhält. 

Was bedeutet ein Hallhuber-Verkauf für Gerry Weber?

Die nächste Verkaufssaison von Hallhuber dürfte dank der Finanzspritze vorerst gesichert sein. Trotzdem ist die Lösung für den Gerry-Weber-Konzern und auch für dessen Geldgeber problematisch – aus zwei Gründen.

Gerry Weber saniert sich derzeit in Eigenverwaltung. Grundlage dafür ist ein IDW-S6-Gutachten, das dessen grundsätzliche Sanierungsfähigkeit bestätigt. Hallhuber war ein wichtiger Pfeiler in den Restrukturierungsplänen von Gerry Weber. Außerdem bündeln Gerry Weber und Hallhuber ihre Kräfte beispielsweise im Einkauf. Fiele Hallhuber aus dem Konzernverbund heraus, könnten diese Synergien verloren gehen und sich die Ertragslage von Gerry Weber dadurch noch weiter verschlechtern.

Das Management von Gerry Weber und dessen Restrukturierungsberater haben aber offenbar noch bis Mai Zeit, eine Lösung für die vielen offenen Flanken des Modekonzerns zu finden. Für einen geordneten Investorenprozess sind Notverkäufe wie die auf den Weg gebrachte Hallhuber-Transaktion allerdings nicht hilfreich. 

Komplexe Gemengelage bei Gerry Weber

Zudem ist die Gemengelage bei Gerry Weber und Hallhuber komplex, wie Frank Günther, Managing Director von One Square Advisors, berichtet. Er vertritt einen Großteil der Schuldscheingläubiger und erklärt auf FINANCE-Anfrage: „Es gibt eine Vielzahl verschiedener Interessen, auch in den Reihen der Schuldscheingläubiger. Die unmittelbare Stabilisierung von Hallhuber durch die Brückenfinanzierung war angesichts der Bestellungen für die neue Kollektion unausweichlich und trägt zur Werterhaltung für die Schuldscheingläubiger bei. Wir sehen unsere Hauptaufgabe der nächsten Monate darin, parallel zu dem bereits angestoßenen Investorenprozess einen Insolvenzplan zu entwickeln, der die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten berücksichtigt und die Recovery der Schuldscheingläubiger maximiert.“

Günther befürchtet, dass dies „keine einfache Lösung“ wird: „Wir brauchen ein ‚Chinese Menu‘ mit verschiedenen Optionen für verschiedene Geschmäcker.“

Gerry Weber rutschte Ende Januar in die Insolvenz, weil man sich mit einigen Kreditgebern nicht über die weitere Finanzierung einigen konnte. Nach FINANCE-Informationen wurde die Insolvenz aber nicht von den Schuldscheingläubigern ausgelöst, die eine Amend-and-Extend-Lösung präferiert hatten, sondern von einer Gruppe von Banken, die dem Modekonzern Kontokorrentlinien stellten.

Info

Gerry Weber muss durch eine harte Sanierung. Wie es zu der Krise kam und was der aktuelle Stand ist, lesen Sie im Überblick auf unserer FINANCE-Themenseite zu Gerry Weber.