Die 3D-Druckbranche befindet sich erneut im Wachstumsboom. Die Deals in dem Segment häufen sich und bald schon könnte ein alter Bekannter aus dem Segment zu der M&A-Dynamik beitragen: Der Lübecker Hersteller von 3D-Metalldruckern SLM Solutions, einer der größeren Player am deutschen Markt, hat ein öffentliches Übernahmeangebot vom japanischen Technologiekonzern Nikon erhalten, wie die beiden Unternehmen nun bekanntgaben.
Nikon bietet 20 Euro je Aktie von SLM Solutions
Konkret bietet Nikon 20 Euro je Aktie, der Transaktionswert liegt damit bei rund 622 Millionen Euro. Die Japaner sind entsprechend bereit, eine Prämie von 83,7 Prozent gegenüber dem volumengewichteten Xetra-Durchschnittskurs der SLM-Solutions-Aktie der vergangenen drei Monate zu bezahlen – ein ungewöhnlich hoher Aufschlag. Finanziert werden soll die Transkation aus Barmitteln, betont Nikon.
Darüber hinaus will Nikon ein separates öffentliches Angebot für den Erwerb bestimmter von SLM Solutions emittierter Wandelschuldverschreibungen abgeben. Das Engagement von Nikon zusätzlich unterstreichen solle eine Kapitalerhöhung von SLM in Höhe von 10 Prozent, die die Japaner vollständig zeichnen wollen, betont SLM.
SLM Solutions will Wandelschuldverschreibungen tilgen
Der Tech-Konzern hat sich bereits 61,1 Prozent der Aktien von SLM gesichert. Geht der Deal durch, will Nikon ein Delisting von SLM Solutions prüfen. Finanzielle und rechtliche Beratung für den M&A-Deal holt sich Nikon von Morgan Stanley und Morrison & Foerster.
Dem Spezialisten für additive Metallfertigung, wie der 3D-Druck auch genannt wird, fließen aus der Kapitalerhöhung ein Bruttoemissionserlös in Höhe von rund 45,4 Millionen Euro zu. 29,8 Millionen Euro wolle SLM Solutions zur Finanzierung der teilweisen vorzeitigen Rückzahlung von Wandelschuldverschreibungen nutzen, die Mitte Oktober fällig werden, teilen die Lübecker mit.
Schon einmal scheiterte ein Deal mit SLM Solutions
Es ist nicht das erste Mal, dass die Lübecker für eine Übernahme umworben werden. Die US-Industrieikone General Electric (GE) hatte 2016 über ihre Tochter GE Aviation nach dem Tech-Konzern gegriffen, scheiterte jedoch an der Mindestannahmeschwelle. Lediglich 47,3 Prozent der Aktien wurden dem US-Riesen angedient, 75 Prozent hätte GE benötigt. Vor allem an dem Hedgefonds-Manager Paul Singer hatte sich GE die Zähne ausgebissen: Der Investor hält über seine Holding Elliott rund 20 Prozent an SLM Solutions und hatte seine Aktien nicht angedient.
Hier hat Nikon nun einen essentiellen Vorteil. Denn die Großaktionäre Elliott, ENA Investment Capital und der SLM-Gründer Hans-Joachim Ihde stehen diesmal voll hinter dem Deal. Ebenso unterstützen Aufsichtsrat und Vorstand die Übernahme. Die Mitglieder beider Gremien haben sich verpflichtet, ihre Anteile anzudienen.
Und auch der sonst gerne streitbare Paul Singer ließ über einen Sprecher mitteilen, dass Elliott sich freue „in den vergangenen sechs Jahren eine Schlüsselrolle in der Entwicklung von SLM gespielt zu haben“. Singer sei „zuversichtlich, dass Nikon mit seinen herausragenden Leistungen in der Fertigung und seiner umfassenden Erfahrung in der Technologie die Innovation und den Vertrieb der marktführenden Produkte von SLM vorantreiben wird.“
Dass die Zeichen für den Deal diesmal gut stehen, sehen auch die Aktionäre: Das SLM-Papier legte im frühen Handel um erstaunliche 74 Prozent auf knapp 20 Euro zu.
SLM Solution hat harte Zeiten hinter sich
Nach der gescheiterten Übernahme begannen für SLM Solution turbulente Zeiten, geprägt von einer Gewinnwarnung nach der anderen, diversen CFO-Wechseln und CEO-Abgängen binnen kurzer Zeit und rettende Finanzspritzen durch Elliott – all das belastete den Kurs des damaligen Börsenneulings stark. Diese dunkle Kapitel will SLM Solutions nun an der Seite von Nikon endgültig hinter sich lassen.
Der Deal ist für SLM Solutions durchaus attraktiv. Der japanische Riese verfolgt das Ziel, führender Anbieter für digitale Fertigungslösungen zu werden – und der 3D-Druck gilt heute als reif genug, um Einzug in die industrielle Serienfertigung zu halten.
Deswegen ist Nikon auch bereit, für den deutschen 3D-Druck-Spezialisten ein extrem hohes Umsatz-Multiple von 8,3x gemessen am Umsatz des Geschäftsjahres 2021 zu bezahlen. Und das, obwohl SLM noch immer schwer defizitär ist: Vergangenes Jahr schrieb der Konzern einen operativen Verlust (Ebitda) von 8,6 Millionen Euro. Zum Vergleich: Als GE 2016 für eine Übernahme anklopfte, standen noch ein Plus 8 Millionen Ebitda in den Büchern der Lübecker.
Melanie Ehmann ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen am M&A- und Private-Equity-Markt. Sie hat Politikwissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt studiert. Vor FINANCE arbeitete Melanie Ehmann sechs Jahre in der Redaktion des Platow Verlags, zunächst als Volontärin, später als Wirtschaftsjournalistin im Platow Brief und den Sonderpublikationen.
