Paul Singer verstärkt seinen Zugriff auf SLM Solutions: Der 3D-Druckerhersteller erhält von Singers Hedgefonds Elliott eine Kapitalerhöhung über 13 Millionen Euro. Das entspricht rund 10 Prozent des Grundkapitals des Lübecker Unternehmens.
Dadurch steigt die Elliott-Beteiligung an SLM zunächst auf 29,8 Prozent. Die Amerikaner wollen aber ein Fünftel der neu gezeichneten Aktien an ENA Investment Capital weiterreichen, einen verschwiegenen Hedgefonds, der „ereignisgetrieben“ investiert und von ehemaligen Investmentbankern geführt wird. Kopf ist der Ex-Morgan-Stanley-Banker George Kounelakis.
Elliott greift personell bei SLM ein
Der Eindruck, dass der Hedgefonds damit am SLM-Stammsitz Lübeck die Zügel in die Hand nimmt, wird noch verstärkt durch ein umfassendes Revirement in Management und Aufsichtsrat. Anfang Mai kommt mit Meddah Hadjar, einem langjährigern General-Electric-Manager, ein neuer Vorstandschef, der von Elliott explizit begrüßt wird. Er löst Uwe Bögershausen ab, der aktuell als CEO und CFO agiert und im November seinen Rückzug angekündigt hatte.
Einen noch größeren personellen Umbruch gibt es im Aufsichtsrat. In Abstimmung mit dem US-Hedgefonds wurden Michael Mertin, Magnus René und Thomas Schweppe als neue Aufsichtsratsmitglieder vorgeschlagen. Sie sollen die drei scheidenden Mitglieder Bernd Hackmann, Peter Grosch und Lars Becker ersetzen. Mertin war viele Jahre Vorstandschef von Jenoptik, René Chef des schwedischen 3D-Druckerproduzenten Arcam, der von General Electric (GE) übernommen wurde. Schweppe arbeitete früher für Goldman Sachs.
FINANCE-Köpfe
Unter den Aufsichtsräten, die sich zurückziehen, ist auch Lars Becker, der bis 2017 zu den führenden Köpfen der Beteiligungsgesellschaft DPE Deutsche Private Equity gehörte, die SLM Solutions vor fünf Jahren an die Börse brachte, inzwischen aber weniger als 5 Prozent der Anteile hält. DPE ist im Aufsichtsrat zwar immer noch mit Gründungspartner Volker Hichert vertreten, und auch das Aufsichtsratsmitglied Klaus Grimberg ist dem Umkreis des Mittelstandsinvestors zuzuordnen. Unter dem Strich wächst durch die Personalwechsel Elliotts Einfluss aber nicht nur im Aktionärskreis, sondern auch im Aufsichtsrat.
Finanzlage von SLM Solutions trübt sich ein
Dass Elliott so stark bei SLM Solutions eingreift, hat einen gewichtigen Grund: Das Geschäft des 3D-Druckerherstellers entwickelt sich schon seit Jahren schwach, doch das vergangene Jahr war für die Lübecker ein besonders tristes. Der Umsatz fiel um 13 Prozent auf 71,6 Millionen Euro, beim bereinigten operativen Gewinn (Ebitda) sackte der Maschinenbauer mit minus 7 Millionen Euro tief in die roten Zahlen.
Ursprünglich hatten die Lübecker für 2018 einen Umsatz von 125 Millionen Euro und eine zweistellige Ebitda-Marge erwartet. Mehrfach musste der scheidende Firmenchef Bögershausen die Geschäftsprognosen im Jahresverlauf jedoch revidieren. Für 2019 plant SLM mit einer Umsatzerholung auf 95 Millionen Euro. Dabei soll auch der operative Break-even gelingen. Auf lange Sicht hofft das Unternehmen sogar immer noch auf einen Umsatz von einer halben Milliarde Euro und Ebitda-Margen im Bereich von 20 Prozent.
Doch diese Visionen kontrastieren scharf mit der sich rapide verschlechternden Finanzlage: SLM Solutions erwirtschaftet deutlich negative Cashflows im zweistelligen Millionenbereich, und innerhalb des vergangenen Jahres explodierten die Nettofinanzschulden von 13 auf 45 Millionen Euro. Da 2019 mit weiteren Cash-Abflüssen zu rechnen ist, wirken die jetzt von Elliott einbezahlten 13 Millionen Euro eher wie eine Stabilisierung der Finanzlage als wie der Grundstein für eine neue Wachstumsphase.
Elliott spielte eine Rolle beim Absturz von SLM Solutions
Noch vor wenigen Jahren war weder abzusehen, wie schlecht sich die Geschäfte entwickeln, noch dass ein Hedgefonds wie Elliott einmal eine so prägende Rolle bei SLM Solutions spielen würde. 2014 ging das Unternehmen unter der Führung von Bögershausen an die Börse, nahm 75 Millionen Euro ein und stieg in den TecDax auf.
Im September 2016 unterbreitete GE ein Übernahmeangebot über 38 Euro pro Aktie oder fast 700 Millionen Euro. Das gebotene Ebitda-Multiple belief sich auf astronomische 82x. Elliott erwarb ein großes Aktienpaket an SLM und pokerte auf einen noch höheren Preis, doch GE ging nicht darauf ein und brach seinen Übernahmeversuch ab, um stattdessen einen anderen deutschen 3D-Druckerhersteller zu kaufen.
Mit GE verlor SLM nicht nur einen Übernahmeinteressenten, sondern auch noch den vielleicht wichtigsten Kunden. Auch andere Kunden waren verunsichert und wandten sich von SLM Solutions ab, und die Lübecker stürzten in die Krise.
SLM Solutions-Aktie auf Talfahrt
Elliott musste handeln
Der Aktienkurs spiegelt diese Achterbahnfahrt wider. Am heutigen Vormittag steigt die SLM-Aktie um fast 15 Prozent auf 7,60 Euro, während Elliott die neuen Aktien zu 7,23 Euro zeichnet. Die Commerzbank wertet die Geldspritze der Amerikaner und den Umbau des Aufsichtsrats als „klares Bekenntnis von Elliott“. Die Risiken für die Finanzen von SLM würden dadurch „klar gemindert“.
Die Kursperformance der vergangenen 15 Monate zeigt aber, wie groß der Handlungsdruck bei SLM geworden ist. In der vergangenen Woche hatte das Papier ein Rekordtief von 5,63 Euro markiert, während es zum Jahresanfang 2018 noch bei fast 50 Euro stand. Um eine Exit-Perspektive zu entwickeln, muss Elliott zuerst einmal den Absturz stoppen und Ruhe ins Unternehmen bringen.
Info
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Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.